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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Mann, den ich gut kannte, denn er hat mir die erste heilige Kommunion erteilt. Lorenzo de’ Medici entkam an jenem Tag, unterzeichnete aber sein eigenes Todesurteil,
als er einen Erzbischof in voller Amtstracht wegen seiner Beteiligung an der Verschwörung hängen ließ.«
    Bruder Guidos Gedanken beschrieben wirklich erstaunliche und schwer nachzuvollziehende Sprünge. Ich begann mich trotz meiner Freude darüber, dass er die Sprache wiedergefunden hatte, schon wieder über ihn zu ärgern. »Was zum Teufel haben denn die Pazzi mit dieser Sache zu tun?«
    Jetzt riss ihm der Geduldsfaden. »Habt Ihr mir nicht zugehört? Ich meine nicht die Pazzi, sondern den Erzbischof!«
    Jetzt ging mir ein Licht auf. Vor meinem geistigen Auge tanzte der schuldige Prälat an seinem Seil, seine Eingeweide quollen wie zu seiner Robe passende scharlachrote Schnüre aus seinem aufgeschlitzten Leib, und sein Gesicht war zu einer blutigen, geschwollenen Fratze verzerrt, während er sich an seinem Strick drehte und immer wieder gegen die fensterlosen grauen Mauern prallte, die blind für seine Qualen waren. »Ihr glaubt also, der Papst hat sich mit Lorenzo di Pierfrancesco gegen dessen Vetter verschworen, weil dieser den Erzbischof an den Galgen gebracht hat?«
    »Ja.«
    Das konnte unmöglich alles sein - noch nie hatte er mir eine so kurze und knappe Antwort gegeben. »Lorenzo der Prächtige und ganz Florenz wurden wegen dieses Frevels exkommuniziert. Papst Sixtus’ eigener Neffe, Girolamo Riario, der Herzog von Imola, wurde ausgeschickt, um Il Magnifico zu verhaften und vor Gericht zu bringen, doch der florentinische Stadtadel verhielt sich loyal und weigerte sich, ihn auszuliefern. Nachdem der Versuch, sich auf das Gesetz zu berufen, fehlgeschlagen war, hat Sixtus wahrscheinlich mit Lorenzo di Pierfrancescos stillschweigender Billigung die Sieben zusammengerufen, um Lorenzo den Prächtigen zu stürzen und durch seinen Vetter, ein williges Werkzeug des Heiligen Stuhls, zu ersetzen. Wenn man dies zugrunde legt«, schloss er bestimmt, »dann ist der Papst die Wurzel all dieses Übels. Die Fingerzeige stehen in Stein geschrieben da.«

    Ich runzelte verwirrt die Stirn. »Ihr klingt, als wärt Ihr Euch Eurer Sache sehr sicher.«
    »Das bin ich auch. >In Stein geschrieben< war wörtlich gemeint, nicht metaphorisch.«
    Ich schwieg verwirrt. Zum Glück fuhr er unaufgefordert fort: »Jeder Hinweis, der uns bis hierher geführt hat, war in Stein eingemeißelt. Der schiefe Turm über meiner Tür in Santa Croce, das gerade erst fertiggestellte Bild in Pisa, das das Flaggschiff der Muda zeigte. Der Lettner in San Lorenzo in Neapel, auf dem die Kreuzwegstationen dargestellt waren. Ich bin Petrus. Die gesamte katholische und apostolische Kirche ist sozusagen in Stein geschrieben.«
    Mein Gesicht spiegelte blanke Verständnislosigkeit wider. »Peter«, erklärte Bruder Guido schlicht. »Der heilige Peter. Petrus. Der Schutzheilige des Papsttums. Der Torhüter, der Schlüsselbewahrer. Ich bin der Fels. «
    »Das ist ja alles gut und schön«, meinte ich bedächtig. »Aber wie kommt Botticelli ins Spiel? Es waren doch die Pazzi und der Papst, die die Lawine ins Rollen gebracht haben.«
    Bruder Guidos Augen glühten wie die eines Verdammten. »Dort«, er deutete über den Platz hinweg, »dort auf diese Mauer sollte Botticelli auf Geheiß seiner Medici-Cönner die am Galgen hängenden Verschwörer malen - als unmissverständliche Warnung für alle anderen potenziellen Attentäter.«
    Ich kniff die Augen zusammen. Tatsächlich konnte ich auf dem verwitterten, von der Sonne ausgebleichten Stein noch schwach die Umrisse von vier Gestalten erkennen. Über ihnen verliefen lange senkrechte Linien, die Seile, an denen die Figuren baumelten.
    »Und wen hätten die Sieben wohl damit betraut, alle tödlichen Einzelheiten in einem Bild festzuhalten, als das Komplott geschmiedet wurde? Sicherlich keinen anderen als den am höchsten in der Gunst der Medici stehenden Hofmaler.«
    »Und das alles liegt in der Primavera verborgen?«, hakte ich nach. »Die Herrscher dieser ganzen Städte sind übereingekommen,
mit dem Papst gemeinsame Sache zu machen, Lorenzo dem Prächtigen den Krieg zu erklären und ihn zu entmachten?«
    »Ganz genau.«
    Ich glaubte ihm. »Gut, also kennen wir jetzt das Motiv. Aber wir wissen nicht, wann und auf welche Weise der Angriff erfolgen soll. Bis wir nicht alle Einzelheiten herausgefunden haben, nutzt uns unser Wissen nichts. Also stellt sich

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