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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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rutschte auf ihrer Kiste hin und her. Immer wieder fuhr sie sich durch die langen roten Haare und drehte sich mit dem Rücken zum Feuer, um sie erneut zu schütteln.
    Benthe war der Kopf auf die Brust gesackt. Sie saß vornübergebeugt da und atmete ruhig und langsam.
    Sie war eingeschlafen.
    Luuk starrte in das Feuer und beobachtete, wie die Glut sich bei jedem Luftzug aufbäumte und nach dem nächsten Holzscheit gierte.
    Für einen Moment schloss Nik die Augen. Es roch nach verbranntem Holz, feuchten Kleidern und Koriander. Überrascht schlug er die Augen wieder auf und sah sich um. Woher kam der Duft nach Koriander?
    »Nik?« Luuk saß auf der Kiste neben ihm und hatte sich zu ihm herumgedreht.
    »Hm.« Nik drehte sich um. Wo war hier Koriander?
    »Traust du ihr?«
    »Carmen?«
    »Ja.«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Nik.
    Ellie wandte sich zu ihnen um. »Sie war in seinem Haus. Mitten in der Nacht.« Ellie küsste laut schmatzend ihren eigenen Arm. Luuk lachte.
    »Sie ist die Frau des Stadtregenten«, warf Nik ein. »Wir haben sie vor ihm gewarnt. Sie wird nicht …« Er wusste selbst nicht, wie er den Satz beenden sollte.
    »Es ist gefährlich, bei Heinrich vor der Tür herumzulungern«, warf Luuk ein. »Warum können wir uns nicht woanders treffen?«
    »Sie will den Spiegel nicht stehlen. Das sollen wir erledigen.« Ellie drehte ihnen wieder den Rücken zu.
    Nik beobachtete, wie sie sich mit den Fingern durch die langen Haare strich. Sie schienen im roten Schein des offenen Feuers selbst flammend aufzuleuchten.
    »Dann soll sie einen Spiegel kaufen«, schlug Luuk vor.
    Benthe hob den Kopf, doch sie ließ die Augen geschlossen.
    »Das geht nicht«, sagte sie leise.
    Fast wäre Nik von der Kiste gefallen, weil er sich zu weit vorbeugte, um ihre zarte Stimme zu hören.
    »Heinrich arbeitet nur auf Bestellung«, hauchte Benthe. »Es würde Wochen dauern, bis er fertig ist. Die Kunstwerke des Spiegelmachers sind sehr gefragt und er hat viel zu tun.« Sie ließ den Kopf wieder sinken und verstummte.
    »Dann gibt es keinen anderen Weg.« Luuk stand auf und wendete die Kleider auf den Baumstämmen. Einen Mantel befühlte er ausgiebig und legte ihn dann Benthe vorsichtig über die Schultern.
    »Wir haben keine Wahl«, sagte Ellie. »Wir können die Gilde nur aufhalten, wenn wir ein Kunstwerk haben. Außer Carmen de Witt kann uns niemand helfen. Es sei denn, ihr ändert eure Meinung …« Sie zog ein kleines Messer unter ihrem Hemd hervor.
    Nik starrte sie an und hätte nur zu gerne gewusst, wo sie das Messer die ganze Zeit verborgen gehalten hatte. Er sah zu Luuk, der mit offenem Mund den Kopf schüttelte. Dann wandte er sich ab und grinste anerkennend.
    In dem Moment dämmerte es Nik. Luuk sorgte sich um Benthe, er respektierte Ellie, und er hatte Nik gefragt, ob er Carmen traute. Irgendwie war er ein Teil ihrer Gruppe geworden, und Nik fragte sich, wann und wie das geschehen war.
    »Sie sah verliebt aus«, murmelte Benthe fast tonlos.
    »Carmen de Witt?«, fragte Nik und spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief.
    Doch Benthe antwortete nicht. Sie schlief wieder tief und fest.

Sie hatten Benthe zu dritt an den Schultern rütteln müssen, um sie zu wecken. Die Nacht war inzwischen hereingebrochen und hatte den Regenhimmel des Tages schwarz gefärbt. Als sie bei der Werkstatt des Spiegelmachers ankamen, waren die Stiefel der vier von den schlammigen Straßen und dem löchrigen Pflaster, in dem sich das Wasser sammelte, vollkommen durchweicht, doch es hatte endlich aufgehört zu regnen.
    Sie kamen zu dem Baum, hinter dem sie alle schon einmal gestanden und das Haus beobachtet hatten. Durch keines der Fenster drang ein Lichtschein. Das Haus lag still da und wirkte verlassen.
    »Sie ist nicht hier«, flüsterte Luuk und zog sich am Fensterbrett hoch, um in das Innere der Werkstatt zu spähen.
    Benthe lehnte sich gegen den Baum. Ellie trat neben Luuk.
    »Erkennst du etwas?«, fragte sie.
    »Nein, es ist dunkel in der Werkstatt. Niemand zu sehen.«
    Er ließ sich fallen und landete neben ihr. Die Nacht war finster und weder Mond noch Sterne leuchteten ihnen. Sie konnten einander kaum erkennen.
    Nik ging um die Ecke zur Haustür und legte sein Ohr an das Eichenholz. In der Ferne schlug eine Glocke zweimal.
    Er hörte leise Schritte. Dann wieder Stille. Gerade als er dachte, er hätte sich getäuscht, riss jemand von innen die Tür auf. Das Licht einer einzelnen Kerze warf einen runden Lichtkreis zu

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