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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hereld
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erreichten, war ich das ganze Elend leid und
ich legte mich zum Sterben an den Wegesrand. Da ich mich an der Spitze des
Zuges befand, zogen alle Weggefährten an mir vorüber. Obgleich zu Tode
erschöpft, wollte der letzte Lebensfunke nicht schwinden und so begann ich, aus
welcher Laune auch immer, die Kameraden zu zählen, die mein selbsterwähltes
Sterbelager passierten. Damit ich nicht fehlte, zog ich mit einem weißen Kiesel
Linien auf dem Fels – einen Strich für hundert von uns. Aus dem Abend wurde
Nacht, bis schließlich der letzte der Nachzügler an mir vorüberschlich. Keiner
hätte einen anderen Weg nehmen können, alle mussten an mir vorbei, dennoch
zählte ich zum Schluss nur siebzig Striche …«
    Es sträubten sich mir die Haare,
ich konnte einfach nicht glauben, was Eckhardt gerade gesagt hatte, zu
unfassbar war die Konsequenz. Lautstark wollte ich protestieren und meinen
Unglauben äußern, doch die Stimme versagte mir den Dienst. Der Mönch erkannte
meine Not und ergriff wieder das Wort.
    »Ich weiß, Robert, mir erging es
ebenso wie dir, und glaube mir, ich hätte mein Leben gegeben für nur einen
weiteren Strich, doch die grausame Wahrheit ist, dass von unserem mächtigen
Heer, von Nikolaus stolz mit zwanzigtausend Kriegern Gottes angegeben, gerade
einmal ein ausgemergeltes Häuflein von Siebentausend den Weg über die Alpen
gemeistert hat. Der Rest, zwei von dreien also, hat hier«, er deutete auf das
gewaltige Bergmassiv hinter uns, »sein Leben gelassen, und das waren gewiss
nicht nur kleine Kinder, wie du dir sicherlich selbst auszurechnen vermagst.«
    In Anbetracht dessen, was der
Mönch berichtete, wurde mir mein Herz umso leichter bei dem Gedanken, dass
Augusta bereits vor dem mörderischen Aufstieg den Heimweg angetreten hatte.
Obwohl ich zu Recht befürchtete, es rasch zu bereuen, stellte ich Eckhardt jene
Frage, die mich schon seit so vielen Tagen beschäftigte und mir inzwischen fast
den Verstand raubte …«
    Wieder rutschte Osman unruhig auf
seinem Schemel auf und ab. Musste denn Robert, dieser törichte Einfaltspinsel,
in seiner arglosen Redseligkeit mit einem Schlage wieder sämtliches Vertrauen
zunichte machen, welches der Mönch ihnen inzwischen entgegenbrachte! Immerhin,
so dachte er weiter, saßen sie hier nach wie vor zu Gericht wegen des Vorwurfs
der Ketzerei, und da wurde in diesem wie auch in seinem Lande nicht viel
Federlesens mit den Beklagten betrieben. Während Robert stockte, versuchte
Osman, seinem Freund Zeichen zu geben, doch fanden seine Signale in Albert den
falschen Empfänger. Amüsiert beobachtete er die vergeblichen Versuche des
Orientalen, seinem Weggefährten Einhalt zu gebieten und als Osman schließlich,
die lauernden Blicke des Mönches spürend, unwillkürlich zusammenzuckte, musste
Albert sich mächtig zusammenreißen, um nicht laut loszuprusten.
    »Ach, lieber Osman, womit habe ich
denn nur Euren Argwohn verdient?«, sagte er mit betont vorwurfsvoller Miene und
schüttelte sein Haupt.
    »Setzt in mich nur halb so viel
Vertrauen wie ich in Euch, so werdet Ihr Euch sicher und frei von bösen
Verdächtigungen fühlen. Und um auf Roberts Frage an den Benediktiner
zurückzukommen, so seid beide vergewissert, dass selbst der Frömmste zuweilen
an Gottes Willen seine Zweifel hegt, doch sind es nicht eben diese Zweifel, die
uns im Glauben bestärken werden?«
    »Nun, lieber Herr Mönch«,
erwiderte Osman, und es war spürbar, wie sich seine Anspannung löste, »ich lebe
noch nicht lange genug in Eurer Welt, um alles hier recht einschätzen zu
können, in meiner jedenfalls reicht schon ein Hadern und Zaudern, um arg in
Bedrängnis zu geraten. Und ein Zweifeln an …«, er stockte, selbst das
Aussprechen des Unaussprechbaren schien ihm schwer zu fallen, »… ein Zweifel an
der Existenz Allahs, geäußert in Anwesenheit eines seiner Diener, solch eine
Rede würde mit dem Tode bestraft, so sicher wie die Nacht dem Tage folgt.«
    »Auch hierzulande sollte sehr wohl
überlegt sein, was man zu wem bei welcher Gelegenheit sagt, vor allen Dingen,
wenn es sich um Gott oder Grafen handelt. So also lasst Euch von meiner
Nachsicht nicht allzu sehr verleiten, ohne Bedacht zu reden, guter Freund! Doch
nun wieder zu Euch, Robert. Erzählt bitte weiter. Die Sonne steht schon bald
auf ihrem höchsten Punkt, aber Eure Reise scheint noch lange nicht beendet zu
sein.«
    »Da habt Ihr sehr wohl recht,
Bruder Albert, doch will ich mich kurz fassen, da nun nicht mehr viel
Bewegendes

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