Das Geheimnis Des Frühlings
ihn intrigiert. Wir haben
ein Kennwort, zweiunddreißig Rosen oder einunddreißig, und all das haben wir einem Gemälde entnommen, das zu den Hochzeitsgeschenken gehört. Wunderbar.«
Draußen wurde es allmählich heller. Die Hochzeit rückte näher, und ich konnte es mir nicht verkneifen, eine sehr weibliche Sorge zu äußern. »Außerdem findet die Feierlichkeit in zwei Stunden statt, und ich habe nichts anzuziehen.«
Bruder Guido sprang auf. »Ihr habt recht. Wenn wir an der Zeremonie teilnehmen und Lorenzo das Wenige unterbreiten wollen, das wir haben, dann müssen wir uns jetzt mit ein paar praktischen Dingen befassen. Ihr braucht ein Festtagskleid und ich ein Gefolge, das eines della Torre würdig ist.«
»Kann la Signorina nicht einfach das anbehalten, was sie jetzt trägt?« Bruder Nikodemus, der während dieses Wortwechsels geschwiegen hatte, meldete sich jetzt zu Wort, um meine sündhafte Eitelkeit zu geißeln. Ich sah an meinem zerknitterten schwarzen Samtgewand hinunter, das ich seit unserer Audienz beim Papst, also bereits eine Woche lang, trug, und maß den alten Mann mit einem vernichtenden Blick. Als Begleiterin eines pisanischen Edelmannes konnte ich unmöglich in einem schmuddeligen, mit Schweißflecken übersäten Kleid bei der Hochzeit des Jahres erscheinen, außerdem verbot es die toskanischen Etikette, bei einem solchen Anlass Schwarz zu tragen. Dazu kam, dass mich der dicke Samtstoff in einem mitternächtlichen feuchten Herbarium zwar angenehm warm hielt, ich aber in der florentinischen Mittagshitze darin ersticken würde. Ich wagte nicht, all diese Bedenken laut auszusprechen, aber Bruder Guido verfügte zum Glück über genug Weltgewandtheit, um zu wissen, dass sich der Vorschlag seines Ordensbruders nicht in die Tat umsetzen ließ.
»Ich brauche selbst auch andere Kleider, aber das Gefolge scheint uns vor das größere Problem zu stellen.«
Hier mischte sich Bruder Nikodemus wieder ein. »Ganz und gar nicht, Bruder. Wenn du als Mönch weltliche Kleidung tragen kannst, können andere Mönche das auch. Ich habe vier
Novizen hier, die noch keine Tonsur tragen. Ich werde sie wecken lassen, dann sollen sie sich ankleiden und dich begleiten.«
»Und wo wollt Ihr die Kleider hernehmen?«, erkundigte ich mich neugierig.
»Von Zeit zu Zeit erhalten wir kostbare Gewänder als Zehnten oder Spende oder gar aus dem Nachlass eines Verstorbenen. Ich werde Euch die Truhe bringen lassen - vielleicht findet auch Ihr darin etwas Passendes, Signorina.«
Das Angebot war freundlich gemeint, aber ich konnte mir nicht vorstellen, in muffigen Kleidern, die tote Schuldner einem Kloster hinterlassen hatten, zu der Medici-Hochzeit zu gehen.
Ich hätte keinem größeren Irrtum unterliegen können. Nichts hatte mich auf den Schatz vorbereitet, den ich gleich zu sehen bekommen sollte. Kurz darauf betraten vier verschlafene, unter der Last einer großen Truhe aus Walnussholz ächzende Novizen das Herbarium. Während die beiden älteren Männer die jungen Männer begrüßten und ihnen Instruktionen erteilten, öffnete ich den Deckel von Salomos Schatztruhe. Ohne auf das leise Stimmengewirr zu achten, tauchte ich die Hände in feinste Seide in allen Farben des Regenbogens, silbernen Batist, so leicht wie Gaze und gesponnenen Goldstoff, der so zart war wie ein Spinnennetz. Bei den meisten Gewändern handelte es sich um Männerkleidung, aber ich fand auch drei sorgsam zusammengefaltete Kleider. Während die Männer sich umzogen, wobei das Novizenquartett vor Aufregung darüber, eine Hochzeit in der Außenwelt besuchen zu dürfen, wie die Gänse schnatterte, verschwand ich mit den drei Kleidern hinter dem Ofenschirm und kam in einem frühlingsgrünen, golddurchwirkten Gewand wieder zum Vorschein. Heute hatte ich zwar keinen Spiegel zur Verfügung, aber ich wusste trotzdem, dass ich wie der personifizierte junge Frühling aussehen musste. Die Seide schmiegte sich kühl an meinen Körper, doch die Blicke der Novizen und Bruder Guidos, der allerdings
versuchte, sich seine Bewunderung nicht anmerken zu lassen, ließen das Blut heißer durch meine Adern rauschen.
Bruder Nikodemus umkreiste mich. »Sollten wir an ihrem Äußeren nicht etwas verändern?«, fragte er, als sei ich gar nicht anwesend. »Denn wenn das Bild öffentlich ausgestellt wird, ist allen Anwesenden sofort klar, dass sie die Flora in Fleisch und Blut vor sich haben, es sei denn, sie bedeckt ihr Haar.«
Bruder Guido betrachtete mich. »Es werden alle dort
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