Das Geheimnis des goldenen Salamanders (German Edition)
missmutig mit ihm und Alyss im Gefolge durch die Ladentür, an dem kleinen Mädchen vorbei, das den Indianer wie versteinert anstarrte.
Sie waren in einer Rumpelkammer gelandet. Truhen, Schränke, aufgestapelte Stühle, Holzschatullen, Leuchter, ein ausgestopfter Falke, Gemälde, Kleider ... Doch das Wunderlichste waren die Wände. Dort hingen Hunderte von Spiegeln, die alle Gegenstände im Raum noch vervielfältigten und ihn optisch bis ins Unendliche vergrößerten. Da konnte man unzählige Sassas sehen und scharenweise Jungs mit einer Kappe, kurzen Locken und schmutzigem Gesicht, die Alyss flüchtig an sie selbst erinnerten. Die Frau, zu der Jack wollte, war nirgends zu sehen.
Im nächsten Augenblick kam eine Gruppe von Jungen die Stufen aus dem oberen Stockwerk herabgepoltert, die Jack alle erst freudig begrüßten, sich jedoch eiligst davonmachten, sobald sie den Indianer sahen.
»Schau an, schau an. Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt«, meinte ein Junge mit kurzen Haarstoppeln, der als Letzter die Stiegen herabgesprungen war. »Dann hat dich der Wilde also doch nicht aufgefressen.« Er boxte Jack freundschaftlich in die Rippen. Plötzlich stutzte er. »Sag bloß, du hast den Menschenfresser hierher gebracht. Ist der Riese etwa auch hier?«
Jack blieb stumm.
»Hast du ’nen Knall? Was, wenn die uns verpfeifen?«
»Wenn wer uns verpfeift?« Aus dem hinteren Teil des Ladens war ein Mann getreten, eine Pfeife im Mundwinkel. Auf seiner Schulter bewegte sich etwas. Erst konnte Alyss nicht erkennen, was es war, doch dann sah sie, dass es sich um einen kleinen Affen handelte.
»Ich muss los«, meinte der Junge mit den kurzen Haarstoppeln und schlüpfte rasch aus dem Laden.
»Jack Taylor.« Die strenge Stimme des Mannes war hell und klar. »Wie kommst du auf die Idee, ’nen Wilden hier vorbeizubringen.« Alyss sah, wie er seine Hand zum Gürtel führte, wo ein Dolch baumelte.
»Ich hab keine andere Wahl gehabt. Wollte ihn abhängen, doch der klebt an mir wie ’ne Klette«, verteidigte sich der Junge, ohne den Mann direkt anzusehen. »Moll, ich brauch unbedingt ’ne Ware zurück, die ich dir gestern geliefert hab.«
Moll? Hatte dieser Jack den Mann tatsächlich als Moll angesprochen. Das Mädchen vor dem Laden hatte auch von einer Sie gesprochen. Konnte es sein, dass es sich hier gar nicht um einen Mann, sondern um eine Frau handelte? Eine Frau in Männerkleidern? Der Affe auf Molls Schulter schnatterte laut, als ob er sich an der Unterhaltung beteiligen wollte, dann sprang er mit einem Satz auf Jacks Kopf und zerrte an seinen roten Haaren.
»Lass das sein, Orlando«, wies der Junge ihn zurecht, doch das Tier fuhr fort, an seinen Haaren zu zupfen. Ungeduldig packte Jack den Affen und setzte ihn sich auf die Schulter. Dort schnatterte er weiter, während er die fremden Besucher nicht aus den Augen ließ.
»Ware?«, fragte Moll. »Welche Ware? Du willst doch nicht behaupten, dass ich hier mit gestohlenem Zeug handle.«
Der Junge blickte verunsichert von Moll zu Sassa. »Natürlich nicht, aber der Wilde und dieser Junge hier bestehen drauf. Sie wollen den goldenen Salamander zurück oder sie holen die Bullen.«
»Keinen blassen Schimmer, von was du sprichst.« Die Frau in Männerkleidern stellte sich weiterhin dumm. »Da kann ich leider nicht helfen. Wenn das alles ist. Ich bin sehr beschäftigt. Komm, Orlando.« Der Affe hüpfte folgsam auf ihre Schulter zurück. »Guten Tag, meine Herrschaften.« Sie verbeugte sich und begann auf den hinteren Teil des Ladens zuzugehen.
»Halt«, durchschnitt Sassas scharfe Stimme den Raum, sodass selbst die Frau sich auf der Stelle umdrehte. »Rückt den Salamander raus. Oder weiß die Wache etwa, welche Sachen Ihr hier verkauft?«
»Hat mir dieser Wilde etwa gedroht?« Sie blickte Jack fragend an. »Was bildet der sich ein. Kommt aus dem Ausland und denkt, er kann gute Bürger einschüchtern.« Sie schob ihren Gürtel über dem Bauch zurecht und strich mit der Hand über den Griff des Dolchs.
Alyss bemerkte, dass die beiden Mädchen in der Tür zum Laden aufgetaucht waren, um von dort zu beobachten, was vor sich ging.
»An Eurer Stelle würde ich tun, was er sagt«, mischte sich Alyss ein. Mit Sassa neben sich fühlte sie sich stark. »Glaubt mir, Ihr braucht Euch weniger vor der Wache zu fürchten als vor meinem Gefährten. Er ist nämlich ein gefährlicher Menschenfresser. Sein bester Freund ist noch dazu ein Riese, der stärkste Mann der Welt. Mit den beiden
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