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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sammelten diejenigen ein, die man bereits aus dem Weg räumen konnte. Nachdem man sie nach Nationalitäten sortiert hatte, wurden sie in ordentlichen Reihen zu beiden Seiten des Durchgangswegs abgelegt, Illyrier zur Linken, Kilikier zur Rechten. Ein besonders pedantischer Vigile sortierte sie dann noch nach weiteren Kategorien: tot, sterbend oder komatös. Das getan, überprüfte er, ob er sie in jeder Kategorie befriedigend nach Körpergröße eingeordnet hatte. Dadurch wollte man sie wohl später besser identifizieren können. Ein Illyrier (oder Kilikier) flog aus dem Kampfzentrum heraus und stolperte rückwärts in unsere Gruppe. Petronius wischte sich rasch den Mund mit einer Serviette ab und trieb diesen Seemann mit einem gezielten Tritt in den Hintern wieder ins Getümmel zurück.
    Der Kampf dünnte sich aus. Von denen, die noch auf den Füßen standen, stachen Cratidas und Lygon am meisten hervor. Selbst sie schwankten. Sie konnten zwar noch die körperliche Kraft aufbringen, wurden aber wie alle anderen allmählich müder. Petro entschied, dass sich die Kämpfer genug verausgabt hatten. Er stieß einen Pfiff aus. Was folgte, war kurz und methodisch. Seine Männer traten in Aktion, ich mit ihnen, und wir erledigten alle, die noch aufrecht standen. Nach kurzer Zeit waren sie entweder abgehauen und hatten sich ergeben. Petronius und Fusculus nahmen Cratidas und Lygon unter Arrest.
    Befehle wurden erteilt, wie mit den Toten und den Bewegungsunfähigen zu verfahren sei. Wir gingen den Durchgangsweg entlang und nahmen alle gefangen, die noch laufen konnten. Hinter uns hörte ich das trauervolle Wusch, als der Priester den Scheiterhaufen mit Wasser aus einem rituellen Gefäß löschte. Theopompus war nun mit vollem römischem Pomp zu jenen barbarischen Göttern eingegangen, denen er gehuldigt haben mochte. Nur seine Asche blieb zurück. Versiegelt in ihrer schwarzfigurigen Urne, würde sie seine junge Geliebte an ihre flüchtige gemeinsame Zeit und die Unschuld erinnern, die sie so begierig verschenkt hatte.
    Schließlich, wenn die Vergangenheit allmählich zu einer Peinlichkeit wurde, würde Rhodope immer noch die Gewissheit haben, dass ihr Traumliebhaber eine spektakuläre Abschiedsfeier gehabt hatte. Falls sich herausstellte, dass er sie geschwängert hatte, würde sie jedes Mal an Theopompus in seiner Aureole aus grünem Feuer denken, wenn sie dem Kind das Haar kämmte.

LVIII
    S obald wir die Nekropole verlassen hatten, kamen wir auf die Hauptstraße und näherten uns der Porta Romana. Sie bestand aus einem Eingang und einem Ausgang zwischen quadratischen Türmen, die in die Stadtmauer eingelassen waren – genau die Mauern, die Cicero erbauen ließ, als er Konsul war, nach der verheerenden Brandschatzung Ostias durch die Piraten. Die Schutzmauern waren jetzt halb unter Wohnhäusern verborgen. Innerhalb weniger Jahre nach ihrer Errichtung hatte Pompejus die Meere gesäubert. Befreit von der Furcht vor Angriffen, hatten die Einwohner Häuser und Werkstätten hinter, neben und manchmal sogar direkt auf dem Verteidigungswerk gebaut. Eine Marmortafel kündete von einer ergreifenden Geschichte. Anfänglich war darauf Ciceros Errichtung der Stadtmauern gedacht worden. Fünf Jahre später hatte Clodius, Ciceros Erzfeind, der selbst eine Art Stadtpirat war, den Namen des Konsuls auslöschen und durch seinen eigenen in blutroter Schrift ersetzen lassen. Cicero, zu dem Zeitpunkt dem politischen Niedergang nahe, hatte sich bitter beschwert.
    Der alte Volksredner hätte Ätzendes über die modernen Eindringlinge zu sagen gehabt, die wir verhaftet hatten. Die Vigiles erregten beträchtliches Aufsehen, als sie auf die Hauptstraße kamen und den Verkehr in beiden Richtungen anhielten, damit ihre Parade niedergeschlagener Gefangener durch das Tor marschieren konnte. Als unsere ramponierten menschlichen Trophäen auf der Ostia-Seite hereinkamen, schob sich eine vertraute weißhaarige Gestalt ins Bild – der Marinemann Caninus. Die Vigiles schauten ihn weder an, noch blieben sie stehen. Aber ich tat beides. Ich funkelte ihn finster an und baute mich direkt vor ihm auf.
    »Falls Sie zu der Bestattung wollen, die ist vorbei.«
    »Mir war gar nicht bewusst, dass es schon so spät ist. Ich hätte zur Überwachung hier sein sollen.«
    »Tja, die Vigiles haben das Entführerproblem gelöst – und den Mord an Theopompus aufgeklärt.« Er schenkte mir ein verbindliches Lächeln. Ich blieb unbewegt. »Sie waren gestern ein

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