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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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vielleicht sogar drei.
    Aus, dachte Lulu. Ende und vorbei.
    Die Soldaten gingen in Stellung, umzingelten die Kinder und ihren neuen Freund Churro, die Gewehre im Anschlag. Der Hauptmann lächelte selbstgefällig. »Das Feuer war meine Idee. Merkte bald, dass es sinnlos wäre, die Kanäle länger zu durchsuchen, zu zeitraubend, zu stinkig. Viel besser, euch auszuräuchern. Das macht man doch so mit Ungeziefer, oder?« Er sah sich um, als erwarte er Applaus. Seine Leute taten ihm den Gefallen und grinsten beifällig. »Hab mir gedacht, dass ihr hier rauskommt. Weit vor der Stadt. Außerdem hatten wir Hilfe von oben.« Er zeigte in den Himmel, wo der Falke kreiste und triumphierend schrie. »Er hat euch auch in diesem Hippodrom aufgespürt. Scharfe Augen, braver Kerl.«
    Mistvieh, dachte Lulu.
    Im Gesträuch knackte und krachte es erneut. Else stolperte hervor, Else, die Köchin! Fassungslos starten die Mädchen sie an. Else weinte.
    »Ich hab das alles nicht gewollt!«, schluchzte sie. »Ich wollte sogar mit euch fliehen. Aber sie haben mich gefangen, als ich durch die Straßen lief und Bumbum suchte. Sie haben mich zurückgeschickt zu …«
    »Schnauze!«, schrie der Hauptmann. »Geh zu deiner Herrin und melde ihr, dass wir die Hexenbrut gefasst haben!«
    »Es tut mir so leid.« Else rang flehend die Hände und schaute mit nassen Augen zu den Mädchen.
    »Verräterin!«, fauchte Wanda wütend. »Wo sie uns doch die Helferlein gegeben haben. Du hast selbst gesagt, dass du noch nie so einen schönen Dienst hattest. Hast den ganzen Tag im Hof gesessen und Zigarren geraucht!«
    Lulu und Rafaela sagten nichts. Else schluchzte noch einmal laut auf und senkte den Blick. Als Lulu und Rafaela weiter schwiegen, schlug sie sich weinend die Hände vors Gesicht und stolperte davon. Hinter ihr schlossen sich die Büsche.
    Der Hauptmann baute sich vor Churro auf. »Und wen haben wir da?«, fragte er.
    Lulu hätte erwartet, dass Churro in Beteuerungen ausbrechen würde, er habe die Hexenkinder gerade erst getroffen, er sei ganz unschuldig, ein braver, aufrechter Bürger, all so was eben. Aber Churro sagte gar nichts. Stand ruhig da und erwiderte den Blick des Hauptmanns.
    »Ab in den Felsenkerker!«, brüllte der Hauptmann. »Die ganze Bande ab in den Felsenkerker!«
    »Nein!«, schrie Damiano und machte einen Satz auf den brennenden Fluss zu. Ein Soldat rammte ihm seinen Gewehrkolben in den Leib und Damiano brach zusammen. Lulu hob einen Stein auf und warf ihn dem Soldaten an den Kopf. Leider knallte der Stein völlig wirkungslos an den Helm, aber der Hauptmann versetzte Lulu eine solche Ohrfeige, dass ihr der Kopf nach hinten flog und sie der Länge nach hart auf dem Boden aufschlug. Der Schmerz war schlimm. Er tobte in ihrem Schädel und fraß ihre Gedanken. Sie konnte kaum noch denken … und nicht mehr richtig hören, es war so still.
    Aber dann hörte sie die Krähen. Nein, Corina, versuchte Lulu zu denken, kommt nicht! Die Soldaten werden auf euch schießen! Aber Corina war schon da, saß neben ihr ganz dicht an ihrem armen Kopf und gab kleine besorgte Laute von sich. Die konnte Lulu hören, sonst nichts. Die Soldaten schossen nicht und schimpften nicht, der Wind säuselte nicht, das brennende Flüsschen rauschte nicht. Über ihr am Himmel hing der Falke. Er bewegte sich nicht und er schrie nicht. Lulu schloss verzweifelt die Augen. Ihr Kopf war kaputt. Der Hauptmann hatte ihn kaputt geschlagen.
    Jemand beugte sich über sie. »Lulu«, wisperte Rafaela mit sehr kleiner Stimme. »Geht’s dir gut?« Sie legte den Arm um ihre Schwester und zog sie an sich. »Mach die Augen auf! Schau dir das an!«
    »Nein«, flüsterte Lulu zurück und presste die Augen noch fester zu. »Mein Gehirn läuft aus. Ich seh Sachen, die es gar nicht gibt. Ich will das nicht!«
    »Es ist nicht dein Gehirn«, wisperte Rafaela. »Wir sehen es alle. Es ist wirklich.«
    Da öffnete Lulu die Augen, schloss sie gleich wieder, nur um sie erneut aufzureißen. Die Soldaten waren alle noch da, aber irgendwie eingefroren. Sie hatten gerade angefangen, ihre Gefangenen zusammenzutreiben, da war etwas mit ihnen geschehen. Eine Art Bann hatte sie getroffen und sie mitten in ihrer Bewegung erstarren lassen. Sie standen in unmöglichen Positionen, so wie man eigentlich gar nicht stehen kann – mitten im Gehen, einen Fuß erhoben, die Gewehre schwingend, die Gesichter verzogen, weil sie gerade fluchen oder ausspucken oder durch Blinzeln eine Fliege verscheuchen

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