Das Geheimnis Des Frühlings
mögen.
»Ferner«, fuhr Signore Cristoforo fort, »sollten wir das Feuer im Faro so schnell wie möglich löschen und auf den westlichen Klippen bei Pegli ein Signalfeuer entzünden. Wenn die Flotte sich daran orientiert, können wir sie in die Felsen locken, wo sie zerschellen wird.«
Der Doge zögerte keinen Moment. »Tut das.«
Signore Cristoforo und ich eilten zur Tür, während das Stadtoberhaupt Genuas nach seinen Generälen und seiner Rüstung rief. Während er wartete und sein Staat unter ihm
wegzubrechen drohte, schritt er vor seinem Diwan auf und ab. Die Tür schloss sich hinter uns, und ich hörte, wie er in die Samtkissen zurücksank. Ich öffnete die Tür erneut und schlich in den Raum zurück. Der Doge barg den Kopf in den Händen. »Warum straft Gott mich so?«, murmelte er.
»Nicht Gott«, sagte ich laut. Er sah gequält zu mir auf. »Die Schuld liegt bei anderen.« Ich streckte ihm eine Hand hin, denn er tat mir plötzlich leid; er wirkte so jung und verloren. Ich vermutete, dass er noch nie in den Kampf gezogen war - er war wohl zum Soldaten ausgebildet worden, verfügte aber über keinerlei praktische Erfahrung. »Überlasst den Befehl über Eure Armee Euren Generälen und kommt mit uns zum Faro. Ihr werdet dort in einer politischen Angelegenheit benötigt.« Ich wusste mit plötzlicher Gewissheit, wer dort wartete. »Dort ist jemand, mit dem ich Euch gern bekannt machen würde.«
5
Die Erleichterung, mit der Bruder Guido uns an der Palasttür in Empfang nahm, wurde nur noch von meiner eigenen übertroffen, denn sowie die Genueser über die Verschwörung im Bilde waren, konnte ein Pisaner in mailändischer Soldatenuniform auf einem Schlachtross ohne viel Federlesens als Feind hingerichtet werden. Nachdem ich dem Dogen Bruder Guido als Freund vorgestellt hatte, stellte der Doge keine Fragen mehr; ich glaube, er hatte schnell erkannt, dass auf beiden Seiten dieses Kampfes sehr seltsame Bündnisse geschlossen worden waren. Die Stallburschen des Dogen brachten sein Pferd, und ein weißes und ein schwarzes Schlachtross trugen uns zum Leuchtturm. Erst als wir die schmalen, schützenden Straßen hinter uns ließen, merkten wir, wie stark es regnete. Ich bedauerte die beiden Armeen, die sich durch die
schlammigen Berge quälen mussten, und dachte zum ersten Mal an meine Mutter - ob sie die kommende Nacht wohl überleben würde? Aber ich empfand kein Mitleid, das sparte ich mir für die Söhne der Mütter auf, die für ihre Familien, die Stadt, die sie liebten, oder einfach nur für ihr wöchentliches Auskommen kämpften. Alle hatten weit ehrenhaftere Motive als sie.
Jetzt war es vollkommen dunkel, nur die lanterna brannte hell oben im Faro und wies der feindlichen Flotte den Weg. Wir machten am Hafen Halt. Signore Cristoforo glitt vom Pferd und rief nach Signore Bartolomeo, Bruder Guido und ich stiegen gleichfalls ab. Um den prasselnden Regen zu übertönen schrie er mir ins Ohr: »Bring den Dogen in den Leuchtturm, dort ist er sicher. Er wird von der genuesischen Stadtmiliz bewacht, sie haben überall Posten aufgestellt. Signore Cristoforo sagt, in der ersten Ebene gibt es eine Kammer.«
»Und was ist mit mir?«
»Geh in die zweite Ebene hoch und lösche die Laterne. Es darf kein Fünkchen mehr brennen, Luciana, also tu dieses Letzte für unsere Sache, und versage nicht.«
Ich klammerte mich an seinen nassen Umhang. Sein Haar klebte in schwarzen Strähnen an seiner Stirn und bedeckte seine blauen Augen wie Gitterstäbe. »Wohin gehst du?«
»Ich reite zu den westlichen Klippen und entzünde dort ein Feuer«, schnarrte er. »Wir müssen bei Pegli ein Signalfeuer aus Ginster und Heidekraut entfachen, um die Schiffe umzulenken.« Er blickte gen Himmel. »Bei dem Regen wird es nicht ganz einfach, aber es muss gelingen.«
Ich krallte mich noch immer wie ein Äffchen an ihm fest. »Kann das nicht jemand anders übernehmen?«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf, sodass die Regentropfen flogen. »Signore Cristoforo zieht die Flotte zusammen, und der Doge muss hier drinnen bleiben, damit ihm nichts geschieht. Ich habe das schnellste Pferd der Stadt, und da ich nicht
schwimmen kann, muss ich meinen Teil der anfallenden Arbeit an Land verrichten.« Er sah mir fest in die Augen. »Aber du könntest für mich beten.«
Meine Tränen vermischten sich mit dem Regen, als ich spürte, dass er sich von mir verabschiedete.
»Ich dachte, du wärst fertig mit Gott«, würgte ich hervor.
»Ich mit ihm schon, aber
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