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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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heilige Kette traf ihn hart an der Stirn, er taumelte und öffnete den Mund zum Schrei. Lambert ließ die Figur rasch ein zweites Mal auf ihn niedersausen. Aleander fiel in das Stroh des Zellenbodens. Lambert sah, dass Blut aus seiner Nase rann, eine hässliche Wunde klaffte auf seiner Stirn. Aleander stöhnte. Lambert wollte die Figur ein weiteres Mal hochreißen, doch Aleander schloss die Augen.
    Sein Angreifer machte sich nicht die Mühe, seinen Zustand weiter zu prüfen. Rasch lief er zu der Treppe, die zum Dach hinaufführte, kletterte empor und stieß die Falltür auf. Kalt umströmte ihn die Nachtluft; sie war getränkt mit dem brackigen Geruch des Flusses. Er stemmte sich nach oben und sah einen weißen Punkt über die Mauerzinnen tanzen. Lambert tastete nach der Seidenschnur. Verflucht, er hatte sie im Turm vergessen! Hastig lief er noch einmal nach unten.
    Der Zwerg registrierte die Bewegungen auf dem Dach genau. Rasch wickelte er die Taurolle ab, wand eine feste Schlinge und warf sie über einen der Landungspoller, dann zog er einige Längen Tau bis zum Wassergraben, prüfte, ob noch genug Leine blieb, um bis zum Turm hinaufzureichen. Ja, sie hatten richtig gerechnet. Er hielt sich bereit, wieder in die eisige Brühe zu steigen. Das Tauende fest in der Hand, schielte er nach oben zu seinem Äffchen. Lambert brauchte nur seine Seidenschnur am Schweif des Tieres zu verknoten. Der Affe würde sie hinab bringen. Der Zwerg würde mit einem weiteren Knoten Schnur und Tau verbinden, Lambert musste das rettende Seil nur nach oben ziehen und so um eine Zinne legen, dass sich das Seil straff über den Graben spannte. Eine Hangelpartie würde seine Flucht beenden.
    Der Zwerg merkte auf. Ein huschender Schatten tauchte auf dem Dach auf und wieder ab. Verflucht! Der Mann musste sich beeilen. Nervös wandte der Zwerg den Kopf nach allen Seiten. Hinter ihm schwappte mit saugendem Geräusch die Themse gegen den steinernen Kai. Die Flut hatte eingesetzt. Die Bootsleute würden es bei der endgültigen Flucht immer schwerer haben, gegen das vom Meer eindringende Wasser anzurudern. Wo blieben sie überhaupt? Er vernahm leisen Ruderschlag und drehte sich um. Endlich!
    Nur – wo blieb jetzt der vermaledeite Kaufmannssohn?
    Lambert huschte auf leisen Sohlen zurück zur Altarnische, suchte im Stroh nach der seidenen Schnur. Verflucht, wo war sie hingeraten? Er zerwühlte die Halme, tastete die Steinplatten mit den Händen ab, bemerkte nicht, wie sich Aleander von hinten an ihn heranpirschte.
    Der graue Mann umfasste die Seidenschnur, in jeder Hand ein Ende. Er straffte sie hart, trat mit dem rechten Fuß kraftvoll in den Rücken seines Gegners und schlang von hinten mit einer blitzartigen Bewegung die Schnur um dessen Hals. Sodann kreuzte er die Enden und zog zu.
    Dem Kaufmannssohn schwanden die Sinne, als sich die Seide scharf in seine Kehle schnitt.
    Auf der Werft schüttelte Lunetta die Hand ihres Vaters ab. »Bitte! Bitte, lass mich«, flüsterte sie verzweifelt. »Ich muss warten, bis er wieder auf dem Dach erscheint.«
    »Es bleibt keine Zeit mehr«, zischte Chapuys ärgerlich. »Wollt Ihr alles verderben? Ein einziger Soldat, und wir sind entdeckt! Überlasst den Rest dem Zwerg. Er ist mein treuester Diener.«
    Sein Narr nickte. »Ich werde ausharren bis zur Morgendämmerung, vertraut mir. Eine Winzigkeit wie mich entdeckt niemand so leicht.«
    »Nein«, wehrte sich Lunetta. »Er hat meinen Vater gerettet. Ich kann ihn jetzt nicht verlassen. Ich kann nicht!«
    » Condessa , Ihr müsst«, sagte Chapuys und gab den Bootsleuten ein Zeichen. Einer riss eine Rossdecke unter der Sitzbank hervor, erklomm den Kai. Von hinten warf er die Decke über sie. Vergeblich wehrte sich das Mädchen gegen die eiserne Umklammerung des Schiffsknechts.
    Der Graf warf Chapuys einen verzweifelten Blick zu, wollte seiner Tochter helfen. Don Eustace schüttelte energisch den Kopf. » No, conde! Ihr müsst mir ein weiteres Mal vertrauen. Mir und Gottes Ratsschluss.«

14.
    Nebelschleier hingen in den Tauen der Galeone, webten ein Netz aus Dunst in die Wanten. Das Geräusch umhereilender Füße belebte das Deck. Die üblichen Befehle und Schreie, die das baldige Ablegen eines Großschiffs begleiteten, umhallten die Passagiere, dazu das Kreischen der Möwen. In Lunettas Ohren klang es wie höhnisches Gelächter, schadenfroh, teuflisch. Ihr Vater stand schweigend neben ihr bei der Reling. Die letzten Warenballen waren verladen, die Zollschreiber

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