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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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Kirche und die Mittagssonne fiel durch das kleine Fenster. Staub tanzte in den hellen Strahlen. Nik dachte an seine kleinen Brüder und fragte sich, was sie gesehen und gedacht haben mochten, bevor sie die Augen zum letzten Mal geschlossen hatten.
    Als die Sonne unterging, erklang ein Scharren in der Werkstatt des Spiegelmachers. Nik richtete sich auf. Knarrend wurde die Tür aufgeschoben. Ein Mann mit schneeweißem Haar trat zu den Gefangenen in die Kammer.

Für einen Moment dachte Nik, der Spiegelmacher sei zurückgekommen, um sie in die Gracht zu werfen. Doch das Gesicht des Mannes war voller Runzeln und Falten. Nik sah nicht in das blasse glatte Gesicht von Heinrich Sehfeld, sondern in die zusammengekniffenen Augen von Gustav Schmieder.
    Mit zittrigen Händen schnitt der Glaser wortlos die Knebel und Fesseln durch. Nik stemmte Luuk auf die Beine. Ellie kümmerte sich um Benthe und Gustav führte Carmen aus dem Haus. Als er zurückkam, half er Ellie, Benthe zu wecken. Kurzerhand holte er einen Krug Wasser und leerte ihn über dem schlafenden Mädchen aus. Benthe fuhr hoch und schüttelte ihre nassen Zöpfe.
    Noch immer wirkte sie unglaublich müde, aber sie konnte sich mit Ellies Hilfe auf den Beinen halten.
    Vergebens bemühte sich Nik, Luuk aus der Kammer zu schaffen. Ängstlich starrte er unablässig zur Tür und rechnete jeden Moment mit dem von Wut verzerrten Gesicht des Spiegelmachers.
    Immer wieder sackten Luuks Beine weg und Nik taumelte unter seinem Gewicht. Gustav trat zu ihm und legte sich einen Arm des bewusstlosen Jungen über die Schulter. Zu zweit stützten sie Luuk und schleppten ihn in die Werkstatt.
    »Wo sind die anderen Mädchen?«, hauchte Benthe und lehnte sich gegen die Wand neben der Tür.
    »Heinrich hat sie entlassen«, sagte Gustav. »Er bereitet seine Flucht vor. Die Gilde wird die Stadt verlassen.«
    »Wir müssen ihn aufhalten. Er muss für den Mord bezahlen.« Ellie stemmte die Hände in die Hüften.
    Gustav lächelte. »Meine Kleine, wir müssen für alles bezahlen. Kümmere dich nicht darum! Es verdirbt deine Seele!«
    »Er ist zu weit gegangen«, flüsterte Benthe matt.
    »Wir sind alle zu weit gegangen. Wir wollten die Grenzen erkunden und haben nicht gemerkt, wie weit wir sie schon überschritten hatten.«
    »Aber Menschen sind gestorben …«, wandte Nik ein. »Meine Brüder und … viele andere.« Er dachte an den Puppenspieler und seine Freunde.
    »Ja«, gab Gustav zu. »Ich habe keine Nacht mehr in Frieden geschlafen, seit das erste Unglück geschehen ist. Die Toten suchen mich heim und führen mir unsere Vergehen vor Augen. Jede Nacht.«
    Nik schnaufte. Immerhin hatte Gustav nicht seine Brüder beerdigen müssen. Mit schlechten Träumen war er noch milde bestraft worden.
    Als hätte Gustav seine Gedanken gelesen, drehte er sich zu ihm um. »Ich habe dich nicht um Verständnis gebeten«, sagte er ruhig. »Aber ich frage dich, wie schwer dir die Träume von deinen Brüdern zugesetzt haben, nachdem sie gestorben waren. Obwohl du keine Schuld an ihrem Tod trägst, fragst du dich sicher seit diesem Tag, ob du ihn nicht hättest verhindern können.«
    Nik schluckte.
    Ellie stieß ihn gegen die Schulter. »Das könnt ihr später besprechen. Wir müssen von hier verschwinden und Heinrich aufhalten. Er wird die Stadt nicht verlassen, ohne uns vorher zu ertränken …«
    Gustav trat neben den Tisch und zog ein Tuch von dem ersten Spiegel. Dutzende lehnten an den Wänden, von denen jeder sorgfältig mit Stoff bedeckt war.
    Endlich rührte sich Luuk an Niks Schulter. Er schlug die Augen auf und stöhnte, als er mit den Fingern über seine schiefe Nase strich.
    Ellie folgte Gustav durch die Werkstatt und nahm ein Tuch nach dem anderen von den Kunstwerken. Nik konnte nicht fassen, wie viele Spiegel Heinrich Sehfeld hergestellt hatte, seit sie vor zwei Tagen in seine Werkstatt gespäht hatten.
    »Wie hat er das geschafft?« Benthe schlug die Hände vor ihr Gesicht.
    Gustav humpelte auf sie zu. Er zog sein krankes Bein hinter sich her und blieb an dem dünnen geschwungenen Bein des Tisches hängen, der die Platte mit den Spiegelscherben trug. Er ruderte mit den Armen und stützte sich auf der Tischplatte ab. Doch seine Beine gaben unter ihm nach. Gustav taumelte rückwärts und fiel in den vordersten Spiegel.
    Es krachte gewaltig. Luuk sprang auf die Beine. Benthe hielt sich die Augen zu. Ellie schrie und wollte dem Glaser helfen.
    Doch Gustav Schmieder fauchte sie an: »Nein!

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