Das Geheimnis des Goldmachers
Königen und Herrschern gefordert hatten, all das
musste doch Spuren hinterlassen und den Hass auch fern der Schlachtfelder
schüren. Umso mehr dankte ich in diesem Moment meinem Schicksal, welches mich
im rechten Augenblick mit Robert zusammenführte, sodass ich nicht allein,
sondern mit einem guten Freund, der obendrein in der anderen, mir fremden Welt
geboren und aufgewachsen war, mein neues Leben beginnen sollte.
Die See war uns gewogen und wir
kamen unserem Ziel, dem Hafen der freien Hansestadt Bremen, rasch näher. Etwas
zu rasch nach meinem Dafürhalten, denn aller Beruhigungsversuche Roberts zum
Trotz blieb mir nach wie vor ein mulmiges Gefühl. Schon bald hatten wir das
sanfte, gutmütige Mittelmeer hinter uns gelassen und passierten Gibraltar, dann
segelten wir auf den weitaus stürmischeren Wogen des Atlantiks die Küste
Iberiens entlang. Von Tag zu Tag wurde nicht nur die See rauer, sondern auch
Wind und Wetter. Die ersten Stürme peitschten übers Deck und stülpten mir das
Innerste nach außen. Sollte ich augenblicklich sterben müssen, so wäre mir der
Tod herzlich willkommen, dachte ich damals zitternd über die Bordwand gebeugt,
und versuchte auszuspucken, wo schon lange nichts mehr auszuspucken übrig
geblieben war. Und ganz gewiss konnte es in diesen Tagen tiefster Verzweiflung
keine Hilfe sein, die gesamte Mannschaft einschließlich Robert genüsslich
schmatzend essen zu sehen. Einmal hob dieser Halunke sogar eine fette
Hammelkeule wie zum Gruße, oder sollte es gar eine Einladung zu Tisch gewesen sein?
– und während ich mich daraufhin wieder achtern über Bord senkte, bereute ich
zutiefst meine Spötteleien, als Robert und ich erstmals einen längeren
Kamelausritt unternahmen und es ihm dabei ebenso erging wie mir an Bord der
sturmgeschüttelten Athena. Mag er heuer auch noch so scheinheilig schauen, so
gelobe ich bei Allah, genau diese Erinnerungen gingen dem sadistischen Gauner
durch den Kopf, als ich mir die Seele aus dem Leib spuckte und er sich noch
lustig darüber machte. Oder stimmt’s etwa nicht?«
Robert verzog nur den Mund, mehr
ließ er sich nicht entlocken.
»Keine Antwort ist auch eine«,
fuhr Osman fort, doch so entrüstet auch die Worte waren, die er von sich gab,
so entlarvend amüsiert war sein Mienenspiel: Richtig böse konnte er Robert
offensichtlich nicht mehr sein.
»Sei’s drum, helfen konnte mir eh
keiner, warum also nicht Schabernack mit mir treiben, während ich dahinsieche,
wenn nicht gar sterbe.
Irgendwann hatte auch ich mich an
die Schaukelei gewöhnt und nach drei oder vier Tagen strikter Askese nahm ich
wieder mit Bedacht Nahrung zu mir, anfangs nur trockenes Gebäck, doch für
meinen leeren Magen war selbst ein harter Kanten Brot ein Hochgenuss.
Wieder bei Kräften, war ich
endlich in der Lage, mit Robert unser weiteres Vorgehen zu besprechen. In
Bremen angekommen, darin waren wir uns beide einig, hieß es für uns, rasch von
der Athena und ihrer Besatzung Abschied zu nehmen, denn zum einen war, so
sicher wie die Sonne dem Mond folgt, ein Trupp Leibwächter hinter uns her, wir
sollten also nach dem Anlegen so rasch wie möglich das Weite suchen. Zum
anderen stand zu befürchten, dass die immer noch nicht restlos ausgeräumten
Zweifel des Kapitäns ihn veranlassen könnten, sich das Pergament mit der
angeblichen Order von einem Schreiberling in Bremen vorlesen zu lassen. Und
wenn ich auch liebend gern sein Gesicht gesehen hätte in dem Moment, da man ihm
an Stelle eines eindeutigen Befehls ein deutsches Kinderlied vortrug, so zog
ich es doch vor, meilenweit entfernt zu sein, wenn der Schwindel entlarvt wurde.
Doch wohin sollte uns die weitere
Reise führen?
Nun, auch hier kamen Robert und
ich schnell überein, dass wir im Lande bleiben wollten, denn schließlich war
Deutsch die einzige auf diesem Kontinent gebräuchliche Sprache, die wir beide
beherrschten. Eine Stadt schließlich war ebenso rasch gefunden – Cölln sollte
es sein, und Cölln ist nach wie vor unsere Bestimmung. So erhofft sich Robert,
seine Augusta ausfindig zu machen. Außerdem will er seinen Schwur einlösen und
den Vater der armen Luisa, sollte er denn noch auf Erden weilen, über den Tod
seiner Tochter unterrichten – mag diese Nachricht auch alte Wunden aufreißen,
ich kann es ihm einfach nicht ausreden. Ich selbst verspreche mir ebenso
einiges von dieser Stadt. So drang es selbst in der fernen Heimat an mein Ohr,
dass Cölln der Nabel Eurer Welt sei, die Stätte der Künste und
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