Das Geheimnis des Goldmachers
halt und
berichtet dem Prior rasch die frohe Kunde!«, drängte Albert seinen Bewacher zu
gehen, woraufhin dieser schlagartig wieder misstrauisch wurde.
»Ich werde den Raum
nicht verlassen, der Prior hat’s so befohlen, wie Ihr wisst!«
»Aber hat Bruder Georg nicht auch
angeordnet, sofort unterrichtet zu werden, sobald ich meine Aufgabe gelöst
habe?«, hakte Albert nach.
Man konnte förmlich sehen, wie es
in Bertrams drögem Geist rumorte und Albert machte sich bereits Hoffnungen, ihn
doch noch loszuwerden, aber dann erwiderte sein Bewacher mit einer Stimme, die
keine weiteren Erörterungen mehr duldete: »Ich bleibe hier! Zum nächsten
Glockenschlag wird mich Peter ablösen, bis dahin muss der Prior eben warten.
Und jetzt Schluss!«
Albert war verzweifelt. Wie sollte
er Robert und Osman auf sich aufmerksam machen? Er konnte schließlich nicht am
Fenster winken, geschweige denn rufen, solange Bertram im Zimmer war. Da
brachte ihn das kürzlich gelesene ›Liber Ignium ‹ des Marcus Graecus auf
eine verrückte und noch dazu überaus gefährliche Idee.
»Nun gut, dann lass uns gleich
beginnen, etwas Gold anzufertigen! Reich mir den Mörser und die Schale mit dem
Schwefel, ich hole mir derweil das Salpetersalz und die Holzkohle herbei.«
Bertram nahm den Mörser in die
eine Hand, dann starrte er den Mönch fragend an.
»Aber sicher, wie konnte ich
nur!«, sagte Albert und zeigte auf das Regal neben der Tür, »ich meine die
gelbe Substanz in der Schale dort hinten!«
Bertram tat wie ihm geheißen und
schon mixte Albert das Pulver an. Nun hieß es, sich der Anteile zu entsinnen,
dachte er insgeheim, sonst wäre alles vergebens. Und viel musste er anrühren,
damit Graecus’ Mixtur die erwünschte Wirkung entfalten könne, denn für eine
starke Verdichtung, die den Stoff auch in geringeren Mengen ähnlich verheerend
reagieren ließe, fehlte ihm schlichtweg die Zeit.
Es war so weit.
Jetzt musste das Gemisch nur noch
entzündet werden.
Skeptisch schaute Bertram auf das
schwarzgraue Pulver, das so gar nicht an Gold erinnerte, als Albert, nachdem er
ein kurzes Stoßgebet abgegeben hatte, einen hell lodernden Buchenspan in die
große Schale warf.
Mit einem ohrenbetäubenden Donnern
und blendenden Blitzen brach die Hölle über sie herein und führte Albert nur zu
deutlich vor Augen, warum das ›Liber Ignium‹ des Marcus Graecus übersetzt ›Das
Buch des Feuers‹ hieß.
Ein Reißen und Ziehen überall am
Körper, Feuer schlug ihm entgegen und eine abgetrennte Hand flog in sein
Gesicht. Himmelherrgott, flehte Albert, lass es die von Bertram sein, dann
wurde ihm schwarz vor Augen.
*
Auch im Alten Dorf,
dort also, wo die Männer der Stadtwache nach wie vor die längst entwichenen
Flüchtigen suchten, war das ferne Donnern deutlich zu hören, allerdings konnte
sich niemand, weder die Bauern noch die Soldaten, einen Reim auf das Getöse
machen. So schauten sie alle irritiert nach oben und vermuteten dort ein
Gewitter nahen, obwohl die Sonne schien und der tiefblaue Himmel keinerlei
Wolken zeigte.
*
Robert und Osman
schauten ebenfalls nach oben, jedoch nicht geradewegs in den Himmel, sondern
hinauf zum mannsgroßen, qualmenden Loch im Ostflügel des St. Pauls, wo einen
Atemzug zuvor noch die grobe Klostermauer ins Dach überging.
»Himmel, Arsch – was zum Teufel
war das?«, fragte Robert verstört.
»Ich denke, Albert wollte uns ein
Zeichen geben!«
Robert starrte Osman fragend an,
wortlos eine Erklärung einfordernd.
»Ich meine, dass Albert in seiner
Verzweiflung mit einem Blitz aus Schwarzpulver auf sich aufmerksam machen
wollte, immerhin ist er Alchemist!«
»Was redest du da für einen Unfug
von einem schwarzen Pulver, aus dem man Blitze macht?« Genauso gut hätte Osman
mit seinem Freund in einer fremden Sprache sprechen können, denn nach wie vor
war Robert meilenweit davon entfernt, auch nur zu erahnen, was soeben direkt
vor seinen Augen geschehen war.
»Griechisches Feuer«, wagte Osman
einen weiteren Versuch, »das ist dir sicher ein Begriff, nicht wahr?«
Langsam klarte Roberts Miene auf.
»Das war Griechisches Feuer?«
»Etwas in der Art«, antwortete
Osman geduldig. »Doch nun verberge dich gut, es kommt Leben in Mattias’
Gemüsegarten.«
Von allen Seiten kamen sie
angerannt, die Mönche und Novizen, um nachzuschauen, was sich in ihrem Kloster
zugetragen hatte. Und die meisten von ihnen bekreuzigten sich angesichts des
schwarzen Lochs im Dachgeschoss, glaubten
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