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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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ÜNFTER T EIL
    A UFERSTEHUNG
    D IE N ACHT IST VORBEI .
    D IE F INSTERNIS BEGRENZT.
    D IE S CHATTEN DES T ODES HABEN IHRE M ACHT VERLOREN .
    Die Bibel
     

1.
    K ÖLN , 18. J ANUAR 1536, ABENDS
»Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen,
Unsre Glock’ hat zehn geschlagen!
Zehn Gebote setzt Gott ein;
Gib, dass wir gehorsam sein!«
    Nur mühsam unterdrückte der Schmied sein Keuchen. Fest kniff er den Mund zusammen und duckte sich tief in die offene Kellerluke, in die er hineingesprungen war, als der Nachtwächter nahte. Angespannt wartete er, bis der Lichtschein der Laterne über ihn hinweggeglitten und der Gesang des Büttels zwischen den Häuserwänden verhallt war. Japsend schnappte er nach Luft, wartete, bis die Glocke das nächste Stundenviertel anschlug. Dann streifte er zitternd den schwarzroten Seidenmantel ab, der ihm als Verkleidung gedient hatte.
    Er tastete nach dem Dolch, mit dem er sich selbst richten sollte. Catlyn hatte ihm diese Waffe gestern zugesteckt, nachdem sie sich damit ihre Verletzung zugefügt hatte.
    Der Schmied befühlte die Klinge mit dem schillernden Wellenschliff. Es hieß, dass solch eine Sarazenerklinge ein Seidentuch in der Luft zerteilen könne. Er setzte sie an seine Kehle und schloss die Augen. Nur ein rascher, entschlossener Schnitt, und er wäre erlöst, würde eingehen in das Reich des Lichts.
    Seine Hand zitterte, als er das Anschwellen seiner Halsgeschwüre verspürte, die ewigen Mahnmale der verfluchten Lust. Er umfasste den Dolch fester und wollte sich Gott empfehlen.
    »Herr, empfange mich im ewigen Glanz«, murmelte er, doch da blitzte das Bild der am Boden liegenden Lunetta wieder in ihm auf. Schuld, so schwarz wie der Höllenschlund, drohte ihn zu überwältigen und herabzuziehen.
    Du hast die Erwählte des Meisters getötet. Ewige Verdammnis und Finsternis sind dein Los.
    Nein, schrie es in ihm, nein, daran waren allein Catlyn und ihr Plan schuld! Alle Weiber bestanden aus nichts anderem als Schmutz, Sünde und Ansteckung. Sie hatte ihn zu diesem unsinnigen Wagnis verführt. In ihr wohnte Satan. Nicht in ihm.
    Wenn er doch nur seinem Hammer vertraut hätte, seinem geweihten Hammer statt dieser vermaledeiten Armbrust. Wie einfach und befreiend, wie schlicht und schön es gewesen wäre, sich bei Nacht lautlos an Lambert heranzuschleichen, auszuholen und mit voller Wucht seinen Schädel zu spalten, dass er wie eine Baumnuss zerknackte und das Blut pulsierend aufspritzte. Es konnte immer noch geschehen!
    Der Master würde alles verstehen. Er musste, hatte er doch nie einen treueren Jünger gehabt. Und was zählte schon ein totes Mädchen! Die Frauen liefen dem Propheten in Scharen zu.
    Der Schmied richtete sich auf, wischte sich Ruß und Färberröte aus dem Gesicht, mit dem es geschminkt war, und stemmte sich mit seinen kräftigen Armen aus der Kellerluke. Vorsichtig blickte er sich um.
    Die zierlichen Glocken, die an Tragbalken vor den Häusern angebracht waren, klingelten zart und glänzten im Mondlicht. Sie warben für das Handwerk, das hier betrieben wurde, und gaben der Gasse ihren Namen: Klockergass. Die Glockengießer waren nicht ganz so vornehm wie van Berck, aber auch ihr Gewerbe brachte Wohlstand.
    Angewidert betrachtete er die mit schmiedeeisernen Beschlägen versehenen und reich bemalten Fensterläden. Dahinter wohnen die zu ewiger Finsternis Verdammten, dachte er grimmig. Herrje, vor einigen Gießereien brannten sogar Hängelaternen. Die Nacht zum Tage machen, das passte zu den reichen Prahlhänsen. Sein Vermögen an die Beleuchtung einer Straße zu verschwenden! Immer verdorbener wurde die Welt in ihrer Gier nach Geld und gottloser Prachtentfaltung.
    Mit schlürfendem Geräusch zog er Rotz hoch und spuckte unter einer der Laternen aus. Dann tastete er sich weiter an den Hauswänden entlang, übersprang offene Kellerlöcher, bahnte sich einen Weg zwischen Abfallhaufen, überfrierenden Tümpeln und Eispfützen.
    Das gedämpfte Lärmen später Zecher wies ihm den Weg zum Hurenhaus auf dem Berlich, wo Master Elias abgestiegen war, um zu missionieren. Vielleicht, so dachte der Schmied, könnte er im Hurenhaus sogar ein Ritual der vorläufigen Reinigung vollziehen, das Fieber in einem Weib von sich abstreifen. Jede Dirne war weniger verkommen als Catlyn.
    Schmeichelnd mischte sich die Stimme des Meisters in seine Gedanken: »Lebe das Laster, bis es dich nicht mehr lockt und quält. Der Leib ist das Grab der Seele. Er muss überwunden werden. Nur die gereinigte Seele

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