Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
hatte. »So, nun noch mein Ringkampf mit Satan, und der Spuk ist vorbei. Dann bist du von mir erlöst.«
Lunetta senkte den Blick.
»Was ist dir? Schau nicht so bestürzt«, raunte Lambert. Seinem Spott war abwehrender Tadel beigemischt. »Meine Geschäfte in Köln sind erledigt, die Waffenlieferungen auf dem Weg nach England, so wie auch ich schon bald. Du wirst mich weder länger ertragen noch beschützen müssen.«
Amor sprang auf die Füße, seine Flügel wippten, er stieß sie mit den Ellbogen ärgerlich nach hinten und trat nah an sie heran. »Nun? Willst du mir nicht wenigstens Lebewohl sagen? Nur ein Abschiedsgruß unter Freunden.«
»Ich glaube nicht, dass du Wert darauf legst«, murmelte Lunetta abweisend.
»Auch wenn ich es einmal bereuen werde, kleine Gräfin: Ich lege mehr Wert auf deine gute Meinung, als mir lieb ist.«
Lunetta blickte ihm ungläubig ins Gesicht. Um sie herum veranstalteten die Dämonen ihr Höllenspektakel. Bocksfüßige spielten auf Instrumenten, die aus Knochen geschnitzt waren, schlugen Hundegerippe wie Lauten und stießen schaurige, dissonante Schreie aus.
»Ich dachte, du verabscheust mich und hasst alle Frauen«, brachte Lunetta leise hervor.
Amor schüttelte widerwillig den Kopf. »Ich hasse dich nicht. Nicht einen Herzschlag lang habe ich dich gehasst.« Einer Eingebung folgend, beugte er sich zu ihr hinab. »Es scheint, dass du tatsächlich über Hexenkünste verfügst.«
Dicht war sein Gesicht nun an dem ihren. Lunetta bewegte den Kopf ganz sacht. Seine eisblauen Augen fingen die ihren ein, mühelos wie an jenem Morgen, als er sie vor Tändeleien mit dem Heiligsten gewarnt hatte. »Du hast dir bewahrt, was ich lange verloren habe, kleine Gräfin: ein rebellisches Herz.«
Sie sahen einander an. Lunetta bemerkte, wie nackt sein Gesicht für einen Augenblick war. Sie legte zaghaft die Hand an seine Wange. Eine Berührung, die so zart war, dass Lambert entsetzt zurückschrak. »Nicht, Lunetta … Verschwende kein Mitgefühl an mich.«
»Ich … ich habe kein Mitgefühl mit dir«, sagte Lunetta. Allen Mut zusammennehmend, legte sie die Hand in seinen Nacken, zog ihn zu sich heran und fand seinen Mund. Die Armbrust entglitt Amor und polterte auf die Bühnenbretter. Er riss Psyche an sich und erwiderte ihren scheuen Kuss voll wütender Leidenschaft.
Vor der Bühne seufzten einige Damen. »Wie wundervoll. Der Triumph der Liebe inmitten der Hölle!«, riefen sie sich über die Köpfe und den Lärm der Dämonen hinweg zu. Auf der Tribüne legte Claas van Berck befriedigt die Hände über seinen Bauch. Was für ein Teufelskerl von einem Verführer Lambert doch war! Und endlich ein gehorsamer Sohn. Herrlich, einfach herrlich.
Gabriel sprang auf die Füße. » Madre de Dios! Was fällt diesem Nichtsnutz ein!«
»Beruhige dich. Es ist doch nur Theater«, flüsterte Sidonia. »Da vorn kommt der Teufel!«
»Warum willst du Catlyn heiraten, wenn du sie nicht liebst?«, stieß Lunetta hervor, als Lambert sich so plötzlich von ihr löste, wie er sie zuvor umfangen hatte.
»Das will ich nicht«, zischte Amor und nahm mit eleganter Verneigung die Beifallsbekundungen der Damen entgegen. »Und jetzt verbeuge dich, sonst kommen die Zuschauer auf so dumme Gedanken wie mein Vater.«
Lunetta kämpfte mit den Tränen. Ein einziger Kuss hatte sie mit beiden Seiten der Liebe zugleich vertraut gemacht: bedingungslose Sehnsucht und verzehrender Schmerz.
Amor trat vom Bühnenrand zurück und beobachtete das nachlassende Gewimmel der Dämonen im Publikum. »Wo bleibt nur der Teufel, wenn man ihn braucht?«
Psyche fasste ihn flehend beim Arm. »Heirate Catlyn nicht!«
»Ist das ein Befehl oder ein Angebot, Gräfin von Löwenstein?«, scherzte Lambert und verneigte sich wieder zum Publikum hin.
»Du weißt es! Du hast mich eben geküsst.«
Die Miene des Kaufmannssohnes verschloss sich, er legte Lunetta die Hand auf den Rücken und zwang sie zu einer Verbeugung. »Ein Kuss bedeutet nichts im Karneval. Schon gar nicht von mir«, flüsterte er.
»Du lügst!« Lunetta schnellte hoch und ballte ihre Rechte zur Faust, schloss ihren ganzen Zorn darin ein.
Keiner von beiden beachtete den Teufel, der auf die Bühne kletterte. Er stahl sich an die Streitenden heran, griff sich unter dem Jauchzen der Menge Amors Armbrust und schlich sich an den linken Bühnenrand. Johlen und Feixen übertönte das Schrappen von Metall, das beim Öffnen der Schlossklappe entstand.
»Wie kannst du so abscheulich
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