Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

er ja aus dem Palast, wo alle wohnen sollen, wenn die DKP in Darmstadt die Revolution ausruft.
    Leider ist schon in der DDR kein Platz für so viele Paläste gewesen, schon weil ein großer Teil der Welt immer noch von Konterrevolutionären beherrscht wird, die sich weigern, dem Fortschritt Platz zu machen, einem Fortschritt, der beispielsweise in China sehr erfolgreich war, zumindest zu Beginn des kommunistischen Weges. Noch streitet man sich, ob es 40 oder 50 Millionen Menschen waren, die durch ihren selbstlosen Tod Lebensraum für die Kommunisten schafften. Auf ein paar Leute kommt es wirklich Fortschrittsorientierten auch gar nicht an. Wichtig ist, dass auch weiterhin nach Wegen zum Kommunismus gesucht werden kann. Da kann schon einmal was danebengehen. Wo gehobelt wird, da fallen auch schon mal Genossen.
    Die Herren Kommunisten aus dem Rhein-Main-Gebiet wissen jedenfalls objektiv zu berichten, dass sich die Menschheit auf dem Weg des Fortschritts befindet. Jede Gesellschaftsform in der Geschichte, so die kommunistische Recherche, war eine Verbesserung der vorherigen. Dabei unterscheiden unsere Darmstädter Genossen folgende Entwicklungsstufen:
    Urgesellschaft/Urkommunismus
    Sklavenhaltergesellschaft
    Feudalismus
    Kapitalismus
    Sozialismus/Kommunismus
    Islamismus, Katholizismus, Vandalismus, Exhibitionismus und Optimismus wurden ausgespart oder übersprungen. Bleiben fünf große Entwicklungsstufen! Immerhin mehr als vier, wenn auch weniger als sechs. Man hätte vielleicht den Buddhismus noch hinzuziehen können. Er sieht in seiner tibetischen Ausrichtung eine Zwischenzeit zwischen zwei Leben von mehr als 40 Tagen vor, einer Zeit, in der sich die Seele in körperlosem Zustand befindet, ein Zustand, in dem sie weder Nahrung noch Kleidung benötigt, also auch in einer Gesellschaft gut klarkäme, wie sie der DKP in Darmstadt vorschwebt.
    Ich beginne zu begreifen, wo die Herren und Herrinnen hinwollen. Das Ganze ist zwar harter Tobak für einen Montagmorgen, aber nicht uninteressant. Schließlich geht es ja um unsere gesellschaftliche Zukunft, also um den Dienstag, und, wenn es nach den revolutionären Hessen geht, noch weit darüber hinaus.
    Heute, also diesen Montag, befinden wir uns im kapitalistischen Stadium – und im Holozän, also nach der Kreidezeit, aber das nur nebenbei. Die Saurier sind ausgestorben, auch wenn es immer wieder Leute gibt, die behaupten, welche gesehen zu haben. Im Nachhinein stellt sich dann aber meistens heraus, dass es sich nicht um amtliche Saurier handelte, sondern um Yetis oder Einhörner oder was sonst noch so in Frage kommt. Natürlich kannniemand beweisen, dass es auf der ganzen Welt keinen einzigen Saurier mehr gibt. Sollten Sie gerne nach ausgestorben Geglaubtem suchen, hätte ich einen Tipp für Sie: Beginnen Sie Ihre Suche bei der DKP in Darmstadt!
    Erdgeschichtlich aber steht fest: Wir stecken fest im Kapitalismus. Wir befinden uns also nach Darmstädter Zeitrechnung quasi am Donnerstag der menschlichen Entwicklungswoche. Wochenende ist nicht vorgesehen, da der Kommunismus immer Wochenende hat, weil er keinen Mangel kennt und deshalb jeder Tag immer ist. Im Arbeiterparadies ist am 7. immer gleichzeitig der 5. und der 26. Und Sonntag, Dienstag und Donnerstag. Wie es der Werktätige will, denn er ist souverän! Meist ist ohnehin immer der Wochentag, an dem der große Parteilenker geboren wurde – zu Ehren der Revolution. Dann herrscht ohnehin eine neue Zeitrechnung.
    Im Kommunismus wird jede Zeit immer sein. Es herrscht Freiheit ohne Ende. Nicht nur der Wochentag richtet sich nach dem Willen der arbeitenden Bevölkerung, sondern das ganze Leben! Jeder parkt, wo er möchte, auch an Werktagen. Trotzdem gibt es immer genügend Parkplätze, denn das Auto wird immer bedürfnisgerecht abgestellt, also vor der Tür, wo sich andere Autos sofort entmaterialisieren, wenn Parkraum benötigt wird. Im Kommunismus darf niemand dem allgemeinen Wohlfühlklima im Weg stehen. Kommunismus ist Wellness für Autofahrer. Natürlich kann man dann nicht einfach mit dem entmaterialisierten Auto weiterfahren. Aber man kann ja ein anderes Auto nehmen! Egal! Hauptsache ist, dass alle Autos in einer kommunistischen Weltgemeinschaft allen gehören, wie der Joghurt, der in der Wohngemeinschaft allen gehört und deshalb auchvon allen gegessen wird, notfalls mehrfach. Kommunismus ist Wellness, auch für Joghurtesser, vorausgesetzt, man ist in der Partei und dadurch der Erste am Löffel.
    Ich esse einen