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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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der Graf gereizt, »habt Ihr überhaupt Nachforschungen angestellt?«
    »Habt Ihr je von Elias dem Propheten des kommenden Lichts gehört?«
    »Die Bibel ist nicht meine gewöhnliche Bettlektüre«, erwiderte der Graf ungeduldig.
    Chapuys öffnete die Augen und lächelte fein. »Das freut mich, denn sie gehört allein in die Hände geweihter Priester. Ich spreche von keinem biblischen Propheten, sondern von einem Mann, der in London einen bemerkenswerten Aufstieg …«
    Ein krachendes Geräusch unterbrach ihn. Holz splitterte, die Tür zu der Kammer brach aus dem Rahmen. Chapuys’ Leibwächter kämpfte mit zierlichem Degen ein mehr symbolisches Rückzugsgefecht.
    Fünf Soldaten aus der Leibgarde des Königs drangen mit schweren Hellebarden auf ihn ein. Es waren baumlange Männer in bunten, fantastisch geschlitzten Uniformen nach moderner deutscher Landsknechtart. Sie drängten ihren Widersacher mühelos in eine Ecke, wo er sich mit vollendet theatralischem Kniefall ergab.
    Der Ritter von Löwenstein riss seinen Schleppdegen aus der Scheide und wollte auf die Männer einstürmen.
    Chapuys schlüpfte hinter seinem Schreibtisch hervor und riss ihn mit erstaunlicher Kraft zurück. » Maldito. Tut das nicht«, zischte er und sah dem Grafen beschwörend in die Augen. »Ein direkter Angriff auf die Leibgarde des Königs wird wie ein Angriff auf Heinrich selbst geahndet, und darauf steht der Tod. Lasst mich das erledigen und schweigt, ganz gleich, was ich tue.«
    Zornbebend ließ der Ritter das Schwert sinken.
    »Welch eine umständliche Art, eine Tür zu öffnen. Wisst Ihr nicht, was sich gegenüber einem kaiserlichen Diplomaten ziemt?«, wandte sich Chapuys mit bewundernswertem Gleichmut und in akzentfreiem Englisch an die Hellebardenträger.
    Ihr Anführer trat vor. »Wir sind gekommen, um einen Hochverräter zu verhaften.«
    »Sire!«
    »Wie?«
    »Ihr habt den Sire vergessen, wir Spanier legen Wert auf das Hofprotokoll. Also noch einmal, weshalb seid Ihr hier?«
    »Wir sind gekommen, um einen Hochverräter zu verhaften, Sire!«
    »Besser«, lobte Chapuys. Dann streckte er seine magere Brust vor, auf der in goldenen Fäden der kaiserliche Doppeladler prangte, und sog wie in äußerster Empörung Luft ein. »Aber ich und mein Kaiser sind seit Jahren aufrichtige und treue Freunde Eures Königs«, donnerte er.
    »Sire, wir meinen nicht Euch, sondern ihn.« Der Gardist wies auf den Grafen.
    »Oh«, sagte Chapuys mit vollkommener Ruhe und strich sich den Spitzbart. »Und wer schickt Euch?«
    »Wir kommen im Auftrag des ersten königlichen Ministers, Master Thomas Cromwell, Sire.«
    »Cromwell, hm! Und wie lautet die Anklage?«
    »In den Satteltaschen des Grafen fanden sich Pläne für eine Entführung der verstorbenen Katharina und Briefe, in denen er unsere Königin Anne als Hexe und Hure bezeichnet.«
    »Diese Schriftstücke stammen nicht von mir«, warf Löwenstein ein.
    Chapuys überging den Einwurf. »Anne Boleyn eine Hexe? Welch eine abscheuliche Beleidigung«, bemerkte der Botschafter und machte den Weg frei. »Nehmt den Kerl sofort fest! Und sagt Master Cromwell, dass ich im Namen unserer katholischen Majestät des Kaisers seinen gesamten Besitz beschlagnahme, um ihn gründlich auf Beweise zu untersuchen.«
    Er schlenderte gelassen hinter seinen Schreibtisch und öffnete eine geschnitzte Truhe, entnahm ihr eine Goldmünze und warf sie dem Gardeführer zu. »Für deine Mühe.« Der Soldat fing das Geldstück noch aus der Luft. Die Gardisten packten Adrian von Löwenstein.
    »So also sichert Ihr Euch mein Vermögen! Verräter«, stieß der Ritter in hartem Kastilisch hervor.
    »En contrario« , zischte Chapuys kaum hörbar zurück. »Ich riskiere gerade mein Leben, um dich zu retten, du Narr aller Aufrechten!«

2.
    K ÖLN , 10. J ANUAR 1536
    Gähnend lupfte Tringin das Tuch, griff sich den riesigen Batzen Brotteig und schlug ihn zum dritten Mal ab. Sie walkte, knetete und schüttelte dabei den Kopf, um wachzubleiben. Früh um vier war sie aufgestanden, hatte das Feuer im Backofen entfacht und aus Reisig, Buchenscheiten und Asche eine Glut gezüchtet, die seine Wände gleichmäßig durchglühen würde. Jetzt herrschte trockene Hitze im Backhaus, und der anheimelnde Geruch nach gesäuertem Teig, Kümmel, Fenchel und Anis machte es schwer, die Augen offen zu halten.
    Außerdem hätte sie die Reste vom heißen Burgunder besser nicht getrunken. Hui, das sauste und brauste im Kopf, aber schön war’s gewesen.
    Endlich war

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