Das Geheimnis des Goldmachers
noch?«
»Was meinst du?« Robert brauchte
einen Moment, um wieder in die Wirklichkeit zu gelangen. »Ach, die Rippe – nun,
es scheint mir fast, als ob der Schmerz ein wenig nachließe. Vielleicht ist sie
doch nicht gebrochen«, log er seinen Freund an und betastete behutsam die
bewusste Stelle.
»Das wäre nicht übel, denn ich
will dir zwar gern helfen, wenn es zu einer Rauferei kommen sollte, doch du
weißt, mir liegt eher die Kopfarbeit, wohingegen deine Stärken …«
»Ich weiß, ich weiß, du
brauchst nichts weiter zu sagen, du wirst doch eh nicht müde, es mir ständig
unter die Nase zu reiben«, unterbrach ihn Robert grinsend.
»Gut, dass du es ebenso
siehst!«, erwiderte Osman, Roberts ironischen Ton ignorierend, »doch lass dir
noch eines gesagt sein, bevor wir den Halunken im Kampf gegenüberstehen. Du
weißt, ich habe ihre gemeinen Visagen gesehen in der Nacht, als sie uns
überfielen. Diese Halsabschneider würden keinen Moment zögern, uns zu
massakrieren, wenn es ihnen in den Kram passt. So schere dich also nicht um
ihre Unversehrtheit, wenn du sie schlägst – wie du es so zaghaft bei den
Stadtwachen getan hast –, sondern lange kräftig zu, denn eines ist gewiss:
Schlägst du nicht zuerst ihnen die Schädel ein, so werden sie es ganz sicher
mit den unseren tun!«
Robert nickte grimmig.
Er war bereit, wenn nötig das erste Mal in seinem Leben einen Menschen zu
töten, um ihrer beider und Alberts willen.
So gingen sie weiter,
jeder mit sich selbst beschäftigt, und kümmerten sich nicht um die tiefen
Fußspuren, die sie auf dem immer noch aufgeweichten Weg hinterließen. Sollten
die Soldaten ihnen doch folgen, vielleicht wäre es sogar von Vorteil. Wenn sie
den Verrat des Priors erst einmal aufgedeckt hätten, sollte es jemals so weit
kommen, konnten sie jede Unterstützung gebrauchen.
Die Sonne stand
senkrecht am Himmel, als sie schließlich die Neustadt hinter sich ließen und
vor ihnen zwischen den Baumwipfeln die Mauern des Klosters auftauchten. Und
während Osman kurz den Pfad verließ und im Wald verschwand, um gleich darauf
freudestrahlend mit zwei wuchtigen Holzknüppeln wieder aufzutauchen, versuchte
Robert, das Ziehen in seiner Brust zu ignorieren. Um nichts in der Welt durfte
Osman erfahren, wie schlecht es um ihn bestellt war, sonst würde seinen Freund
womöglich noch der frisch gewonnene und so gänzlich wesensfremde Mut verlassen.
*
»Zum Wohle, Herr
Mönch!«
Bertram, Alberts kahlköpfiger
Bewacher, hielt seinen Becher genüsslich zum Prosit erhoben, dann leerte er ihn
in einem Zug. In Fäden lief ihm dabei der Wein aus den Mundwinkeln und tropfte
auf sein verschwitztes Hemd. Albert indessen, dem jeglicher Trank verwehrt
wurde, klebte die Zunge am Gaumen. Bereits seit den frühen Morgenstunden
schmorte er in der engen Dachkammer, in der die Luft von der sengenden
Mittagssonne inzwischen derart aufgeheizt war, dass seine völlig
durchgeschwitzte Kutte an ihm klebte wie eine bleischwere Rüstung. Er fühlte
sich wie ein Stück Dörrobst, ausgetrocknet und ohne jeden Saft. Hitze und Durst
waren schon Folter genug, was zum Abend hin noch bevorstehen sollte, konnte ihn
nun nicht mehr schrecken – möge es nur schnell vorübergehen.
Kraftlos nahm er einen Krug Wasser
zur Hand und sofort verfinsterte sich der Blick seines Bewachers, erst als
Albert das Wasser in den Kessel goss, entspannte sich Bertrams Miene wieder.
Dann tue ich halt so, als ob ich
versuchen würde, Gold herzustellen, was bleibt mir schon anderes übrig, dachte
sich Albert und kippte Schwefel und allerlei andere Substanzen hinterher.
Gedankenverloren rührte er die goldgelbe Brühe im Kessel und schaute dabei aus
dem kleinen Fenster.
»Ja, hol mich doch der …!«
Im ersten Moment meinte Albert,
zwischen den Büschen und Sträuchern im Gemüsegarten zwei Gespenster gesehen zu
haben – ein sehr großes und ein ziemlich dunkelhäutiges Gespenst.
»Was gibt’s denn, Albert? Habt Ihr
was erreicht?«, fragte Bertram und schaute hoffnungsfroh in den Kessel.
Zuerst bekreuzigte sich Albert,
denn was ihm eben über die Lippen geschlüpft war, auch wenn er es nicht zu Ende
gesprochen hatte, gehörte sich wirklich nicht für einen Mönch, dann wandte er
sich Bertram zu.
»Ja, aber schaut doch
selbst, diese Farbe im Kessel, gleicht sie nicht Gold wie ein Ei dem anderen?«
»Verflucht soll ich
sein, Ihr habt recht!«, antwortete Bertram und zeigte dabei ein breites, nahezu
zahnloses Grinsen.
»Nun geht
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