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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Glück hatte, fand eine Fußgängernische in der Brückenmauer. Die letzten Gaffer, die Aleander, den Schmied und Lunetta noch umringten, stoben auseinander.
    »Weg hier«, schrie Aleander und griff in die Zügel von Lunettas Maultier. Der Schmied sprang von seinem Esel, eilte Aleander zu Hilfe. Doch Lunettas Tier besann sich mit einem Mal auf seinen wahren Charakter. Störrisch verharrte es in der Mitte der schmalen Brückengasse.
    Schon tauchte der spanische Trupp ins Dunkel des Torganges ein, gleich würden die Pferde vor ihr auftauchen, sie niederreiten. Aleander ließ die Zügel ihres Esels fahren. »Reiß sie vom Sattel«, schrie er dem Schmied zu, während er sich bei der Brückenmauer in Sicherheit brachte.
    Lunetta fühlte, wie sich die kraftvollen Arme des Schmieds um ihre Mitte schlangen. Sie wand sich in der eisernen Umarmung. Dröhnend näherte sich der Hufschlag der gewaltigen Streitrösser. Der Schmied riss sie aus dem Sattel und ließ sie mit einem Aufschrei los, fiel nieder und rollte jaulend zur Seite.
    Lunetta schlug hart auf das steinerne Pflaster auf. Sie sah Blut, helles Blut. Es schoss als pulsierende Fontäne aus dem Hals des Schmieds hervor, ein Messer ragte aus der Wunde – ein Messer gleich dem auf Catlyns Kissen. Sie kannte das Wappen. Ihr schwindelte.
    Jemand riss Lunetta in die Höhe. Bevor wirbelnde Schwärze sie verschlang, kreuzte sich ihr Blick mit dem des jungen Scholaren. Er hielt sie bei den Armen.
    »Lunetta! Komm mit mir!«
    Für die Dauer eines Wimpernschlags tauchte das Mädchen in das kühle, rettende Blau seiner Augen ein.
    »Nein! Ich kann nicht, lass mich«, stöhnte sie verzweifelt. Brustharnische blitzten um sie herum auf. Dann schwanden alle Farben und Geräusche bis auf das von davonjagenden Hufen.

3.
    H AMPTON C OURT PALACE, UM DIESELBE S TUNDE
    Cromwell runzelte die Stirn, als müsse er seine zerstreuten Gedanken wie eine Schafherde zusammentreiben. »Löwenstein?« Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne keinen Mann mit diesem Namen.«
    Chapuys gab verärgert auf. Weitere Nachfragen würden den Minister nur noch mehr von der Wichtigkeit des Gefangenen überzeugen.
    Die beiden Männer standen seit sechs Uhr früh beim Kamin des Empfangssaales von Hampton Court. Matt stahl sich nun endlich das Sonnenlicht durch die Oberfenster des Saales und fing sich im Blattgold der Kassettendecke. In dem äußersten Gemach von Heinrichs endloser Zimmerflucht, die im ersten Stockwerk lag, mischten sich mehr und mehr tuschelnde Hofbeamte und ihre Frauen mit ausländischen Diplomaten, Ministern und reichen Bittstellern.
    Kostbar aufgeputzt waren bald über hundert Menschen versammelt. Alle bemühten sich, elegante Zwanglosigkeit und Müßiggang zu demonstrieren, auch wenn Musik, Würfelspiel und andere Ablenkungen hier nicht gestattet waren. Seit Stunden – wie an jedem Tag – wartete man auf das mögliche Erscheinen des Königs. Es war eine Ehre, überhaupt warten zu dürfen.
    Geräusche aus dem benachbarten Bankettsaal verrieten, dass dort Tafeln aufgebockt und Bänke herangerückt wurden, damit um zehn Uhr die ersten zweihundert Hofbeamten, Gardisten und weniger bedeutenden Gäste dort ihr kostenloses Mittagsmahl einnehmen konnten.
    Chapuys löste sich vom Kamin, um sich auf den Weg zum Saal zu machen, doch Cromwell legte ihm die Hand auf den samtenen Arm seines Wamses, eine Geste der Auszeichnung vor den versammelten Höflingen. Köpfe drehten sich zu Chapuys. Der Spanier hatte die Gunst von Heinrichs erstem Sekretär gewonnen. Was konnte das heißen?
    Cromwell hatte eine noch größere Ehre anzubieten.
    »Wartet, Chapuys, Ihr müsst heute nicht vom Hammelbraten der gewöhnlichen Höflinge speisen. Ich habe Euren Namen auf die Bouche of court -Liste der Lords und Nobelmänner setzen lassen. Ihr habt das Mundrecht für den Staatsdienersaal.«
    Dankbar neigte Chapuys das Haupt. Auch wenn der König selbst dort nie sein Mahl einnahm, bedeutete es doch, dass man ihm wesentliche Schritte näher kam und hoffen durfte, von ihm wahrgenommen zu werden, wenn er sich beispielsweise auf den Weg zur Hofkapelle begeben oder am Nachmittag Laune auf ein Würfelspiel verspüren würde.
    Cromwell legte also nach wie vor Wert auf eine spanisch-englische Allianz. Eine weitere Stunde verstrich, bis die Soldaten von Heinrichs Leibgarde die Hellebarden aufrichteten, mit denen sie bislang die Tür zum nächsten Zimmer der Königsgemächer verschränkt hatten.
    Ein Saaldiener des Hofmeisters postierte

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