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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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abgeschrieben? Der Papst hat sich mit Lorenzo nur versöhnt, weil unser Land von den Türken bedroht wurde, nachdem die Ungläubigen Otranto besetzt hatten. Aber das ist jetzt eine Weile her - nun ist der Sultan tot, die Gefahr gebannt, und der Heilige Vater kann ungehindert gegen seinen alten Feind vorgehen.« Wieder schüttelte der alte Mönch den Kopf. »Bruder, du bist jung und unschuldig. Du hast keine Vorstellung davon, wozu ein Mann um seines eigenen Vorteils willen fähig ist, und mag er auch ein noch so heiliges Amt bekleiden.«
    Bruder Guido saß wie erstarrt da, sichtlich bis ins Mark erschüttert. Meine Erschütterung hielt sich dagegen in Grenzen, dazu hatte ich es in den letzten Jahren mit zu vielen Mönchen und Priestern getrieben.
    Bruder Nikodemus spürte, dass die Welt seines jungen Freundes vollkommen aus den Fugen geraten war, und schlug einen weicheren Ton an. »Sohn, du musst lernen, zwischen den Menschen und Gott zu unterscheiden. Menschen sind fehlbar, die Kirche korrupt. Aber Gott ist wahrhaftig. Du musst deinen Glauben wiederfinden, in einem Gespräch zwischen dir und Gott. Päpste und Prälaten kommen und gehen, aber Gott ist ewig um uns. Diejenigen von uns, die sich an die Gebote der Heiligen Schrift halten, müssen die zum Licht zurückführen, die von ihrem Weg abgekommen sind, so gut uns das möglich ist.« Als hätte ihn seine Rede erschöpft, trank der alte Mann
einen Schluck aus einem Holzbecher. »Was dein momentanes Problem betrifft... Ich denke, wir können den Heiligen Vater von dem Verdacht lossprechen, der Urheber dieser Verschwörung zu sein. Hinter all dem steckt nicht der Vatikan, sondern das Haus Medici.«
    »Wie konmt Ihr darauf?«
    »Der Ring, den du trägst, ist mit neun goldenen Kugeln besetzt. Den palle.«
    »Die palle!«, wiederholte Bruder Guido, dabei hob er den Daumen, sodass der Ring im Feuerschein golden aufblitzte. »Warum habe ich das nicht schon längst gesehen?«
    Ich beäugte die neun kleinen Goldkugeln eingehend. »Und was, bitte schön?«
    »Die palle tauchen auf allen Wappen und Emblemen der Medici auf«, erklärte Bruder Guido.
    Ich kannte das Emblem natürlich, denn es fand sich nicht nur über jedem Tor und an jeder Palastmauer in Florenz, sondern war auch Gegenstand Hunderter zotiger Scherze, die einen Vergleich zwischen den Kugeln und gewissen Teilen der männlichen Anatomie herstellten. Von Letzteren hatte ich sogar schon zu meiner Zeit einige zu Gesicht bekommen, leider nur die der jüngeren Söhne und Vettern. Mit den Lorenzos - allen beiden - verband mich ein solcher Kontakt bedauerlicherweise nicht, sie führten anscheinend ein frommes, unbescholtenes Leben.
    Wenn man von Mord einmal absah.
    Bruder Nikodemus riss mich aus meinen Gedanken. »Ich habe das Bild noch nicht gesehen, aber ich bin fast sicher, dass die palle darin gleichfalls auftauchen.«
    Bruder Guido erhob sich. »Es ist an der Zeit.« Er half dem alten Mönch auf die Füße, der zu voller Höhe aufgerichtet dem jüngeren Mann gerade bis zum Nabel reichte. Die beiden Ordensbrüder traten zu dem langen Tisch, und Bruder Guido zog den cartone aus seinem Brustbeutel. Bruder Nikodemus beschwerte die Ecken mit Steinen, die im Feuerschein rot
schimmerten - Karneolen, die er vermutlich für seine Heilertätigkeit brauchte. Unaufgefordert trat ich hinter die beiden Männer. Ich hatte die Primavera lange nicht gesehen, da sie seit geraumer Zeit auf der Brust meines schweigsamen Begleiters ruhte, und wie jedes Mal, wenn ich sie nach längerer Zeit wieder zu Gesicht bekam, schlug mich ihre Schönheit in den Bann. Zwei Köpfe, ein weißer und ein schwarzer, beugten sich über das Bild. Ich musste abwarten, bis ich an die Reihe kam. Es dauerte nicht lange.
    »Hier«, verkündete der alte Mönch, dabei trat er einen Schritt zurück. »Die Äpfel der Hesperiden. Sie stehen für die palle.«
    Mein Blick folgte seinem knorrigen Finger zu den Bäumen über den Figuren, an denen ungefähr hundert runde goldene Früchte zwischen den Blättern hingen.
    »Die sehen für mich mehr wie Orangen aus«, murmelte ich. »In der klassischen Literatur sind die Äpfel der Hesperiden Orangen, Luciana.« Bruder Guido sah mich nicht einmal an, als er mich berichtigte. »Und diese Orangen tauchen auf jedem Medici-Wappen neunmal auf.«
    »Und hier, seht«, unterbrach der alte Mönch ihn plötzlich, dabei deutete er auf den natürlichen Blätterbogen über Venus’ Kop£
    »Lorbeer«, nickte Bruder Guido. »Das ist uns

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