Das Geheimnis Des Frühlings
Eure Stadt und ihre Bewohner zu retten.«
»Und warum sollte Euch das Schicksal meiner Stadt am Herzen liegen?«
Eine gute Frage. Doch plötzlich fiel mir die Antwort darauf ein. »Weil ich jemanden kenne, der hier lebt. Signore Cristoforo, der eben noch vor Eurem Tor stand. Er hat mich in Venedig unterrichtet, im Haus meines Vaters.«
»Der Seefahrer?« Jetzt glomm Interesse in seinen Augen auf.
»Ja. Hat er Euch nicht erzählt, dass er vor kurzem in Venedig war?«
»O doch. Er hat ja vorher meine Erlaubnis für die Reise eingeholt. Ich habe ihm gesagt, er solle nur versuchen, dort Geld für seine verrückten Pläne aufzutreiben, da er meines nicht dafür bekommen würde.«
»Aha. Und Ihr wisst, dass er ein loyaler Mann ist?«
Der Doge lächelte kaum merklich. »Ja, das ist er wohl. Verrückt, aber loyal.«
»Dann fragt ihn«, drängte ich. »Er wartet unten!«
Der Doge seufzte. »Salvatore!«
Innerhalb weniger Momente stand Signore Cristoforo im Raum. Bei seinem Anblick setzte sich der Doge auf.
»Cristoforo. Ihr wart vor kurzem in Venedig?«
»Ja, Herr.«
»Und habt dort diese Dame kennengelernt?« Mir entging nicht, dass ich von der Hure zur Dame aufgestiegen war.
»Ja. Ich habe ihr die Grundbegriffe der Nautik beigebracht, während ich den Zehnerrat um Mittel für meine Expedition gebeten habe.«
»Schon gut, schon gut. Und Ihr wisst, wer sie wirklich ist?«
»Natürlich. Sie ist Luciana Mocenigo, die Tochter des Dogen und der Dogaressa von Venedig.«
»Ihr kennt ihre Geschichte von einem bevorstehenden Angriff?«
»Allerdings.«
»Und glaubt Ihr ihr? Antwortet wie ein guter, loyaler Genueser und denkt einen Moment lang an Eure Stadt, denn auf Verrat steht der Tod.«
Ich sah meinen Freund schlucken. »Ich glaube ihr, Herr.«
Der Doge strich über sein haarloses Kinn. »Nun gut.« Er rief seinen Wächter zu sich. »Salvatore, schließ die Stadttore und verdoppele die Wachen.« Er wandte sich wieder an uns. »Zufrieden?«
Signore Cristoforo und ich wechselten einen Blick. »Bei allem gebotenen Respekt... nein.«
Angesichts des unerwarteten Widerspruchs hob der Doge erneut die Brauen.
»Denn Il Moro bringt Belagerungsgeräte mit, wie die Welt sie noch nicht gesehen hat. Ein toskanischer Ingenieur hat sie für ihn konstruiert.«
»Ich verstehe«, lenkte der Doge ein. »Dann werde ich Folgendes tun: Ich schicke einen Kundschafter in die Berge, der Eure Behauptungen bestätigen soll. Ihr, meine Liebe«, er winkte lässig in meine Richtung, »werdet derweilen hier bei mir bleiben - sagen wir, nicht als meine Gefangene oder Geisel, das sind hässliche Worte, sondern als mein Gast, bis der Kundschafter zurückkehrt.«
Ich trat zu ihm und kniete mich neben seinen Diwan. »Signore Battista, genauso gut könntet Ihr mich zum Wasser hinunterschicken und mir befehlen, die Flut aufzuhalten. In der Zeit, die Euer Kundschafter für diesen Ritt benötigt, fallen die Sieben bereits über Euch her. Ihr habt nur dann eine Chance, wenn Ihr jeden verfügbaren Fußsoldaten und jeden Kavallerieritter in die Berge schickt - und zwar sofort.«
Signore Cristoforo sprang mir bei. »Wenn sie von unseren
Truppen dort gestellt werden, bringt ihnen ihre Überzahl keinerlei Vorteil. Am Torriglia-Pass müssten sie sich gewissermaßen durch einen Flaschenhals zwängen.«
Wieder strich sich der Doge übers Kinn. »Da wäre noch eine Kleinigkeit. Wenn ich all meine Soldaten von der Stadt abziehe, wer verteidigt uns dann gegen Angreifer vom Meer her?«
Signore Cristoforo und ich sahen uns erneut an. »Dazu kommen wir gerade.«
»Es kommt noch schlimmer?« Der arme Doge schnappte nach Luft wie ein an den Strand gespülter Kabeljau.
»Eine Flotte pisanischer und neapolitanischer Schiffe segelt auf Eure Küste zu und wird sie beim ersten Tageslicht erreichen. Befehligt wird sie von Don Ferrante, dem König von Neapel.«
Jetzt wurde der junge Mann leichenblass. »Dann sind wir verloren.«
»Nicht unbedingt, mein Herr. Just in diesem Moment alarmiert mein Bruder den Hafenmeister und die Stadtmiliz. Bis Tagesanbruch ist unsere Flotte bereit, und die Kanonen sind geladen. Sie rechnen damit, ungehindert in unseren Hafen einlaufen zu können, aber wir werden ihnen eine Überraschung bereiten.«
In den kleinen Augen des Dogen glomm ein kriegerischer Funke auf, was ich befriedigt zur Kenntnis nahm - dieser korpulente, so träge wirkende Mann hatte mehr Kampfgeist in sich, als man vermutet hätte. Ich fing an, ihn zu
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