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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Frage auf den Grund zu gehen – weglaufen konnte er immer noch. Orla sollte nicht umsonst gestorben sein. Er war es ihr schuldig, das Geheimnis dieses Hauses über dem Drusentor zu lüften. Also schlich er weiter nach oben.
    Zu seiner Erleichterung hatte der Bewohner des Obergeschosses die Dielen auf den Stufen instand setzen lassen. Sie ächzten kein einziges Mal unter Leos Schritten. Er erreichte unbehelligt einen Treppenabsatz mit einem Jugendstilfester aus Bleiglas, hinter dem er die Lichter einer Stadt sah. Es war Nacht geworden.
    Sein linker Ellenbogen stieß gegen etwas an seiner Hüfte. Es war der eisige Stachel von der Igelratte. Eigentlich hätte Leo erwartet, dass die Trophäe außerhalb von Illúsion schmolz. Tat sie aber nicht. Sie blieb ebenso fest wie frostig. Er schnaubte. Was für eine jämmerliche Waffe im Vergleich zu den Äxten, Schwertern und Speeren der Wächter!
    Andererseits besser als nichts, dachte er, zückte den Stacheldolch und überwand lautlos die letzten Stufen. Auch im vierten Stock gab es nur eine Tür; die Treppe führte direkt auf sie zu. Sie war mattschwarz, vermutlich aus Ebenholz. In Augenhöhe hatte sie einen goldenen Türklopfer mit einem Drachenkopf. Leo fröstelte, als er die zwei Buchstaben auf dem Schild darunter sah:
    R. Z.
    Bedeutete das Refi Zul? Er schüttelte den Kopf. Kaum anzunehmen, dass der König von Illúsion in dieser Stadt eine offizielle
Adresse hatte. Aber vielleicht standen die Initialen für Robert Zaki …
    Obwohl Leo nicht mehr träumte, nahm er plötzlich einen scharfen Geruch wahr, der sämtliche Härchen auf seiner Haut in Habachtstellung zwang. Sein Unterbewusstsein lieferte ihm sofort ein passendes Bild dazu.
    Hyänenschweine!?
    Ein schauerliches Heulen hinter der Tür räumte die letzten Zweifel aus. Refi Zul befand sich in dieser Wohnung und seine Wächter hatten Blut gerochen.
    Leo wirbelte herum und rannte die Treppe hinab.
    Als er im dritten Stock ankam, steckte er im Laufen den Eisdolch in den Gürtel und verdeckte ihn mit dem Pullover. Sein Handrücken streifte etwas, das seine linke Hosentasche ausbeulte. Orlas Pillendose! Sollte er noch eine Schlafpastille opfern?
    Im Obergeschoss flog die Wohnungstür auf, das schreckliche Gejaule schwoll schlagartig an. Er hatte gerade das nächste Zwischengeschoss erreicht und hastete weiter. Sinnlos über die Luzide nachzudenken. Die Bestien würden ihn einholen, bevor er sich in den Klartraum geflüchtet hätte. Ihm blieb nur eine Chance: die Straße. Dorthin konnten ihm die Hyänenschweine nicht folgen, ohne erhebliche Aufmerksamkeit zu erregen. Jedenfalls hoffte er das.
    Viel zu schnell schmolz der Abstand zu den Wächtern dahin. Das Klicken und Kratzen ihrer Klauen wurde immer lauter. Plötzlich stolperte Leo. Seine Rechte packte den Handlauf und verhinderte mit knapper Not den Sturz. Dadurch verlor er kostbare Zeit. Ein ängstlicher Blick nach oben zeigte ihm, wie nahe die Verfolger schon waren.
    »Hilfe!«, schrie er und rannte weiter. »Hilfe, Hilfe!« Immer atemloser rief er das Wort.

    Als er das Erdgeschoss fast erreicht hatte, tauchte hinter ihm das erste Hyänenschwein auf. Die Tür, die zur Straße hinausführte, lag in unerreichbarer Ferne. Gib auf, du hast verloren!, empfahl die Stimme der Vernunft in Leos Kopf. Vielleicht lassen sie dich ja leben, wenn du dich nicht wehrst.
    Plötzlich öffnete sich unter ihm die zweiflüglige Tür des Kinosaals. Pathetische Musik quoll ins Treppenhaus, gefolgt von einem erregten Besucherstrom. Leo sprang die letzten Stufen hinab und stürzte sich ins Getümmel. Hinter sich hörte er ein zorniges Jaulen. Zahlreiche Köpfe flogen herum.
    Auf der Treppe war niemand zu sehen.
    »Was war das?«, rief ein Kerl in schwarzer Lederjacke. Er stieß Leo grob zur Seite, um freie Sicht zu haben.
    »Wahrscheinlich ein Außerirdischer«, lachte ein anderer.

E r ließ sich vom Strom der Kinobesucher aus dem Haus tragen. Das Publikum bestand fast nur aus Männern, die voll des Lobes über die plastische Umsetzung des 3D-Blutbades waren. »Ick hab echt jedacht, die janze Soße spritzt ma ins Jesicht«, sagte ein begeisterter Zuschauer.
    Leo blickte sich um. War er in Berlin gelandet? Zumindest befand er sich in einer größeren Stadt, so viel stand fest.
    Und, dass es nieselte.
    Und ihm kalt war.
    Er lief nach links durch ein Tor. Wo hatte er das alte Bauwerk schon einmal gesehen? Kurz dahinter entdeckte er ein blaues Straßenschild mit weißer Schrift. Die Schilder

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