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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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Halle, einen Salon und ein Esszimmer. Wanda, das Hausmädchen, führte die Kinder herum. Sie schien kaum älter als Rafaela zu sein und war schrecklich stolz auf die Einrichtung. »Edelholz«, sagte sie und streichelte den Esstisch. »Seidenbezüge auf den Stühlen. Goldfäden in den Vorhängen.«
    Es war wirklich ein feines Haus, überaus luxuriös eingerichtet, das persönliche Juwel des Kronprinzen. Es diente ihm als Fluchtmöglichkeit, wenn er sich vom strengen Hofzeremoniell des Palastes erholen wollte, und hin und wieder ließ er auch seine Gäste hier wohnen, doch nur solche, die ihm wirklich wichtig waren.
    Rafaela war hin und weg. »Schau doch nur, Lulu!«, rief sie. »Badewannen mit Löwenfüßen! Kleine Seifen in Herzform!«
    »Hm«, machte Lulu. Die Löwenfüße waren in Ordnung, aber der ganze andere Krimskrams ging ihr auf die Nerven. Sie stapfte nach unten, um die Tiere zu versorgen, und blieb bei ihnen in der Waschküche, bis Rafaela sie zum Essen rief.
    Es gab Kräutersuppe, gefüllte Teigtaschen, Hühnchen in Sahnesoße, süßen Eierschaum mit Vanille und Früchten. Falls Else etwas zu verbergen hatte, dann nicht die Tatsache, dass sie eine schlechte Köchin war. Lulu aber fühlte sich gestört, weil Manfredo und Wanda die ganze Zeit im Raum blieben. Sie trugen auf, räumten ab, schenkten Getränke nach, und wenn sie nichts zu tun hatten, standen sie mit vor dem Bauch gekreuzten Händen unbeweglich vor der Anrichte und machten Gesichter, als wären sie nicht da. Das war unbehaglich, fand Lulu. Den anderen schien es ähnlich zu gehen, eine Unterhaltung kam kaum zustande. Was sollte man auch bereden, wenn die ganze Zeit über zwei völlig fremde Leute mithörten? Nicht mal Bumbum sprach viel.
    Nach dem Essen saßen alle im Salon. Wanda zündete die Lampen an und verkündete, das Badewasser für den jungen Herrn sei bereit. Selbst Graviata brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass Bumbum der junge Herr war.
    »Kommt, junger Herr!«, rief sie lachend. »Ich werde Euch baden, salben und zur Ruhe betten!« Sie wollte Bumbum hochheben, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne und fuhr herum. Draußen näherten sich Schritte, jemand rannte über die Veranda und hämmerte gegen die Haustür. Das klang nicht gut.
    »Madame Graviata!« Eine Männerstimme, dringlich, verzweifelt, die Tür wurde aufgerissen, ein untersetzter Mann in vornehmer Kleidung stürzte herein. Sein Gesicht konnte man nicht erkennen, er trug einen breiten Hut und hatte ein Seidentuch wie eine Maske vorgebunden.
    »Hoheit!«, rief Graviata erschrocken.
    »Ich brauche Euch, Madame! Ich brauche Euch jetzt! Fort, fort mit euch!« Seine Stimme kippte wie die eines unreifen Knaben, und er fuchtelte in Richtung der Kinder, als wollte er eine Schar Hühner verscheuchen.
    »Hoheit, was ist mit Euch geschehen?« Graviata war weiß vor Schreck.
    »Nicht hier!«, heulte der verzweifelte Besucher. »In Eurem Gemach! Unter vier Augen!«
    »Bringt Bumbum ins Bett und geht dann schlafen«, befahl Graviata den Mädchen. »Los, macht schon!«
    Lulu und Rafaela lösten sich aus ihrer Erstarrung, Rafaela nahm Bumbum auf den Arm, und zusammen schlichen sie wie Diebe aus dem Raum, die Treppe hinauf. Oben auf dem Flur hörten sie, wie Graviata die Dienstboten wegschickte. Wanda und Manfredo schienen widerspruchslos zu gehorchen, nur Else protestierte, die Küche sei noch nicht fertig, die Gläser seien noch nicht poliert. Doch Graviata blieb hart, auch Else verließ das Haus. Der Captain bellte, Graviata schrie, dass er den Mund halten solle, und rannte in die Bibliothek. Die Tür knallte.
    Die Mädchen badeten Bumbum. Sie sprachen nicht, doch Rafaela sah zu Lulu und formte mit den Lippen tonlos das Wort »Kronprinz«, dabei machte sie eine Kopfbewegung in die Richtung, in der Graviatas Labor lag. Gedämpfte Geräusche drangen von dort herauf, gedämpft, doch ungut. Unterdrückte Schreie, Schritte, schnell und zerhackt, Klirren, Poltern, als werfe jemand mit Sachen um sich. Einmal klang es wie Weinen. Die Mädchen zogen Bumbum sein Schlafzeug an, brachten ihn ins Bett und sangen ihm seine Lieder. Mit weit aufgerissenen Augen lag er da und drückte seine Ente an sich, Lulu legte sich neben ihn. Irgendwann schlich Rafaela aus dem Zimmer und flüsterte, sie komme gleich wieder. Endlich steckte Bumbum den Daumen in den Mund und schlief ein. Auch Lulu fielen die Augen zu.
    Gerade als sie sich dem Schlaf hingeben wollte, rüttelte Rafaela sie an der Schulter.

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