Das Geheimnis des Templers - Episode III: Die Templer (German Edition)
dorthin hatten Knechte mehrere Fackeln entzündet und in die dafür vorgesehenen Halterungen gesteckt. Die lodernden Flammen verstärkten in Gero indes nur noch das Gefühl, einer Hölle entgegenzugehen.
Jeder Stein in diesem Hades erinnerte ihn daran, wie sehr Lissy diesen Ort gefürchtet hatte.
Zu allem Übel las der ungeliebte Bruder Rezzo die Totenmesse und sprach in seiner Predigt auffällig oft von Schuld und Sühne und dass es immer einen Grund gebe, wenn Gott der Allmächtige ein so junges Leben zu sich nehmen würde. Während der ganzen Zeit stand Geros Vater auf der anderen Seite der Gruft und durchbohrte ihn regelrecht mit seinen eisblauen Augen.
Gero erwiderte den Blick des Alten beinahe gleichgültig. Sein Vater konnte ihm nichts mehr anhaben, das ihn noch tiefer verletzen würde. Er hatte genug gelitten und so viel geweint, dass er für den Rest seines Lebens keine Tränen mehr haben würde. Sein Innerstes glich einer verdorrten Landschaft, die weder durch Wasser noch durch Feuer je wieder zum Erblühen gebracht werden konnte. Stumm beobachtete er, wie der Sarg in die Gruft hinabgelassen wurde, und ebenso stumm vernahm er das Wehklagen der Frauen, das diesen Vorgang begleitete. Gero blieb noch einen Moment lang mutterseelenallein vor der verschlossenen Grabplatte stehen, nachdem auch der Letzte die Katakombe verlassen hatte, als er mit einem Mal Schritte hinter sich hörte. Diesmal drehte er sich um und sah Roland, der etwas in der Hand hielt, das ihm Trost spenden sollte.
„Hier, mein Junge“, sagte sein alter Waffenmeister und bester Freund leise und drückte Gero eine sorgfältig getrocknete rote Rose in die Hand. „Margaretha wollte sie dir nicht in Anwesenheit deines Vaters geben. Sie meinte, Elisabeth würde sich vielleicht freuen, wenn du sie ihr aufs Grab legst. Denn wo immer sie auch nun sein mag, kannst du sicher sein, dass sie dich von oben beobachtet und stolz auf dich ist, egal, was du tust.“
Schweigend nahm Gero die Rose entgegen, und dann brach seine innere Barriere mit einem Mal zusammen, und er musste einsehen, dass seine Tränen doch nicht auf immer versiegt waren. Schluchzend fiel er dem Recken um den Hals und ließ seiner Trauer freien Lauf. Roland hielt ihn fest in seinen Armen und klopfte ihm verständnisvoll auf den Rücken. „Lass es raus, mein Junge“, raunte er. „Es wird dir helfen, den Schmerz besser zu ertragen.“ Gero nahm die Einladung gerne an und lud all sein Leid auf Rolands breiten Schultern ab. Es tat so unendlich gut, wenigstens einen Freund zu haben, dem man vollkommen vertrauen konnte. Vor dem man sich nicht schämen und nichts zurückhalten musste. Dass es ausgerechnet der Mann war, der sein Leben gerettet hatte, machte es für ihn umso wertvoller.
„Vergib mir, dass ich mich so gehenlasse“, krächzte Gero, als er sich von dem bärbeißigen Burgvogt löste, in dessen dunklen Augen ebenso Tränen schimmerten. „Und danke für alles.“
„Da gibt es nichts zu danken, Junge“, brummte Roland dunkel. „Ich möchte dir nur noch mal sagen, wie sehr deine Tante und ich mit dir leiden und dass du uns immer willkommen bist. Falls du es dir überlegen solltest, zu den Templern zu gehen.“
„Da ist nichts zu überlegen, Roland. Elisabeths Tod hat den Orden zu meiner Bestimmung erhoben. Ich spüre es tief in mir.“
„Und du gehst nicht, weil dein Vater es wollte und du dich nun in seiner Schuld fühlst?“ Roland sah ihn aus schmalen Lidern an.
„Nein“, entgegnete Gero im Brustton der Überzeugung. „Ich tue es für mein Seelenheil und die Chance, Lissy im Jenseits wiedersehen zu dürfen. Ob mein Vater mir verzeiht oder mir wohlgesinnt ist, interessiert mich nicht.“
Als Gero später am Tag das Arbeitszimmer seines Vaters aufsuchte, saß dieser an seinem Schreibpult und diktierte einem jungen Klosterschreiber aus Hemmenrode einige Briefe, die er allem Anschein nach an den Erzbischof übersenden wollte.
„Gott sei mit Euch, Vater“, sagte Gero anstandshalber, wobei er sich nicht wunderte, als der Alte noch nicht einmal aufschaute. Richard von Breydenbach sprach ohnehin kein Wort mehr mit ihm, seit er vor Monaten die Burg fluchtartig mit Lissy verlassen hatte. Im Grunde war es also kein Wunder, dass sein Vater ihn nach seiner erzwungenen Rückkehr kaum mit Blicken bedachte, zumal er ihm bereits vor seinem Verschwinden unerbittliche Rache geschworen hatte. Dass nun das Schicksal diesen Part übernommen hatte, konnte seinem Vater nur recht
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