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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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verharrte auf der Schwelle. »Warum tötest du mich nicht einfach, dann ist der Reichtum der Löwensteins dir endlich sicher und die Rache an all deinen Feinden vollendet!«
    Erfrischt vom Duft des Pomanders und der Salzluft, drehte Aleander sich zu ihr um.
    »Du vergisst deinen Vater!«
    »Gewiss hast du auch für ihn einen Plan ersonnen, der ihn ins Verderben stürzt.«
    »Du verkennst mich noch immer, Lunetta. Die Bibel lehrt uns, unsere Feinde zu lieben. Und genau das wirst auch du von mir lernen.«
    »Es kann nicht Gottes Wille sein, den Mörder der eigenen Mutter zu lieben«, spie das Mädchen aus.
    Aleander drehte sich langsam zu ihr um. »Du weißt, dass das nur die halbe Wahrheit ist, nicht wahr? Ja, ich habe sie der Ketzerei angeklagt, anklagen müssen. Doch Mariflores kam freiwillig nach Santiago de Compostela und stellte sich. Wie leicht hätte sie sich verbergen können, aber sie wollte sterben, weil dein Vater als tot und verschollen galt. Ihre Liebe zu ihm war ihr wichtiger als die Liebe zu dir. Entsage solchen Leidenschaften, Lunetta, sie bringen nichts als Zerstörung und Tod. An meiner Seite erwartet dich Größeres.«

S IEBTER T EIL
    D ER M AGIER
    D AS G EWICHT DER S EELE IST DIE L IEBE .
    Ignatius von Loyola
     

1.
    L ONDON , 26. J ANUAR 1536
    Im Stalhof bei der Themse herrschte das rege Treiben eines üblichen Handelsmorgens. Englische Kaufleute drängten sich im Hof des Hansekontors, um frisch eingetroffene Importwaren zu begutachten. Pelze und Kornproben aus dem Baltischen, die Lübecker Kaufleute nach London verschifft hatten, Dörrfische aus dem fernen Skandinavien, auf die sich die Hamburger spezialisierten, dazu Seiden, Wein, Stahl und Waffen, die aus Köln kamen. Es wurde gefeilscht, gestritten und gerechnet. So auch im Schreibzimmer der Hansehofleitung, die in einem prachtvollen Gildehaus untergebracht war.
    Der erste Sekretär des Stalhofleiters – ein Kölner wie die meisten hochgestellten Kontoristen – ließ eifrig die Feder über die bräunlichen Seiten der Rechnungsbücher fahren. Um ihn hockten seine Gehilfen, die die Kugeln ihrer Rechenbretter über die Stäbe sausen ließen und Zahlenreihen vor sich hin murmelten. Metallische Gerüche von Münzen und Tinte erfüllten die Luft, hin und wieder stach einem der Duft von erhitztem Siegellack in die Nase, wenn Urkunden verschlossen wurden.
    »Gernot?«
    Der Sekretär blickte auf und erkannte neben seinem Stehpult einen Mann in schmutzbespritzter Reisekleidung, dessen Stiefel mit Lehm verkrustet waren. Sein bleiches, übermüdetes Gesicht verriet, dass er Tage und Nächte im Sattel verbracht haben musste.
    »Lambert! Du bist also zurück.« Er runzelte die Stirn. »Aber deine Waren …« Er blätterte im Rechnungsbuch und schüttelte den Kopf. »Nein, eure Rüstungen, Armbrüste und Schwerter sind noch nicht eingetroffen.«
    »Sie werden in den nächsten Tagen mit einer Galeone aus Antwerpen kommen. Ich gab unserem dortigen Vertreter entsprechende Anweisungen«, sagte der junge Mann müde.
    Gernot schüttete fassungslos den Kopf. »Du bist ohne deine Waren gereist?« Ein seltsames, geradezu frevlerisches Verhalten für einen Fernhändler, der um nichts in der Welt seinen wertvollsten Besitz im Stich lassen sollte. An der Ware hing sein Leben, seine ganze Zukunft.
    Lambert nickte nur. »Ich hatte es eilig und habe eine Koef bei Calais genommen, die in nur fünf Stunden den Kanal querte.«
    »Wozu die Eile?«
    »Gernot, ich brauche einen Kredit von dir. Sofort.«
    Der Sekretär ließ die Feder sinken und sah sich rasch im Raum um. Seine Gehilfen schienen ganz in Zahlen vertieft.
    »Komm«, sagte er und wies mit dem Kopf zum Flur vor dem Büro. »Lass uns ins Weinhaus hinabgehen. Ich spendiere dir einen Willkommenstrunk.« Er klappte sein Buch zu, rief noch einige Anweisungen in den Raum und verließ dann mit dem jungen van Berck den Saal.
    Sie durchquerten einen dunkel getäfelten Flur, der mit Bildern der Ursulalegende geschmückt war, jener Geschichte um eine englische Prinzessin und ihre elftausend Jungfrauen, die in längst vergessener Zeit ins Heilige Land reisten und auf ihrem Rückweg bei Köln von den Barbaren ermordet wurden. Die heilige Ursula stand für die lange Verbindung zwischen London und der Domstadt. Seit mehr als vierhundert Jahren betrieb man nun schon Handel zwischen diesen Städten. Kölner waren es gewesen, die den Stalhof gegründet und gebaut hatten.
    Zu einer Kaufmannsfestung angewachsen, umschlossen seine

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