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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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aufgefressen und nass bis auf die Haut war und überdies erbärmlich fror. Und ich hatte seit einer Woche keinen Mann mehr gehabt. Ach ja, und ich rannte um mein Leben.
    Als wir den Arno überquerten, zog sich Guido seine Kapuze tiefer in die Stirn, um sich sowohl vor dem strömenden Regen als auch vor meinem Genörgel zu schützen. Und bald fand er ein Gegenmittel - er antwortete nur unverbindlich auf meine ständigen Fragen.

    »Wohin gehen wir?«
    »Das werdet Ihr schon sehen.«
    »Wo ist denn dieser sagenhafte Turm? Dort drüben?« Ich deutete auf ein verfallenes Bauwerk am Fluss, an dessen Zinnen schmutzige Laken hingen, um im Regen gewaschen zu werden. Bruder Guidos blaue Augen blitzten auf, aber er überging die Beleidigung. »Ihr werdet schon sehen.«
    »Nun«, ich zeigte kein Erbarmen, »Pisa ist wirklich eine wunderschöne Stadt.« Meine Worte wurden durch den Anblick eines abgerissenen Kerls unterstrichen, der seine Hose herunterließ, den blanken Hintern über den Fluss hielt und drei Haufen hineinfallen ließ. »Wo sind denn jetzt all diese herrlichen Bauten?«
    »Ihr werdet schon sehen.«
    Es funktionierte. Mehr als diesen lakonischen Satz bekam ich aus meinem Mönchsfreund nicht heraus. Kurz darauf gelangten wir zu einer mächtigen Mauer, in die ein bogenförmiges Tor eingelassen war. Über dem Bogen prangte ein großer steinerner Schild mit dem Wappen der Medici - neun große Kugeln, die einen Ring bilden. Das Wappen verlieh mir das eigenartige Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Aber ich sollte gleich etwas sehen, was ich in Florenz noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Als wir unter dem Torbogen hindurchritten, sagte Bruder Guido nur ein einziges Wort.
    »Jetzt.«
    Und da sah ich es.
    Hinter dem Tor hörte der Regen so plötzlich auf, als hätten wir eine Grenze überschritten. Die Sonne schien, und ein prachtvoller Regenbogen erhob sich über dem schönsten Anblick, der sich mir in meinem kurzen Leben je geboten hatte.
    Madonna .
    Auf einer wie mit glitzernden Diamanten übersäten grünen Wiese erhob sich eine Dreieinigkeit der beeindruckendsten Bauwerke, die ich je gesehen hatte. Mit vor Staunen geweiteten
Augen glitt ich von meinem Pferd. Im hellen Sonnenlicht glich die weiße Kathedrale einer schimmernden, marmornen Schatulle und die Taufkapelle einem perfekten runden Juwel von einem mit einem filigranen Diadem gekrönten Gebäude. Und dann das Fantastischste von allem, der Kampanile, der sich in einem unglaublichen Winkel zur Seite neigte. Lage um Lage schneeweißer Galerien und Arkaden schraubten sich gen Himmel. Das Bauwerk war ein Wunder an Ausbalancierung und Schönheit, und als ich vernahm, wie Bruder Guido mir selbstgefällig zuraunte, dieser Ort werde Campo dei Miracoli genannt - das Feld der Wunder - konnte ich nur schwach zustimmend nicken. Alles wies gewaltige Ausmaße aus, als wäre ein Volk von Riesen in diesen grünen Garten gekommen, um dort seine Bauwerke zu errichten.
    »Überwältigend, nicht wahr?«, schwärmte Bruder Guido, was ich als Untertreibung empfand. »Und dahinter«, er deutete auf eine lange Mauer, »befindet sich der Camposanto, der Friedhof, sowie ein Kloster, das gleichfalls viele Wunder birgt. Die Erde für das Fundament wurde von Golgatha hierhergeschafft, den ganzen Weg vom Heiligen Land hierher nach Pisa.« Ich brachte noch immer keinen Ton heraus, während wir zwischen den mächtigen Gebäuden umherschritten, doch ich spürte, dass er mir mein ungebührliches Betragen verziehen hatte. »Nun, Luciana«, bestätigte er auch prompt, »Eure offenkundige ehrfürchtige Bewunderung gleicht Euren vorherigen Spott in gewisser Weise wieder aus. Hier liegt der wahre Ruhm dieser Stadt begründet. Es heißt, dieses Feld würde unsere Reise zu Gott perfekt symbolisieren. Man sagt«, fuhr mein Freund voller Begeisterung fort, »dass wir im Baptisterium in die Glaubensgemeinschaft aufgenommen werden, dies in der Kathedrale feiern, am Ende unseres Lebens auf dem Camposanto auf unsere Auferstehung warten und endlich über den Turm«, er wies in die Höhe, »in das himmlische Reich gelangen.«
    Ich gönnte Bruder Guido seinen Triumph und vergab ihm
sogar seine wortreiche Erklärung, denn dieser Ort und vor allem der Turm waren wirklich einzigartige Wunder. Der Mönch fasste meine Gedanken sofort in Worte. »Ich finde, der Turm gewinnt durch seine Schieflage noch an Schönheit, statt etwas davon einzubüßen. Und wie Ihr sicher aufgrund der Umrisse und des Neigungswinkels bemerkt

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