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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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Churro, und er hatte sich über ihre Gesellschaft gefreut. Er war auf einer Reise in die Stadt, wollte dort jemanden treffen. Er machte ein verlegenes Gesicht, als er das sagte. Evchen hatte ihn ein paar Tage lang begleitet und war dann an dieser Stelle hier aus dem Wagen gesprungen und im Gebüsch verschwunden. Churro hatte sich gemütlich ein Pfeifchen angezündet und sich ins Gras gesetzt, um auf sie zu warten.
    »Vielleicht sagt sie dir, woher sie so plötzlich gekommen ist«, wandte er sich an Lulu. »Du kannst dich ja ganz gut mit ihr unterhalten, wie es scheint, auch wenn ich überhaupt nicht verstehe, wie das geht.«
    »Es ist nicht wie Sprechen«, erklärte Lulu. »Da sind keine Worte. Es ist eher …«, sie überlegte, »… wie Bilder. Manchmal weiß ich es auch einfach, da brauch ich keine Bilder. Bei Corina, zum Beispiel. Und bei Bumbum.«
    »Lulu weiß viel«, sagte Rafaela.
    »Bumbum«, sagte Bumbum. Er klapperte mit den Zähnen, seine Händchen waren kalt wie Eis. Es wurde höchste Zeit, diesen Planwagen zu erreichen, damit wenigstens Bumbum aus seinen nassen Sachen herauskäme.
    Man würde schon irgendetwas für ihn finden, versicherte Churro, er sei bestens ausgestattet. Seine beiden Pferde schnaubten erfreut, als sie ihren Herrn herankommen sahen. Evchens Zeitfrost hatte sie nicht getroffen.
    »Genial«, murmelte Churro wieder und kramte einen Kleidersack und ein paar Wolldecken aus den Tiefen des Wagens, bevor er sich zu Damiano auf den Kutschbock schwang.
    Alles andere Leben auf der Straße war in der Zeit gefroren, Fußgänger, Fuhrwerke, Menschen und Tiere, alles still und starr. Es war sehr unheimlich. Aber dann lenkte Churro den Wagen um eine Biegung und da war wieder Leben. Wind, Bäume, Vögel, alles in Bewegung, wie immer und trotzdem verrückt. Dieses Fuhrwerk, zum Beispiel, das ihnen entgegenkam, würde um die Biegung fahren und sofort mitten in seiner Bewegung erstarren. Es würde still und steif verharren müssen, bis eine fette Katze beschloss, dass es nun genug wäre. Bis dahin würden vielleicht Stunden vergehen und niemand würde etwas merken. Vielleicht würde der Kutscher sich wundern, dass die Dunkelheit heute schneller hereinbrach als sonst, aber mehr auch nicht.
    Wenige Pferdelängen hinter der Biegung erschien zu ihrer Rechten ein rostiger Gitterzaun, der ein Stück Wildnis umgab. Und da war das Tor, wie Lulu vohergesagt hatte, ein zweiflügeliges, schiefes, rostiges Eisentor. Es kreischte unangenehm, als sie es öffneten und hinter sich wieder schlossen. Ein verwahrloster, von Gras und Schlingpflanzen halb überwucherter Plattenweg führte durch die Wildnis. Schon lange hatte hier niemand mehr die Büsche beschnitten, sie mussten vor den Pferden hergehen und die Äste zurückbiegen, damit der Wagen passieren konnte. Churro fluchte, weil sich immer wieder Dornenranken in der Plane verfingen und sie zu zerreißen drohten.
    Der Weg endete vor einem Haus. Hier hatte es sicher einmal einen Vorplatz gegeben, der allerdings längst von Gras, Nesseln, Goldruten und anderem Unkraut überwuchert war. Auch das Haus hatte schon bessere Tage gesehen, doch es war immer noch imposant, drei Stockwerke hoch, aus dunklem Stein erbaut. Im ersten Stock ragte eine Fahnenstange ohne Fahne schräg in den Himmel. Seitlich, an der Giebelwand, war die Haustür mit einem herzförmigen Klopfer aus Messing, dem eine Politur nicht geschadet hätte.
    »Sind wir hier richtig?«, fragte Damiano.
    Lulu nickte. Sie ließ den Klopfer gegen das Holz der Tür donnern. Das machte einen Höllenlärm, doch niemand öffnete. Sie versuchten es mehrmals, ohne Erfolg.
    »Es gibt eine Hintertür«, raunte Wanda.
    Also ließen sie den Wagen stehen und gingen ums Haus. Hinten erweiterte sich der verwilderte Garten zu einer Wiese mit ein paar alten Obstbäumen. Es gab einen Ziehbrunnen und etwas weiter ein paar baufällige Nebengebäude, die vielleicht früher einmal als Ställe und Scheune gedient hatten. Wanda packte Lulu am Arm und zeigte nach Westen, von wo die Sonne ein paar letzte abendliche Strahlen durch ein Wolkenloch schickte. Jenseits des Zaunes, ein gutes Stück entfernt, war eine Ruine zu sehen, eine Art Turm. Wie ein bröseliger schwarzer Finger ragte er ins Gegenlicht der untergehenden Sonne.
    »Das ist der Rösner Turm«, erklärte Wanda. »War früher mal ein Schloss oder so. Ist aber zusammengestürzt.«
    Lulu mochte den Turm nicht, die Krähen genauso wenig. Sie krakeelten furchtbar und schmähten ihn

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