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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hereld
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ihr Leben nicht nur für eine
verrückte Idee hergaben, und fast war ich wieder beseelt vom Glauben früherer
Tage, da ging Nikolaus in Armeslänge an mir vorbei und mit einem Schlage
erkannte ich, dass unsere Mission gescheitert war. Kreidebleich war er, fiebrig
und zittrig zugleich, doch all das beunruhigte mich nicht so sehr wie sein
Blick. Seine Augen waren es, aus denen sämtliche Zuversicht gewichen war. Als
er mich sah, blieb er kurz stehen und sprach zu mir:
    »Sie haben mich nur benutzt, und
nun sind sie fort!«
    Und tatsächlich, zum ersten Mal
seit Cölln war er allein, keiner aus seinem winselnden Gefolge schlich ihm um
die Füße, niemand, der ihn wie sonst hofierte oder zuflüsterte, was zu tun oder
zu sagen sei. In diesem Moment sah ich den einsamsten Menschen, den es auf
dieser Welt geben konnte.
    Und der Gang, der diesem armen,
einsamen, betrogenen Menschen bevorstand, dieser Gang, er war schwer.
Unerträglich, unfassbar, unendlich schwer, viel zu schwer erst recht für einen
Vierzehnjährigen, denn er musste ihnen, den noch übrig gebliebenen
siebentausend Jungen und Mädchen, Männern und Frauen, den hundert Schwestern
verunglückter Brüder und den tausend Brüdern verhungerter Schwestern, ihnen
allen musste er sagen, dass alles vergebens war, dass nie eine Hoffnung
bestand, dass er sich geirrt hatte. Er musste ihnen sagen, dass sie sich wieder
auf den Heimweg machen sollten, nun, da sie soeben noch um Haaresbreite dem
Tode entronnen waren.
    Sie würden ihn in der Luft
zerfetzen!
    Vielleicht sollte er sich einfach
davonstehlen, so wie seine Berater es taten. Ich rief ihm etwas zu, wollte ihn
aufhalten, doch Nikolaus erklomm bereits eine Felsklippe, die den Strand
zerteilte, so wie er das Meer zu teilen gedachte, damals.
    Die Klippe ragte sechzig,
vielleicht achtzig Fuß ins Meer hinein und war ungefähr mannshoch. Er ging bis
an ihr Ende, schaute eine Weile ins Wasser hinaus, dann drehte er sich langsam
um. Die Menge, von der bislang nur ein leises Grummeln zu vernehmen war, begann
nun laut seinen Namen zu rufen, zuerst wild durcheinander und kaum vernehmlich,
doch bald schon rhythmisch und wie aus einem Munde, sodass schließlich die Erde
erbebte unter dem Klang eines Namens, gerufen aus zigtausend Kehlen.
    Seine Augen begannen zu glänzen
und wieder zeichnete sich in Nikolaus’ Gesicht jenes glückselige Lächeln ab.
    Ein letztes Mal war er der
Messias, der Heilsbringer, der Gesandte des Allmächtigen, und ganz offenbar
schien er seine Rolle zu genießen. Doch wie sollte es weitergehen, denn die
Stunde der Wahrheit war gekommen, keine Ausflüchte und kein Gerede mehr, nun
mussten Taten, besser noch, Wunder folgen.
    »Sie haben mich nur benutzt,
und nun sind sie fort! «

    Wer hatte ihn benutzt und warum?
    Liebend gern hätte ich ihn
gefragt, doch nur einen Steinwurf entfernt, war er mir ferner als je zuvor.
    Der ohrenbetäubende Lärm
allüberall ließ mich rätseln, wie zum Himmel er sich denn Gehör verschaffen
wolle. Als ob Nikolaus meine Gedanken gelesen hätte, hob er seine Arme, und wie
seinerzeit in der Kathedrale zu Cölln verstummte die Menge umgehend. Die Stille
war mir unheimlich und nur ein Pfeifen in meinen Ohren zeugte davon, dass
soeben noch ein Krach geherrscht hatte, der dem Grollen und Tosen des übelsten
Gewitters gleichkam.
    »Lasst uns gemeinsam das
Vaterunser beten!«
    Und alle taten, wie Nikolaus ihnen
geheißen.
    »Vater unser, der du bist im
Himmel …«
    Gleichzeitig, aus siebentausend
Kehlen, erschallte nun das Gebet, welches bereits Jesu gemeinsam mit seinen
Jüngern gesprochen hatte. Meine Haut begann sich zu regen, ich fühlte, wie
tausend winzigkleine Ameisen mir die Arme und den Rücken hinabkrabbelten, wie
sich jedes einzelne Körperhaar aufrichtete und mich ein wohliger Schauer
erfasste.
    Ein überwältigendes, berauschendes
Gefühl war es, Teil dieser beseelten Gemeinschaft zu sein, und Hoffnung
erfüllte mich, dass Gott uns erhöre und alles gut und recht werde.
    »… Dein Wille geschehe …«
    Ja, lieber Gott, so bat ich
inbrünstig, während ich betete, lass deinen Willen geschehen, öffne die
Schleusen des Meeres und lasse uns hinüberwaten trockenen Fußes ins Gelobte
Land. Mögen auch einige Lumpen Nikolaus missbraucht haben, so ändert dies
nichts an der Sache selbst – es ändert nichts daran, dass Abertausende reiner
Seelen größte Gefahren und übelste Strapazen auf sich genommen haben, um deinen
Namen in der Ferne zu preisen.
    »… Und führe

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