Das Geheimnis des Goldmachers
entspannte sich jedoch rasch wieder, schließlich musste er einen
klaren Kopf behalten, wollte er sich seiner Aufgabe als würdig erweisen.
»Der Leutnant hat mich beauftragt,
mit vier Mann hier Posten zu beziehen, so bin also ich der Kommandierende!«,
schlussfolgerte Hanns, um gleich darauf versöhnlich fortzufahren. »So, und nun
zieh endlich die Rüstung aus und folge mir, Gustav!«
»Nichts werd ich tun! Außerdem
kann ich eh nicht schwimmen!«
Nun war es um Hanns’ Geduld
geschehen. Seinem Lachen fehlte jeglicher Humor, als er zynisch antwortete:
»Aber lieber Gustav, ich entsinne mich noch, als wäre es gestern, wie du dich
als prächtiger Schwimmer rühmtest!«
»Das war gelogen!«, antwortete
Gustav ohne jede Reue.
»Aha, das war also gelogen«,
erwiderte Hanns laut genug, dass wirklich jeder es deutlich hören konnte. »Doch
woher soll ich wissen, dass du nicht gerade jetzt gelogen hast? Wer kann schon
erkennen, wann ein Lügner lügt und wann er wider seiner Natur die Wahrheit
spricht?«
»Du Bastard einer räudigen …«
Hanns’ Armbrust, direkt auf
Gustavs Herz gerichtet, ließ dem Plattnerssohn das Wort im Mund gefrieren.
»Noch ein Mucks, und ich werde die
Arbeit deines Vaters auf die Probe stellen. Da bereits überall in der Stadt
gemunkelt wird, der Harnisch aus seiner Werkstatt tauge nichts, würde ich’s an
deiner Stelle nicht auf einen Versuch ankommen lassen!«
Gustav verharrte auf der Stelle,
unschlüssig, was nun zu tun sei.
»Zieh endlich den verdammten
Panzer aus und folge uns oder bleib meinetwegen mit Karl hier und bewache
unsere Waffen, doch halt uns verdammt noch mal nicht weiter auf mit deinem
feigen Geschwätz!«, brüllte Hanns seinem Widersacher den letzten Satz entgegen,
wandte ihm dann den Rücken zu und entledigte sich seiner schweren Schuhe.
*
Robert traute seinen
Augen nicht. Eben noch pfiff um Haaresbreite ein Armbrustbolzen an seinem eh
schon arg lädierten rechten Ohr vorbei und nun machten sie sich gar daran, den
Fluss zu durchschwimmen – wie zum Teufel konnten sie sich nur so sicher sein?
Robert hätte schwören können, dass er und Osman bereits lange in ihrem Versteck
lagen, als die Wachen in Sichtweite kamen.
Wie auch immer, sie mussten rasch
das Weite suchen. Es schwammen zwar nur drei der fünf zu ihnen hinüber und
diese drei hatten obendrein ihre Panzer abgelegt, doch zum einen führten sie
noch ihre Armbruste mit sich und zum anderen wäre es natürlich von Vorteil,
wenn man ihn und Osman ertrunken im Kanal wähnte – was freilich nur
funktionierte, solange sie unentdeckt blieben.
»Osman, öffne deine Augen, wir
müssen weiter!«, flüsterte er seinem regungslosen Freund ins Ohr.
Leises Stöhnen, genauer gesagt,
ein Mitleid erregendes Wimmern kam zur Antwort, darüber hinaus gab Osman
keinerlei Lebenszeichen von sich.
»Nun gut, mein Freund«, flüsterte
ihm Robert wieder ins Ohr, in der vagen Hoffnung, irgendwo würden seine Worte
in Osmans benommenem Geist Gehör finden, »dann trag ich dich eben. Bleib still,
bis wir in Sicherheit sind!«
Und während Hanns und
zwei seiner Männer die ersten zaghaften Schritte ins morastige Wasser wagten,
nackt bis aufs Hemd und die Armbrust hoch über den Kopf gehalten, damit die
Sehne nicht feucht würde und zerrisse, packte Robert seinen Gefährten und zog
ihn leise weg von der nahenden Gefahr, sorgsam darauf bedacht, möglichst
unsichtbar zu bleiben.
Nach hundert Schritten
erreichten sie eine dicht bewachsene Waldzunge, die sich zwischen der
Befestigungsanlage der Neustadt und dem Godehardihügel erstreckte. Hier erst
wagte Robert, sich vollends aufzurichten. Als er den immer noch bewusstlosen
Osman über seine linke Schulter legte, so wie eine Waschfrau das nasse Bettzeug
nach dem Ausschwemmen, musste er leise aufstöhnen. Sein Rücken schmerzte, ganz
zu schweigen von den Rippen, die ihm seit den Huftritten am Peterstor böse
zusetzten. Er wollte es zwar nicht wahrhaben, aber selbst einen Mann wie ihn
verließen irgendwann einmal die Kräfte. Erneut flimmerten schwarze Punkte vor
seinen Augen und die Hände fühlten sich taub an. So weit es eben ging,
schleppte er sich und seinen Freund noch tiefer in den Wald hinein, dann sank
er völlig entkräftet auf die Knie.
Durch den Ruck wach geworden,
öffnete Osman seine Augen und spuckte umgehend den letzten Rest Kanalwasser
aus. Zuerst offenbar erstaunt, überhaupt noch am Leben zu sein, bedankte er
sich brav bei Robert für seine Rettung, um
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