Das Geheimnis der Wellen
entspannen konnte er sich erst, nachdem er kontrolliert hatte, ob das perfekt erhaltene Henry-Gewehr, die faszinierende Derringer mit Perlmuttgriff, die Duell-Pistolen im georgianischen Stil und der kompakte 45er-Colt dort waren, wo sie hingehörten.
Nun wusste er zumindest mit Sicherheit, dass Kirby Duncan nicht mit einer Landon-Waffe getötet worden war. Soweit er das beurteilen konnte, war zu seinen Lebzeiten keine davon benutzt worden – wahrscheinlich schon seit Generationen nicht mehr. Vermutlich waren sie viel zu wertvoll fürs Sportschießen. Eli erinnerte sich, wie sein Großvater ihm als fasziniertem Achtjährigen einmal eines der Steinschlossgewehre in die Hand gedrückt und ihm seine Geschichte erzählt hatte.
Sie sind wertvoll, dachte Eli erneut, während er im Raum auf und ab ging. Allein die Duellpistolen waren Tausende wert. Leicht zu transportieren und leicht an einen Sammler loszuschlagen. Ein verschlossener Schrank mit Glastür stellte kein großes Einbruchshindernis dar. Egal, wer im Keller gegraben hatte: Er hatte keine der Waffen angefasst.
Vielleicht, weil er gar nicht wusste, dass es sie gab? Weil er den Grundriss und die Geschichte des Hauses nicht kannte? Außer den Waffen, die insgesamt bestimmt eine sechsstellige Summe wert waren, enthielt das Haus viele bewegliche Wertgegenstände.
Irgendwann musste seine Großmutter etwas gemerkt haben. Aber zwischen ihrem Unfall und seinem Einzug war ziemlich viel Zeit vergangen. Falls der Eindringling diese Zeit für seine Zwecke genutzt hatte, hatte er sich auf den Keller beschränkt.
Er hat sich beschränkt, dachte Eli erneut. Es ging ihm also nicht nur ums Geld, denn dann hätte er mitgehen lassen, was leicht zugänglich herumlag. Es ging ihm um den Schatz.
Weshalb?, fragte sich Eli. Ein Abend hätte genügt, um ein paar Millionen mit dem Einsammeln von Kunstgegenständen, Erinnerungsstücken, Sammlerobjekten und Silber zu machen. Allein die umfangreiche Briefmarkensammlung seines Großonkels in der Bibliothek war ein Vermögen wert. Aber der Eindringling hackte lieber unzählige Nächte von Hand auf den Kellerboden ein. Wegen einer Legende.
Es ging um mehr als ums Geld. Eli streifte durchs Haus und verschaffte sich einen Überblick über die vorhandenen Wertgegenstände. Glaubte der Einbrecher wirklich an den unschätzbaren Wert des Schmucks?
War jemand besessen von dieser Idee, so, wie Wolfe von ihm besessen war?
Diese Vorstellung trieb ihn erneut in den Keller. Er wollte sich die Arbeit des Eindringlings genauer ansehen.
Eli stieg in den Graben und stellte fest, dass dieser ihm an einigen Stellen fast bis zur Hüfte reichte. Anscheinend war in der Raummitte mit den Grabungen begonnen worden, dann war die Rinne nach Norden, Süden, Osten und Westen erweitert worden.
Entsprach das einem Raster? Waren das Kompasspunkte? Wie sollte er das verdammt noch mal herausfinden?
Er kletterte wieder heraus, zückte sein Handy, um Fotos aus unterschiedlichen Perspektiven zu machen. Die Polizei hatte Fotos, doch jetzt besaß auch er welche.
Aus irgendeinem Grund gab ihm das das Gefühl, das Heft in die Hand zu nehmen. Es fühlte sich gut an, etwas zu tun.
Als Eli anschließend wieder nach oben ging, nahm er das Messingteleskop von seinem Mahagoniständer und trug es hinaus auf die Terrasse. Das Heft in die Hand zu nehmen bedeutete, sich zu informieren. Vielleicht war das nicht der beste Zeitpunkt, zum Leuchtturm zu laufen oder zu fahren. Doch das hieß nicht, dass er nichts in Erfahrung bringen konnte.
Er stellte das Teleskop scharf, bis er das gelbe Absperrband der Polizei deutlich erkennen konnte. Man hatte den gesamten Bereich um den Leuchtturm abgesperrt. Er bemerkte ein paar neugierige Gestalten am Absperrband sowie diverse Polizeifahrzeuge.
Eli ließ das Teleskop sinken und sah Leute, die auf den Felsen herumkletterten und trotz ihrer Schutzkleidung patschnass wurden. Vermutlich Spurensicherer.
Duncan ist ziemlich tief gestürzt, dachte er und versuchte, die Entfernung abzuschätzen. Allein der Sturz dürfte genügt haben, um ihn zu töten. Wer ihn vorher auch noch erschossen hatte, wollte wirklich auf Nummer sicher gehen.
Aber warum? Was hatte Duncan Kirby gewusst, gesehen, getan? Und wie hing das alles mit Lindsays Tod zusammen? Irgendeinen Zusammenhang musste es geben.
In diesem Punkt gab er Wolfe recht. Wenn irgendeine Logik dahintersteckte, in seinem Keller nach einem Piratenschatz zu graben, standen die beiden Morde in einem
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