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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gefangen gehaltenen Diocles führen sollte.
    Sie besaßen immer noch Geld. Mutatus war losgegangen, um es zu holen. Laut der neuen Lösegeldforderung sollte die Übergabe nur durch einen Mann stattfinden. Man würde sich mit Mutatus in Verbindung setzen.
    »Also verstehen Sie, Falco«, verkündete Holconius selbstgerecht, »ich kann Ihnen nichts darüber sagen, wie das Geld übergeben werden soll, weil ich es nicht weiß.«
    Ich befahl Holconius, zur Kaserne der Vigiles zu gehen und Rubella ein Geständnis abzulegen, und brachte ihn dazu, mir zu sagen, welchen Tempel sie als Bank benutzen. Dann machte ich mich auf den Weg.

LIX
    I ch stand auf den Stufen des Tempels der Roma und des Augustus und dachte nach.
    Dieser Tempel musste eines der frühesten Symbole imperialer Macht gewesen sein. Von Tiberius zu Ehren seines Stiefvaters und unserer glücklichen Stadt erbaut, war er vollkommen aus Marmor. Sechs kannelierte Säulen schmückten die Front, die ein Podium aufwies, von dem politische Redner an Festtagen die glücklosen Zuhörer langweilen konnten. Zwischen zwei zusätzlichen seitlichen Säulen befanden sich Eingänge, von denen Steinstufen ins Innere führten. Dieses Bauwerk triumphal zu nennen wäre eine Untertreibung. Nicht nur turnte Victoria auf Zehenspitzen mit ihren Attributen in vierzig Fuß Höhe auf einem prächtigen Fries herum, drinnen stand auch noch die Kultstatue der Roma Victrix – ein großes Mädel in einem Amazonenkostüm. Sie hatte eine Figur wie Helena – wobei Helena mich treten würde, wenn ich das behaupten würde. Sagen wir halt, Roma Victrix war gut gebaut, aber als Inkarnation der Goldenen Stadt führte sie ein großes neues Handelsimperium an, das Leckereien aus jedem Teil der Welt importierte – und die schmeckten ihr eindeutig bestens.
    Roma war als Amazone dargestellt, mit einer erstaunlich runden, überaus prallen Brust, die nackt unter ihren seltsam vollen Draperien hervorschaute. Amazonen sind eigentlich dafür berühmt, nichts außer einem kurzen Rock und einem mürrischen Blick zu tragen. Roma kleidete sich im Allgemeinen vernünftig. Ihre andere Brust war sittsam verhüllt und schien weniger gut entwickelt. Möglicherweise war sie abgesäbelt, wie es angeblich in den besten Amazonenkreisen üblich sein soll, um sich nicht an der Bogensehne zu schneiden. Mit einem kräftigen Fuß stützte sie einen kleinen Globus ab und sah aus, als würde sie gleich den Anstoß zu einem Ballspiel geben.
    Ich hatte genug Zeit für diese Überlegungen. Ich war drinnen gewesen, aber jetzt war ich wieder draußen. Drinnen hatte ich einen Priester des Kults erblickt, einen hochnäsigen Flamen, der dachte, ich wollte die rituellen Gefäße und gespendeten Schätze klauen. Sobald ich von diesem überheblichen Faktotum wahrgenommen worden war, wurde der Tempelwächter – ein ehemaliger Stadtsklave, der die ganze Arbeit hier verrichtete – geschickt, um mich zu fragen, ob er mir helfen könne. Das hieß, mich hinaus auf das Podium zu begleiten.
    Jetzt stand ich da und gab vor, ein kleiner Junge zu sein, der Orator werden wollte. Ich überblickte das Forum, ein langes rechteckiges Gelände mit dem hohen Kapitol am anderen Ende, dem statutengemäßen Tempel der Kapitolinischen Trias. Dort hatten Rubella und Petro neulich festgehangen, während sie der Bauhandwerkerkorporation beim Herummarschieren zuschauen mussten. Ich konnte einen Schrein sehen, von dem ich wusste, dass er den Laren der Stadt gewidmet war. Mitten durch das Forum verlief der Decumanus Maximus. Zu meiner Linken befanden sich die Basilika und die Kurie. Zu meiner Rechten und hinter mir gab es Thermen, öffentliche Latrinen und Geschäfte. Vor mir, an der rechten Ecke, wenn auch mehr oder weniger außerhalb meiner Peripherie, stand das Haus von Privatus, in dem Petronius untergekommen war.
    Hier tat sich nichts. Wenn Mutatus zugegen war, musste er sich im Tresorraum unter dem Tempelpodium befinden. Der Wächter hatte sich geweigert, mich dort hinunterzulassen. Meine Angabe, ich wolle mit einem Besucher sprechen, der dort eine Abhebung vornehme, hatte ihn nicht beeindruckt. Der Wächter tat nur seine Pflicht, er beschützte das hinterlegte Geld. Er mochte bereits erfahren haben, dass Mutatus und Holconius einiges von ihrer Barschaft gestohlen worden war, und soviel er wusste, von Dieben, die ihnen gefolgt waren, nachdem die beiden hier eine Abhebung vorgenommen hatten.
    Der Tempelwächter hatte höflich versprochen, mir Bescheid zu

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