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Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Nuhr
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Mögen andere Völker Krieg führen! Wir werfen mit Stofftieren und rufen „Mau, mau!“. Das schlägt den Feind in die Flucht!
    Der Iran bastelt derweil weiter an Atomsprengköpfen. Man sagt sich dort: „Wir wollen auch mal Weltgeschichte schreiben!“ Das kommt davon, wenn Alkohol im Land verboten und der Gebrauch der Geschlechtsorgane erst nach der Vermählung erlaubt ist. Dann ist die schlechte Laune groß, und ruck, zuck sind die sexuell frustrierten Kerle gemeinschaftlich gewalttätig!
    Da ruft uns irgendein toter Philosoph, nennen wir ihn Diderot, aus dem Grab entgegen: „Durch Vernunft, nicht durch Gewalt soll man Menschen zur Wahrheit führen.“ Leider hört ihn niemand, denn er liegt in der Pfarrkirche Saint-Roch in Paris begraben, und die ist häufig abgeschlossen.
    Vernunft! Wie naiv! Jeder Hobbyhirnforscher weiß heutzutage: Das Hirn besteht aus grauer Grütze, zumindest bei den anderen Verkehrsteilnehmern. Dass wir in der Lage wären zu denken, ist offensichtlich eine Illusion, die irgendwo unterhalb der Hypophyse entsteht und auf chemischen Prozessen basiert. Wir sind Reiz-Reaktionsmaschinen und unterscheiden uns vom Pinguin durch Hausschlüssel und Handy.
    Natürlich gibt es weitere Unterschiede: Gefäßchirurgie oder die Fähigkeit zur Herstellung von Pflaumenkuchen mit Sahne, die Rundinstrumentkartenanzeige im Navi des neuen 911ers, Homöopathie, künstliche Hüftgelenke, die DKP-Darmstadt, Antidepressiva und Last-Minute-Tourismus. Insofern genieße ich, ein Mensch zu sein.
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Wenn die Gedanken beginnen sich zu verknoten, wird es Zeit, das Haus zu verlassen. Man muss nicht gleich zum Äußersten gehen und sich ungeschützt ins öffentliche Leben werfen. Aber schon der Gang auf den Balkon offenbart neue Erkenntnisse. Die freie Sicht auf die Dinge ermöglicht dem Hirn das Spinnen von Verbindungsfäden in die physische Realität der Volksmassen. Wenn der Mensch auch ein großer biologischer Popanz ist, so ist es doch unsere Aufgabe, ihn zu verstehen. Was treibt er denn so?
    Balkontür auf. Hinausgeblickt.
    Was ist da los?
    Im Kreisverkehr zeigt sich das existentielle Dilemma des Menschen. Man kann in alle Richtungen ausfahren, aber leider steht überall jemand im Weg.
    Bevor ich über die Metapher des Zirkels weiter nachdenken kann, klingelt das Telefon. Aha! Die Prostata. Es ist so weit. Mein Horoskop hat mir, dies zur Erinnerung, lebensverändernde Nachrichten prophezeit. Deshalb ruft nun wahrscheinlich mein Urologe an, um mir das Ergebnis des PSA-Marker-Tests mitzuteilen! Ich werde abheben und erfahren, dass mein Unterleib amputiert werden muss, von den Brustwarzen abwärts. Der Rest ist zwar im Zweifel ebenfalls zerfressen, wird aber aus ästhetischen Gründen noch ein paar Monate dort gelassen, wo er ist. Danach ist eh Feierabend.
    Ein Testament! Ich muss dringend noch ein Testament machen! Ich will nicht, dass alles, was ich hinterlasse, einfach denen zugute kommt, die die größten genetischen Übereinstimmungen mit mir haben. Das ist doch kein Maßstab! Am besten überlasse ich alles meinem Urologen.Er nimmt erst meinen Unterleib, warum nicht dann auch den Rest? Zumindest meinen Messerblock aus der Küche wird er gebrauchen können. Das Zeug ist unglaublich scharf! Damit lässt sich mit Sicherheit auch die eine oder andere Sterilisation durchführen.
    Es klingelt immer noch. Der Mann hat Geduld! Aber es geht ja auch immerhin um Leben und Tod. Sicher, ich bin ein völlig gesunder Mensch, aber wenn mein Horoskop nun einmal auf lebensverändernde Nachrichten hinweist … Gerade wenn alles top ist, können Veränderungen nur katastrophale Folgen haben. Gut, auch die Vorhersage der Maya, die Welt würde am 21. Dezember 2012 untergehen, hat sich als Unwahrheit erwiesen. Aber die Welt hat auch keine Prostata.
    Ich sollte vielleicht einfach kurz den Anruf annehmen, bevor ich mich aus der diesseitigen Welt verabschiede. Gesagt, getan. Überraschung! Die Firma Vodafone beglückwünscht mich zu meinem Handyvertrag, der im Prinzip völlig richtig für mich ist, leider aber zu teuer, wenn ich irgendwann einmal aus dem Festnetz in Kasachstan in ein nicht zum Vodafone-Konzern gehörendes Mobilfunknetz in Bhutan telefonieren möchte. Dagegen könnte ich mich durch eine Flatrate absichern, die auch in Rumänien und Österreich Vorteile mit sich bringt, vorausgesetzt, man führt häufiger Gespräche, die zwischen sieben und neun Minuten dauern und oft durch Funklöcher unterbrochen werden. Ich danke und

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