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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Moment, in dem Eure falsche Identität aufgedeckt wird, schweben wir beide wieder in Lebensgefahr. Und das wird eines Tages geschehen, so viel steht fest. Ihr könnt nicht ewig als Niccolo leben, was Ihr vermutlich auch gar nicht wollt, es sei denn, Ihr verspürt auf einmal den Wunsch, bis ans Ende Eurer Tage Lustknaben zu vögeln.« Bei den letzten Worten zuckte er merklich zusammen. »Aber wenn Ihr entlarvt werdet, müsst Ihr wieder fliehen, und ich gleich mit Euch. Das kann doch nicht ewig so weitergehen! Und was ist mit diesem Verräter Lorenzo di Pierfrancesco? Er ist an einer Verschwörung gegen den Vater unserer großen Stadt beteiligt. Wir könnten seine Pläne vereiteln, das Geschwür der Korruption aus dem Leib der Kirche schneiden und ihr ein Stück... Reinheit zurückgeben.« Ich trug dick auf, was ihm jedoch nicht aufzufallen schien. Bei der Aussicht, dem Papst Steine in den Weg
zu legen, war zum ersten Mal seit unserer Abreise aus Rom ein Funke in seinen Augen aufgeglommen. Ich behielt meinen Kurs bei. »Wir sollten die Sache weiterverfolgen, das Rätsel lösen und es Lorenzo dem Prächtigen selbst präsentieren, wie es Euer Onkel beabsichtigt hatte. Dann wäre er uns zu Dankbarkeit verpflichtet, wir stünden unter seinem persönlichen Schutz, und Eure Haut wäre gerettet.«
    »Mir liegt an meiner Haut nichts mehr.«
    »Dann denkt doch einmal in Eurem Leben auch an mich!«
    Er schwieg, aber diesmal nicht, weil er einen inneren Kampf mit sich austrug, sondern weil er nachdachte. Dann sah er mich an, als nähme er mich zum ersten Mal bewusst war, und da wusste ich, dass er genug für mich empfand, um auf jeden Fall einen Versuch zu unternehmen, mich zu retten. Trotz der kühlen Nacht durchströmte mich eine wohlige Wärme. Außerdem las ich in seinen Augen noch etwas anderes: Er wollte die Suche fortsetzen, und ich meinte auch zu wissen, warum. Sein Verstand verbot es ihm, jetzt aufzugeben. Das Feuer seines Glaubens mochte erloschen sein, aber die Flamme seines Intellekts ließ sich nicht ersticken. Ich verlor keine Zeit, sondern holte gleich zum nächsten Schlag aus.
    »Könnt Ihr wirklich das Handtuch werfen, ohne herausgefunden zu haben, was das alles zu bedeuten hat? Könnt Ihr nachts ruhig schlafen, obwohl Ihr nicht wisst, welches Geheimnis die Blumen hüten? Welches Unheil der Frühling bringen wird? Und warum es nur sieben Verschwörer sind statt acht? Könnt Ihr es ertragen, die Lösung nicht gefunden zu haben? Von einem Rätsel besiegt worden zu sein?«
    Jetzt hatte ich ihn, aber ich konnte es mir nicht verkneifen, ihn auf einen letzten, diesmal allerdings rein praktischen Punkt hinzuweisen. Wir hatten weder einen Palast, der uns beherbergte, noch ein Gefolge von Dienstboten, das sich um unsere täglichen Bedürfnisse kümmerte. Ich konnte nicht in meine kleine, von Ennas Blut überschwemmte Hütte am Arno zurückgehen, er nicht nach Pisa und zu seinem mörderischen
Vetter. »Und außerdem«, schloss ich, »können wir ja sonst nirgendwo hin.«
    Ich hatte recht, und das wusste er. Ihm blieb keine andere Wahl, als in das Kloster zurückzukehren, das er einst als seine Heimat betrachtet hatte. Ich blickte zum Himmel empor - die Dämmerung brach an, der florentinische Tag begann. Wir traten an das Tor, und ich weckte Bruder Malachi auf dieselbe Weise wie einen Monat zurvor, nämlich indem ich meine Brüste gegen das Gitter presste.

2
    Nikodemus von Padua schwieg.
    Er hatte sich die ganze unglaubliche Geschichte angehört und saß jetzt still da, strich über die weißen Stoppeln, die sein Kinn bedeckten, und grunzte gelegentlich leise, als würde er eine Mahlzeit verdauen. Er verdaute unseren Bericht.
    Ich hatte mich neugierig umgesehen, nachdem wir das Herbarium betreten hatten. Einen Ort wie diesen hatte ich noch nie gesehen - ein von Kerzen erleuchteter Raum mit einer Vielzahl von Säulen und sich kreuzenden Querstreben, die die niedrige Decke trugen. Mein Blick wanderte an den Säulen empor.
    Madonna.
    Nach zwei Dritteln verschwanden sie in einer auf dem Kopf stehenden Wiese. An den Balken hingen Blumen, Kräuter und Zwiebeln jeder erdenklichen Art, trockneten im Feuerschein oder drehten sich leise an ihren Schnüren, wenn unser Atem oder ein Luftzug von der Tür her sie streifte. Der Duft, den sie verströmten und der durch die Wärme noch verstärkt wurde, war geradezu überwältigend. Wir hatten an einem hölzernen Tisch Platz genommen. In dem Kamin neben uns prasselte
ein helles Feuer. Jede

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