Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Schweinchenrosa. Alles schwarz. Sein Groll wächst, und der selbst tief im Inneren des Guten existierende Bodensatz des Bösen schwillt bedrohlich an.
Colourman, der Farbe in das Leben so vieler Menschen brachte, ist im Innersten seines Herzens grau zumute. Er, der Baumarktheld, ist ein Versager, wenn es darum geht, Licht in sein eigenes Leben zu bringen. Seine innere Zerrissenheit wird unerträglich, das Böse muss heraus. Da! Eine Explosion zerreißt das kleinbürgerliche Glück der Städter. Wo gestern noch die Schraubenfabrik stand, ist heute nur noch ein riesiger Krater! Wer war das?
Ein Überlebender will gesehen haben, wie ein Superheld dahinflog. „Er sah aus wie Colourman!“ berichtet der Augenzeuge, „hatte aber einen schwarzen Anzug an!“Schaudern! Das Gute wird niemals endgültig siegen. Und hinter jeder scheinbaren Erlösung grinst schon wieder die Fratze des Bösen, die dunkle Seite der Macht.
In meiner Vorstellung macht sich klammheimliche Freude breit. Vielleicht wird nur Gewalt erzwingen, dass es bald wieder nur noch primitive Schlitz-oder Kreuzschlitzschraubenzieher geben wird. Das ist Notwehr! Pozidriv-oder Torxschraubendreher gehören vernichtet! Ich brauche auch keinen 2-Komponenten-Griff mit robuster Klinge aus Chrom-Molybdän-Vanadium. Ich will ja nicht meine Großmutter spurenfrei auseinanderschrauben.
Ich würde es ebenfalls gerne vermeiden, meinen Wohnraum mit folgenden Arbeitsgeräten aufzufüllen: Schraubendreher mit Bithalter (Sechskantschaft rostfrei! Edelstahlhülse ohne Sprengring), TX-Schraubendreher-Satz, VDE-Elektriker-Handwerkszeugset, 7-teilig, Präzisions-Schraubendreher Satz Schlitz & PH sowie für alles, was sich nicht mehr mit dem Schraubendreher bewegen lässt: ein Beil mit Eschenkuhfußstiel, ganz geschliffen, Kopf goldfarbig, Schneide poliert.
Leider kommt man ohne das alles nicht aus. Sonst steht irgendwann der Nachbar in der Tür, fragt, ob er helfen kann, weil er mein Schluchzen durch die Wand hören konnte. Hilfsbereit hat er geklingelt und fragt nun, wo der Schuh drückt. Ich teile ihm mit, dass ich ohne Hilfe nicht mehr weiterkomme. „Kein Problem!“, antwortet mein Retter, um am Ende festzustellen: „War doch alles ganz einfach! Wenn man das richtige Werkzeug hat!“ Dann wird er seines Weges gehen, und ich muss mitanhören, wie er in sich hineinmurmelt: „Wie kann man im ganzen Haushalt nicht ein einziges Beil mit Eschenkuhfußstiel haben,ganz geschliffen, Kopf goldfarbig, Schneide poliert? Kein Wunder, dass bei denen nichts funktioniert! Von sowas habe ich immer drei oder vier daheim! Falls zwei oder drei kaputtgehen! Dass solche Schwachmaten bei uns in der Nachbarschaft wohnen …“
Will man das? Das will man nicht. Deshalb werde ich mir wohl doch noch einen amtlichen Werkzeugkoffer zulegen müssen, der alles enthält, was zum Überleben unersetzlich ist, sogar einen Flaschenöffner mit ergonomischem Wiha SoftFinish® Mehrkomponentengriff. Auf Dauer geht es nicht ohne.
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Ich bin handwerklich übrigens durchaus nicht unbegabt, leider aber grundsätzlich zu jeder Form körperlicher Arbeit kraft meiner Faulheit ungeeignet. Ich weiß, dass das Lösen der Tapeten vom Untergrund eine Arbeit ist, die ab und zu getan werden muss, vor allem, wenn man neu tapezieren möchte. Für mich aber kommt so eine Arbeit nicht in Frage.
Sollte ich einmal neu tapezieren wollen, werde ich einfach ein paar schlecht erzogene Kinder aus der Nachbarschaft fragen, ob sie ein paar Tage bei mir spielen möchten. Die Blagen reißen gerne Tapeten ab, vor allem, wenn man es ihnen vorher mit flehendem Blick verbietet. Kinder machen heute gerne alles kaputt, um bei ihren Eltern den Eindruck zu erzeugen, sie seien hyperaktiv und benötigten deshalb besondere Pflege.
Vielleicht kaufe ich auch einfach Meerschweine und lasse sie im Wohnraum frei. Für die kleinen Nager ist Raufaser eine Delikatesse, weil sie nicht in der Lage sind,gestrichenes Papier von Sushi zu unterscheiden. Meerschweine sind dumm wie Heuballen.
Auf Dauer aber ist all das keine saubere Lösung. Das handwerklich motivierte Einweichen und Ablösen der Tapeten sollte durch Kräfte geschehen, die es aus unerfindlichen Gründen beruflich tun, oder durch Verbrecher, die es verdient haben und vor Gericht zur Strafarbeit verpflichtet wurden.
Ich ziehe ohnehin gespachtelte Wände vor. Raufaser ist eine ästhetische Verirrung des 20. Jahrhunderts. Viele Dinge des letzten Jahrhunderts sind heute zu Recht verpönt, neben
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