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Das Geheimnis der toten Voegel

Das Geheimnis der toten Voegel

Titel: Das Geheimnis der toten Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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kleiner Junge mit seinem Plastiktraktor herum und direkt über Cederroths Fuß. Das tat dermaßen weh, dass er vor Schmerz aufschrie und der Jungen zu weinen anfing. Um zu zeigen, dass es nicht weiter schlimm war, gab Petter der Mutter und dem kleinen Jungen jeweils ein Honigbonbon, und dann war er dran, in ein Zimmer zu kommen, damit er genäht würde.
    »Wie lange ist es her, seit Sie eine Tetanusspritze bekommen haben?«, fragte der Arzt. Er sah jung und unerfahren aus, aber er zitterte nicht, während er die Betäubungsspritze setzte.
    »Ich kann mich nicht erinnern. Oder doch, ich habe mir einen rostigen Nagel in den Hintern gerammt, als wir damals einen Vorratsschuppen abgerissen haben. Das ist so ungefähr vier Jahre her, denke ich.« Petter zog eine Grimasse. Trotz der Betäubung tat es richtig weh, genäht zu werden. Der Doktor hätte doch noch einen Moment warten können, ehe er nach der Nadel griff. Dafür ging es so wenigstens schnell. Und es gab einen schicken weißen Verband. Petter wollte gerade von Ruben erzählen, als der Arzt angepiept wurde und hinausrannte. Durch die offene Tür konnte er sehen, wie Berits Bett eilig zu den Fahrstühlen gerollt wurde. Er hätte gern gefragt, wie es um sie bestellt war. Die Sauerstoffmaske, die sie vor dem Gesicht hatte, und die plötzliche Aktivität der Ärzte wirkten beunruhigend. War es so ernst?
    Lange Zeit kam niemand in den Raum. Sie schienen ihn vergessen zu haben. Es verging eine halbe Stunde, und Petter setzte sich auf den Rand der Pritsche. Vielleicht war es das Beste, nach Hause zu gehen. Hier konnte er jedenfalls nicht herumliegen und warten. Die Krankenschwester an der Rezeption war mit einer jungen Mutter beschäftigt, die ein wie verrückt schreiendes Baby auf dem Arm hatte, und Petter machte sich nicht die Mühe, mit ihr zu reden. Er musste nach Hause und versuchen, ein paar Stunden zu schlafen, ehe die Nachtschicht begann.

6
    Am Donnerstag, den 29. Juni, demselben Tag, an dem Ruben Nilsson eine neue Taube in seinem Taubenschlag entdeckte, verließ Mats Eklund in großer Eile seine Wohnung in der Donnersgatan in Klintehamn. Er nahm sich nicht einmal Zeit, die Schnürsenkel zuzubinden, geschweige denn, sich eine Jacke überzuwerfen, obwohl die Luft kühl war.
    Noch weniger ahnte er, dass die Sorgen, die ihn in diesem Moment beschäftigten, schon bald ganz andere Dimensionen annehmen würden. Als er die Tür hinter sich schloss, bezweifelte er, dass es einen Weg zurück gab. Die Frage war gestellt. Es gab keine Möglichkeit, ihr auszuweichen. Die Joggingrunde würde nur einen kleinen Aufschub bedeuten, ehe die Sicherheit auf immer in Stücke geschlagen werden würde. Es war die reine Feigheit, einfach davonzurennen, das musste er zugeben. Er wünschte, er hätte besser mit allem umgehen können, aber er brauchte Zeit zum Nachdenken.
    »Willst du dich scheiden lassen?« Jenny hatte die Frage geradeheraus und ohne die geringste Spur von Furcht gestellt. Sie müsste doch in ihrem Innern eigentlich ebenso ängstlich und erschüttert sein wie er, doch sie zeigte es nicht. Sie hatte den Kopf in den Nacken geworfen, als sie seinen verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte, als ob sie ihm mit dieser Kopfbewegung helfen könnte, in Gang zu kommen. Aber es kam nichts. Kein sicheres Ja. Auch kein »Nein, ich liebe dich, das weißt du doch. Warum sagst du nur so dumme Sachen, mein Liebes?«
    Sie befanden sich im Grenzgebiet. In einem sinnlosen und in jeder Hinsicht abtörnenden Stellungskrieg darüber, wer schuld war, dass der Müll nicht rausgetragen und der Herd nicht abgewischt wurde. Mitten in der Zweisamkeit fühlte er sich unendlich einsam und unglücklich, er war alles leid. War das hier das Leben? Tagesstätte, Stoffwindeln, Bio-Möhren und Jenny, die jede Lust an Liebesspielen verloren hatte, sobald sie die Kinder bekommen hatte, die sie haben wollte.
    »Nein, heute Abend kann ich nicht mehr. Nicht, die Kinder könnten aufwachen!«
    »Müssen die Kinder denn unbedingt hier bei uns im Zimmer schlafen?«
    »Ja, denn Henrik hat Angst vor der Dunkelheit, und Stine hat heute Morgen gespuckt.« Würde das Leben immer so weitergehen? Schlafen, arbeiten, Kinder abholen, Kinder ins Bett bringen, schlafen, arbeiten … in einem ewigen Kreislauf, der nur vom Großeinkauf am Wochenende und dem Besuch der Schwiegereltern unterbrochen wurde? Wenn der Sex wenigstens funktioniert hätte, dann wären die übrigen Probleme des Lebens wahrscheinlich zu lösen gewesen. Da

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