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Das Geheimnis des Roten Ritters

Titel: Das Geheimnis des Roten Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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musste sofort handeln.
    »Kannst du aufstehen?«, fragte sie Hagen.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, packte sie ihn bei den Schultern und zerrte ihn hoch. Zum Glück war sie ein Stück größer und
     kräftiger als er. Durch die Krankheit war er ein zarter, dünner Bursche geblieben. Zum ersten Mal war sie dankbar dafür.
    Sie schob ihn durch die Reihe der Männer zur Tür hinaus. Immer wieder schaute sie über die Schulter.
    Der Fremde beachtete sie nicht. Er hatte genug damit zu tun, den Händler abzuschütteln, der sich zwischen ihn und den Wirt
     geschoben hatte.
    Geschafft! Johanna hatte ihren Bruder aus dem Gasthaus herausgebracht. Schwer atmend sah sie sich um. Sie mussten sich verstecken,
     und zwar sofort!
    »Was ist los?«, hörte sie Hagen murmeln.
    Sie antwortete nicht. Mit einem Schwung legte sie sich seinen Arm um die Schulter, packte ihn um die Taille und schleppte
     ihn in Richtung des Pferdestalls neben dem Gasthaus.
    Für einen Moment überlegte sie, ihn auf seinen Schimmel zu heben, der vor dem Stall angebunden war. Doch das würde sie nie
     im Leben schaffen. Hilflos sah sie sich um.
    »Hat wohl zu viel Bier getrunken, dein Liebster   …«, höhnten ein paar Kerle, die aus dem Gasthaus kamen. Grölend zogen sie an Johanna und Hagen vorbei. Von denen war keine
     Hilfe zu erwarten.
    Johanna schleppte Hagen weiter, zum Pferdestall hinüber und in den dunklen, warmen Raum hinein. Dort ließ sie ihn auf den
     Boden gleiten.
    »Hagen!«, keuchte sie. »Ich kann nicht mehr! Komm, du musst noch ein Stückchen weiterkriechen. Du darfst nicht hier am Eingang
     liegen bleiben. Komm schon, Hagen, nur ein paar Meter.«
    Und Hagen schaffte es. Mit letzter Kraft schob er sich über den dreckigen Boden in die hinterste Ecke des Stalls, wo er sich
     übergab.
    Johanna bedeckte den Auswurf mit Stroh. Dann zog sie Hagen die Gugel vom Kopf, damit ihm nicht zu heiß wurde. Erschöpft legte
     sie sich neben ihn und versuchte, ihren Atem zu beruhigen. Sie wollte die Pferde nicht nervös machen. Falls der rote Reiter
     in den Stall schauen sollte, durften die Tiere sie auf keinen Fall verraten!

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    Auf Leben und Tod
    Johanna hatte das Gefühl, eine Ewigkeit neben den Beinen einer Stute im warmen Stroh zu liegen. Hagen war in ihrem Arm eingeschlafen.
     Sie konnte sein Herz gegen ihre Rippen schlagen spüren, schnell und unregelmäßig. Was hatte der schreckliche Fremde Hagen
     nur zu trinken gegeben? Wenn es nun ein tödliches Gift war?
    Vorsichtig zog sie den Arm unter Hagen hervor und rieb ihn kräftig. Ja, entweder hatte der Räuber sie töten wollen, weil er
     befürchtete, dass sie ihn als Täter erkannt hatten. Oder aber er wollte sie zumindest betäuben, um allein zum Kloster reiten
     zu können.
    Besorgt betrachtete Johanna ihren Zwillingsbruder. Seine Haut sah gräulich aus. Aber er schien keine Schmerzen zu haben. Bei
     einem starken Gift würde er sich wohl in Krämpfen winden, oder?
    Aber vielleicht brauchte er ein Gegenmittel, um wieder gesund zu werden? Die alte Marie, die auf der Burg den Kräutergarten
     pflegte, die würde Hagen sicher helfen können. Niemand kannte sich in derKräuterkunde so gut aus wie sie. Doch Burg Felsenstein war weit.
    Johanna horchte und spähte in das Dämmerlicht des Stalls hinein.
    Ruhig standen die Pferde da. Außer ihrem gelegentlichen Schnauben und Stampfen war nichts zu hören. Hatte sich der rote Reiter
     gar nicht erst die Mühe gemacht, sie zu suchen? War er womöglich sofort zum Kloster aufgebrochen? Vielleicht war es ihm egal,
     was aus Hagen und Johanna wurde, solange er nur an seinen Geldbeutel herankam.
    Johanna stieß verächtlich die Luft durch die Nase aus.
Sein
Geldbeutel? Ach was! Der Beutel des Bischofs war es. Des Bischofs, der jetzt vielleicht tot war.
    Plötzlich fröstelte es Johanna. Sie stand auf und ging zur Stalltür hinüber. Langsam öffnete sie die Tür einen Spalt und sah
     hinaus.
    Für einen Moment blendete sie das grelle Tageslicht, doch dann erfasste sie die Situation. Der Rappe des roten Reiters war
     nicht mehr da!
    Im ersten Augenblick spürte Johanna nichts als Erleichterung. Der Mann hatte das Weite gesucht. Er wollte sie nicht umbringen!
    Doch dann durchzuckte sie die Erkenntnis wieein Schwert: Auch ihre Pferde waren nicht mehr zu sehen. Der Ritter hatte sie mitgenommen, damit sie ihm nicht folgen konnten!
    Georg war in Gefahr! Wenn der rote Reiter nun von Bruder Bertram erfuhr, dass Georg ihr Verwandter war! Sicher glaubte er
    

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