Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Trauer schlägt um in Wut und Aggression. Der Mob schließt sich zusammen, Frosch und Mensch, Seit an Seit. Man beschließt, mich zu lynchen. Ich bekenne meine Schuld und sehe ein, dass nur mein eigener Tod das Unheil lindern kann, dass ich über die Gemeinschaft aus Mensch und Tier gebracht habe.
Man beschließt, mich in Rudelsdorf zu entsorgen. Ich werden auf dem Dachgepäckträger eines 15 Jahre alten Fiat Panda festgebunden. Die Fahrt ist nicht lang. Dann wirft man mich am Hüttenweg einfach in die Landschaft. Ich überlebe, werde aber aufgrund meiner ungesühnten Schuld melancholisch. Ich beschließe, das gegen mich verhängte Todesurteil selbst zu vollstrecken und mich im Dickelsbach zu ertränken, weiß aber nicht, wie ich hinkommen soll. Der Weg ist weit, steinig und voller Tücken. Außerdem ist es kalt, geradezu frostig. Das Eis auf den Waldwegen wird glatter und glatter, ich rutsche und schlage der Länge nachhin. Mein Schädel ist geplatzt, Hirn und Blut sickern aus dem zerbrochenen Schädel und bilden Pfützen, bevor der Sud am Boden aushärtet und festfriert. Von weitem höre ich die Sirene des Krankenwagens. Er ist nicht mehr weit entfernt, kommt aber nicht durch, weil Raiffeisenenallee und Sohlstättenstraße gesperrt sind. Er gibt auf. Ich auch. Mein letzter Gedanke ist: „Froschmörder! Du hast es nicht besser verdient!“ Dann verscheide ich.
Nach 30 Sekunden ohne Atmung schrecke ich auf. Den Ortsteil habe ich durch. Als nächstes lese ich den Sportteil. Hoffentlich nicke ich nicht wieder ein.
09 09
Ich mache mir einen Espresso, tiefschwarz unter braunem Schaum, der weckt die Lebensgeister und hilft, meinen Traum zu vergessen. Jetzt bin ich in der Lage, mich über den Lokalsport vom Wochenende zu informieren. Türkgüçu hat verloren, 0:5 gegen Grafendorf. Die Torschützen des FC Grafendorf lauten: Uhmud, Üzgür, Swereladse, Jawliçek und Ösütgür. Der Name des Schiedsrichters war Heinz Schmidt. Er hatte einen schweren Stand.
Vier rote Karten musste er zeigen, sehr zum Leidwesen der Spieler, die offenbar eine ausgesprochen individuelle Vorstellung von gesunder Härte hatten. Vielleicht wäre es für den Schiedsrichter gesundheitlich von Vorteil, wenn er jetzt bald umziehen würde. Im Ort könnte es Schwierigkeiten für ihn geben. Seinen Metzgereibetrieb wird er aufgeben müssen, ebenso seinen Vorstandsposten in einer besonders stramm deutschnationalen Lokalpartei. Er hätte wenigstens darauf verzichten können, den Spielern ein „Geht dahin, woihr hergekommen seid!“ hinterherzurufen. Die MultikultiAktion der UEFA unter dem Motto „Respekt“ hat sich im Lokalsport offenbar noch nicht richtig durchgesetzt.
Ohnehin spielt die Leibesertüchtigung bei der Entmenschlichung des Menschen eine große Rolle, nicht nur im Profisport, wo der Hooligan gerne das Angebot der großen anwesenden Menschenmasse annimmt und sich die Seele aus dem von Adrenalin zerfressenen Schädel prügelt, nein, auch bei den Amateuren, wo ansonsten unauffällige Bürger auf dem Spielfeld zu Kampfmaschinen mutieren und schwere Verletzungen des Gegners achselzuckend in Kauf nehmen, wenn es im Kampf um die Punkte in der örtlichen Bezirksklasse darum geht, den Ausgleich kurz vor Schluss zu verhindern. Tritte in die Beine, Griffe in den Unterleib, Ellbogen in die Magengegend, Finger ins Auge... Wozu gab uns Gott Extremitäten? Um Gegentore zu verhindern!
Wer einmal einen unterklassigen Handballspieler kennengelernt hat, weiß, wie schmal der Grat zwischen einem netten Kerl und einem Gewalttäter sein kann. Körperverletzungen, die im wirklichen Leben zu Recht mit Gefängnis bestraft werden, unterliegen hier der Sportgerichtsbarkeit und werden mit dem Zeigen einer gelben, maximal roten Karte geahndet. Blut läuft aus Nasen, Zähnen oder Augenbrauen. Der Sonntag geht dem Ende zu.
Ethnologisch interessierte Menschen sollten nicht nur an den Amazonas oder in die wilden Urwälder der Insel Flores fahren, sondern vor allen Dingen an die Ränder unserer Zivilisation, zu den Dorfsporthallen, Kunstrasenplätzen und Bolzwiesen.
Im Sport offenbart sich der Mensch in seinem ureigensten Wesen. Und im Geschlechtlichen. Aber beides istfür viele Menschen in erster Linie: Wettbewerb. Es gibt Statistiken, die sich damit beschäftigen, wer weltweit am meisten Geschlechtsverkehr hat. Und wer hat gewonnen? Die Österreicher! Und Walfische haben die größten Hoden im Tierreich. Da frage sich der Laie: Ist da ein Zusammenhang? Ich werde im
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