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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Mauern inzwischen über neunzig Wohnhäuschen, dazu Schreibzimmer, einen Festsaal, Speicherräume und das in Londons besten Kreisen beliebte rheinische Weinhaus, in dem nur edelste Tropfen verzapft wurden, um Werbung für die deutsche Ware zu machen.
    Die beiden Männer erreichten über eine Stiege eine Hintertür, die nur den Hanseaten zugänglich war. Es ging bereits lebhaft zu in der hallengroßen Wirtsstube. Sie war mit Bretterwänden in Nischen unterteilt, damit Kaufleute sich zu diskreteren Verhandlungen um einen Tisch setzen konnten. Die Tatsache, dass man sich so den Blicken anderer Zecher entziehen konnte, reizte auch Londons bessere Dirnen, das Weinhaus für Vertragsverhandlungen zu nutzen.
    Gernot erkannte eine von ihnen in der ersten Tischnische beim Hintereingang und zog Lambert zu einer anderen.
    »Hier«, sagte er und drückte den Rüstungshändler auf eine Bank, winkte nach einem Schankknecht und nahm zwei Becher Wein von dessen Tragbrett.
    Lambert nahm sich keine Zeit zum Trinken. »Hör zu, Gernot, ich brauche Geld und Passierscheine für Italien, Frankreich oder Spanien. Gleichgültig wohin, ich muss nur so rasch und so weit wie möglich fort von hier.«
    Der Sekretär verschluckte sich an seinem Wein und hustete. Nach Luft ringend, fragte er: »Welcher Teufel reitet dich denn? Weshalb bettelt der Sohn des mächtigen van Berck um Geld?«
    »Ich bettle nicht. Die Ware, die bald eintrifft, ist ein Vielfaches von dem wert, was ich brauche. Ich werde dir eine Urkunde ausstellen, die dich berechtigt, das geliehene Geld von der Summe abzuziehen, die noch dafür zu zahlen ist«, stieß Lambert zornig hervor. »Ich will lediglich genug für eine anständige Rüstung und ein Schlachtross.«
    Gernot wunderte sich immer mehr. »Dein Vater hat die besten Rüstungen, die nur zu haben sind, und reichlich Geld!«
    »Ich kann nicht nach Köln zurück und will auch nicht warten, bis unsere Lieferung in London eintrifft.«
    »Was ist los, Lambert? Was …«
    »Frag nicht«, schnitt der Kaufmannssohn ihm das Wort ab.
    »Wenn ich dir Geld und Passierscheine besorgen soll, dann sag mir wenigstens, was du damit vorhast. Das Kontor darf nicht in dunkle Geschäfte verstrickt werden.«
    »Es hat nichts mit dem Kontor zu tun. Ich will nur in den Heeresdienst eintreten. Ganz gleich wo.«
    »Du ein Söldner? Das ist doch Unsinn! Wieso sollte ein reicher Sohn wie du sich als Landsknecht verdingen? Das ist was für Habenichtse und verarmte Ritter. Es stirbt sich schnell im Feld.«
    Lambert griff nach seinem Becher und stürzte ihn in einem Zug hinab, wischte sich entschlossen den Mund.
    »Umso besser. Ich suche einen raschen, halbwegs ehrenvollen Tod, mein Freund. Was ich fürchte, ist das Leben. Mehr musst du nicht wissen.«
    »Du machst mir Angst, Lambert«, sagte Gernot und rutschte von ihm ab.
    »Wirst du mir helfen?«
    »Gib mir Zeit, darüber nachzudenken«, antwortete der Sekretär im nüchternen Ton des Geschäftsmannes.
    »Überlege nicht zu lange. Denk daran, dass Barmherzigkeit die Pflicht aller Christen ist«, sagte Lambert und erhob sich von der Bank. »Das gilt auch für uns Lutheraner«, fügte er zischend hinzu. »Bruder!«
    Gernot erbleichte.

2.
    L ONDON , 28. J ANUAR 1536
    Munter trappelten vier Maultiere durch den aufgeweichten Schlamm am südlichen Themseufer. Drei von ihnen trugen Reiter, das vierte schwankte unter einem Lastsattel, an dem zwei Reisekisten festgezurrt waren. Bei Gravesend, einem meernahen Hafen in der Flussmündung, waren Aleander, Lunetta und der Schmied von Bord der Galeone gegangen und hatten die Tiere gemietet.
    Drei Tage dauerte ihr Ritt bereits. Der Narrenmonat Februar kündigte sich an und trieb seinen Spott mit dem Wetter. Seine Vorboten waren heftige Hagelschauer gewesen, die die ersten Samenbeete der Gemüsebauern zerschlagen hatten. Nun schmolz Sonne letzte Schneeinseln, ließ die Eisnasen an Dachtraufen und kahlen Bäumen tauen, sodass in allen Zweigen funkelnde Tropfen hingen.
    Am gegenüberliegenden Ufer lag im feuchten Glanz des Morgens die City of London-verheißungsvoll, aber träge wie eine erschöpfte Kurtisane am Vormittag.
    Lunetta ritt zwischen Aleander und dem grimmig schweigenden Schmied. Ihr schwarzes Haar war unter einer Pelzkappe zum Zopf geflochten, die dunkle Reittracht einer Kaufmannsfrau reichte bis zu ihren Schenkeln herab. Ihr schmales Gesicht war vom Wind gerötet, die Wintersonne ließ ihre nussfarbenen Augen wie Bernstein schimmern.
    Sie war erleichtert,

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