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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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so, und ich dachte, es sei etwas Gefährliches.«
    Orla funkelte ihn bedrohlich an. Sie richtete ihre Schwertspitze auf eine bleiche Erhebung von der Größe eines Fußballs, die ungefähr zwanzig Schritte oberhalb von ihnen lag. »Nennst du das harmlos?«
    »Das ist doch nur ein Stein.«

    »So? Na, dann komm mal mit.« Sie blickte sich unablässig um, während sie ihn zu der Stelle führte. Was Leo für einen Fels gehalten hatte, war ein Totenschädel. Ein ganzes Skelett lag in der verbrannten Erde.
    »Anscheinend haben vor uns schon andere das Haus des Rates gesucht«, flüsterte er.
    Sie nickte mit versteinerter Miene. »Das könnte mein Vater oder meine Mutter sein. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke.«
    »Würden dann nicht zwei Gerippe hier liegen?«
    Sie deutete wortlos auf eine Stelle etwa zehn Meter über ihnen. Mit Schaudern erkannte er, dass auch dort menschliche Überreste aus der Asche ragten. Und es gab noch mindestens ein Dutzend ähnlicher Erhebungen am Hang.
    »Komm!«, sagte Orla leise und kletterte weiter.
    Wachsam setzten sie ihren Aufstieg durch die Todeszone fort. Um sie herum tanzten Aschewolken, die der Wind zu geisterhaften Gestalten erweckte. Als sie den Gipfel fast erreicht hatten, begann der Boden unter ihren Füßen zu beben. Sie hörten ein dunkles Geräusch, das aus dem Berg selbst zu kommen schien. Plötzlich fauchte eine Flamme aus dem Krater empor. Leo und Orla blieben wie angewurzelt stehen.
    Über ihren Köpfen stieg ein riesiger Drache auf. Seine gelben Augen fixierten die schreckensstarren Menschen, als wollten sie diese in Stein verwandeln. Das Haupt des grün geschuppten Ungetüms zierte eine feuerrote Mähne, ähnlich wie bei der Traumgeborenen, die Leo in Tirza erschaffen hatte. Der Koloss war jedoch noch viel gewaltiger als diese. Seine Hautflügel entfachten einen regelrechten Sturm, im Nu waren die Jugendlichen in graue Aschewolken eingehüllt.
    »Lass uns verschwinden, ehe der Drache uns wieder sieht«,
rief Orla aufgeregt. Sie griff nach Leos Arm und versuchte ihn wegzuziehen.
    Er rührte sich nicht von der Stelle. »Ich denke, du willst die Traumquelle zerstören.«
    »Ja, aber dafür opfere ich nicht dein Leben. Das Monstrum ist eine Nummer zu groß für mich. Ich kann dich nicht beschützen.«
    »Danke, ich brauche kein Kindermädchen.«
    Sie stöhnte. »Du bist wegen Benno sauer auf mich, stimmt’s? Leo, ich hatte meine Gründe. Das ist nur ein ganz schlechter Augenblick, darüber zu reden. Ziehen wir uns zurück, und halten Kriegsrat.«
    »Nein. Ich lauf nicht weg. Du hast gesagt, ich soll mehr Selbstvertrauen zeigen.«
    »Bitte komm!«, bettelte sie und zog noch heftiger an seinem Arm. »Außer Onkel Dalmud bist du mein einziger Freund. Ich will nicht, dass dir was zustößt.«
    Sie hat wirklich Angst um mich! Der Gedanke brachte Leo gehörig durcheinander. Schon nach dem Sinken des Auslegerbootes war ihm ihre Sorge um ihn aufgefallen. Schade hätte sie es gefunden, wenn er abgesoffen wäre. An Bennos Wohl hatte ihr bei Weitem nicht so viel gelegen.
    Unvermittelt frischte der Wind auf und zog die aufgewirbelte Asche wie einen Schleier vom Vulkan. Der Drache kam wieder zum Vorschein. Gewaltig und Furcht einflößend thronte er auf dem Kraterrand. Er saß auf seinem Hinterteil. Die kleineren Vorderläufe hatte er angewinkelt, wie ein Boxer die Arme. Sein starrer Blick lag auf den im Vergleich zu ihm winzigen Menschen.
    »Wir sind verloren«, sagte Orla.
    »Verloren ist, wer sich selbst aufgibt«, widersprach Leo. »Stell
dich hinter mich. Ich weiß, was ich tue. Übrigens habe ich längst damit begonnen.«
    »Aber…«
    »Kein Aber!«, unterbrach er sie sanft. »Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, dass du etwas mehr Zuversicht beweist. In meine Fähigkeiten nämlich.«
    Einen Moment lang schienen ihre hypnotischen Augen seinen Widerstand brechen zu wollen, doch er hielt ihrem Blick stand. Orla seufzte und suchte Deckung in seinem Rücken. Er spürte, wie sich ihre Hand auf seine Schulter legte. Aus den Augenwinkeln sah er die Schwertspitze, die sich drohend dem Drachen entgegenreckte. »Hoffentlich weißt du, worauf du dich da einlässt. Das Monstrum ist nicht zufällig hier.«
    »Wer wagt es, meine Ruhe zu stören?«, donnerte das Ungetüm mit einer Stimme, die den ganzen Berg erzittern ließ. Bei jedem Wort schossen zwei Flammenstöße aus seinen Nüstern. Leo verneigte sich tief. Aus Ritterfilmen und Fantasyromanen wusste er, dass derlei

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