Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
auch.“
„Vielleicht sind dies gar nicht de Chinsis Befehle“, mutmaßte Gero, der einsehen musste, dass es keinen Sinn hatte, sich Hugo d’Empures in einem solchen Moment zu wiedersetzen.
„Wie meinst du das?“, fragte Struan mit schmalen Lidern, als sie Bruder Hugo und seine lautes Befehlsgeschrei weit genug hinter sich gelassen hatten.
„Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte durchaus sein, dass Bruder Hugo mit den Mameluken gemeinsame Sache macht.“
„Was willst du damit sagen?“ Struan war stehengeblieben und fixierte ihn mit seinen nachtschwarzen Augen, als ob er ihn durchbohren wollte.
„Aus einer unbestätigten Quelle habe ich die Information erhalten, dass Hugo einen hiesigen Verbindungsmann unter den einheimischen Fischern mit einer Depesche zu den Mameluken am anderen Ufer des Meeres geschickt hat.“
„Und warum sagt du das erst jetzt?“ Die raue Stimme des Schotten war tonlos, aber in seinen Augen konnte man sehen, wie sehr ihn diese Nachricht alarmierte. „Hast du de Chinsi davon berichtet? Ich meine, es hieß doch, er hat dich nach unserer Pleite in Marqab höchstpersönlich empfangen.“
Gero senkte den Blick. „De Chinsi hat mir verraten, dass Hugo in der Sache mit der Taverne als Spitzel des Ordens agiert hat. Ich war mir nicht sicher, ob die Geschichte mit dem Fischer nicht auch eine List de Chinsis war, um die Mameluken mit falschen Informationen zu versorgen.“
„Aber das rechtfertigt noch lange nicht, dass de Chinsi gerade ein schwerer strategischer Fehler unterläuft“, gab Struan zu bedenken. „Wobei es natürlich durchaus sein könnte, dass Hugo ihn dazu ermuntert hat. Wenn es stimmt, was du vermutest, möchte ich darauf wetten, er hat den Mameluken Informationen über Stärke und Verteidigung der Festung überlassen. Ich mag diesen Kerl nicht“, fügte Struan ungewohnt gesprächig hinzu. „Ich konnte ihn von Anfang an nicht leiden.“
Gero hätte ihm tausend Gründe nennen können, warum er mit seiner Annahme richtiglag, doch nun war nicht die Zeit dafür, um sich Luft zu machen.
Auf der Insel ging es inzwischen zu wie auf einem Ameisenhaufen, in den man einen brennenden Stecken hineingeworfen hatte. Im Dorf liefen die Menschen in Panik durcheinander, um ihre spärliche Habe vor den einfallenden Feinden zu retten. Gero dachte an Warda und die geheimen, unterirdischen Gänge, in denen sich zumindest die weiblichen Bewohner hoffentlich in Sicherheit brachten.
Als sie den Aussichtsturm erreichten, an dem die übrigen Kameraden treu und brav zurückgeblieben waren, offenbarte sich ihnen das ganze Ausmaß der bevorstehenden Katastrophe. Von überall her waren die feindlichen Galeeren in Position gegangen, und schon sauste das erste Katapultgeschoss an ihnen vorbei und bohrte sich krachend in das Strohdach eines benachbarten Gemäuers. Im Nu stand der gesamte Dachstuhl in Brand.
„Geht in Deckung!“, brüllte Gero und warf sich hinter eine halbhohe Mauer, als das nächste Geschoss über ihn hinwegsauste und er kurz darauf einen langgezogenen, spitzen Schrei vernahm. Als er aufschaute, bot sich ihm ein grausames Bild. Nicolas de Cappellano lag aufgespießt wie ein Hühnchen auf einer hölzernen Tür, die der Aufschlag des Geschosses aus den Angeln gehoben hatte. Nicolas hatte offenbar versucht, in das leerstehende Gebäude zu fliehen, und war von rückwärts erwischt worden. Der Speer hatte ihm das Rückgrat gebrochen und seine Eingeweide durchbohrt, aber er lebte noch, als Gero und die anderen ihm zu Hilfe eilten. Struan war versucht, den Speer aus ihm herauszuziehen, doch Gero schüttelte unmerklich den Kopf. Das armdicke Geschoss steckte im Holz fest, und jede Bemühung, es daraus zu entfernen, würde Nicolas nur zusätzliches Leiden bereiten.
Gero hatte sich neben ihm niedergekniet und hielt seine Hand.
„Ich spüre meine Beine nicht mehr“, röchelte Nicolas mit halbgeöffneten Lidern. „Muss ich nun sterben?“
„Ich fürchte schon“, flüsterte Gero, der nicht den Mut besaß, Nicolas zu belügen. „Aber ich bin sicher, dass du in den Himmel auffahren wirst“, fügte er tröstend hinzu. „Du bist als Templer gefallen, beim Angriff der Mameluken.“ Er musste schlucken, weil die Panik in den Augen des Bruders ihn ganz hilflos machte. „Keine Sorge“, beschwichtigte er Nicolas. „Wir beten mit dir. Es wird nicht lange dauern, bis wir im Himmel alle wieder vereint sind.“
„Danke“, röchelte Nicolas. „Du warst mir immer ein guter
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