Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Nachricht. Da ich mich gesund fühle, läuft jede Veränderung auf Krankheit hinaus. Hoffentlich hat mein Urologe nichts Verdächtiges gefunden!
Ich werde nervös. Ich weiß, dass der routinemäßige Markertest bezüglich Prostatakrebs ähnlich zuverlässig ist wie das Horoskop, das ich gerade lese. Trotzdem. Die Perspektive einer Lebensänderung erscheint mir wenig verlockend. Ich sehe mich von wuchernden Zellen zerfressen durch einen Supermarkt schlurfen, eine Pfütze aus Wundfluss und Urin hinter mir herziehend... Übertrieben? Die Angst vor der Krankheit kennt keine Übertreibung. Sie ist real.
Gut. Ich habe keinerlei Symptome, keine Schmerzen, kein Drücken, nicht mal ein Ziehen. Aber der letzte Zweifel schwebt wie ein Damoklesschwert über denTodgeweihten. Und das sind wir alle. Ich wage an dieser Stelle eine Voraussage: Wir alle werden in zwei-oder dreihundert Jahren nicht mehr leben! Sollte uns das nicht Sorgen machen?
Natürlich! Sorgen sind immer berechtigt. Wir machen uns immer Sorgen! Wahrscheinlich handelt es sich um ein von der Evolution zu Unrecht nicht beseitigtes Relikt aus Zeiten, in denen hinter jeder Ecke Tod und Verdammnis lauerten. Damals bestellte man gegen Krebs einen Schamanen, der zwei mal durch die Wohnhöhle tanzte, die Augen verdrehte, zusammenbrach und die Krankheit für beendet erklärte, bevor er eine horrende Rechnung ausstellte, die mangels Kassenzulassung privat beglichen werden musste.
Diese Form der Geldschneiderei ist auch heute noch üblich, vor allem bei Frauen, die ionisiertes Wasser trinken und ihre Schlafstörungen auf Mobilfunk zurückführen, anstatt einfach ein Pfund Hormone einzuwerfen, die gleichzeitig die Depressionen beseitigen. Solche Damen fahren dann nach Afrika und lassen sich von einem Medizinmann betasten, der dafür nicht nur „ville, ville Dollas“ verlangt, sondern dabei auch noch seinen Spaß hat. Und wenn es nicht geholfen hat, dann ist immer noch Vodafone Schuld und nicht der Scharlatan, der beim Tasten immer „Gr! Lwana! Wana! Lrdlruuuut!“ gerufen hat.
Nichts ist so wichtig wie Gesundheit. Deshalb wird natürlich auch nirgendwo so viel Schindluder getrieben, wie im Bereich der Heiler. Die Quacksalber wissen, dass man von Todesangst gezeichnet bereit ist, ein Vermögen dafür zu geben, wenn das Jucken aufhört, vor allem da unten. Warum hat mein Arzt überhaupt noch nicht angerufen? Er hat definitiv angekündigt, heute Bescheid zu sagen, undes ist nach halb neun! Pennt der noch? Was ist von einem Urologen zu halten, der die existentiellen Ängste seiner Patienten soweit zurückstellt, dass er erst einmal gemütlich ratzt? Was ist los mit der faulen Ratte!?
08 40
Kaffee ist eine Pflanze. Ein Naturprodukt! Und ein Getränk! Dabei wird der Kaffee erst zum Kaffee, wenn man Wasser darüber gießt oder durchpresst. Ein einfaches Rezept! Und gerade deshalb so erfolgreich. Wenn man die Bohnen erst schälen, marinieren und anschließend stundenlang dünsten müsste, würde die Menschheit ganz schnell das Interesse an diesem Getränk verlieren, denn der Homo Sapiens ist faul.
So aber gießt sich der Bürger nicht selten zehn Tassen am Tag in den Schädel und freut sich, dass er seine Lebensgeister nicht selber wecken muss. Ich mache das genauso. Ich bin ansonsten drogenfrei aufgewachsen, aber Kaffee ist mein Katalysator. Ich weiß, dass ich damit die Argumente von Dopingbefürwortern übernehme, aber mein Gott, Kaffee ist ok!
Ich lehne Chemie ohnehin nicht grundsätzlich ab, wenn es darum geht, in einen lebenswerten Modus zu gelangen. Natürlich kommt es auf die Art der Droge an. Persönlichkeitsverändernde Substanzen kommen mir nicht in die Blutbahn. Kaffee aber ist lediglich ein chemischer Stimulator. Äußerst effektiv.
Viele Leute lehnen Chemie aus Prinzip ab. Das beruht meist auf dem oberflächlichen Vorurteil, Chemie entstehe ausschließlich aus der Gier der kapitalistischen pharmazeutischen Internationale, die uns aus purer Profitgeilheitumbringen wolle. Diese weit verbreitete Haltung hat etwas primitiv Undifferenziertes. Wäre es von der Chemiewirtschaft nicht ausgesprochen dumm, die eigene Kundschaft systematisch zu töten?
Chemie ist weit mehr als das, was unsere Industrie uns zur Verfügung stellt. Chemie ist etwas sehr Natürliches. Selbst Naturvölker nutzen chemische Vorgänge, auch wenn sie sie nicht verstehen und für Magie halten oder für das Wirken der Geister. Sie lösen Gifte aus Pflanzen, inhalieren den Qualm, trinken den Saft
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