Das Geheimnis des Templers - Episode IV: Gefährliche Versuchung (German Edition)
sah sie wie immer bezaubernd aus. Sie war in Begleitung eines jungen Mädchens, das ihr den Eimer trug. Wardas argwöhnischer Blick streifte Gero nur kurz. Aufgebracht durch seine unvermittelte Gegenwart, wollte sie sich an ihm vorbeidrängen. Ärgerlich packte er sie am Arm und hielt sie fest, dabei sah er ihr tief in die Augen.
„Was willst du?“, herrschte sie ihn an und versuchte vergeblich, sich loszureißen.
„Mit dir reden“, knurrte er düster. Das Mädchen hinter ihr war stehengeblieben und sah ihn mit ängstlichen Augen an.
„Geh, Jeanne“, befahl Warda der Kleinen. „Lass mich mit dem Ordensritter allein sprechen. Sag den anderen, ich komme später nach.“
In sichtlicher Panik huschte das Mädchen davon.
„Du hast der Kleinen Angst gemacht.“ Warda sah ihn ärgerlich an. „Du weißt nur zu gut, wie die einfachen Leute über deinesgleichen denken. Sie glauben, ihr könnt euch alles rausnehmen, was ihr nur wollt, besonders, was die Frauen betrifft.“
Abrupt ließ er sie los. „Denkst du das auch?“
„Nicht von dir“, erwiderte sie um einiges sanfter. „Also sag, was willst du von mir?“
„Ich will, dass wir Freunde bleiben. Auch wenn ich mich gegen dich und für den Orden entschieden habe. Denkst du, das wäre möglich?“
Warda brach in schallendes Gelächter aus. „Seit wann können Männer mit Frauen befreundet sein? Und dazu noch als Ordensritter! Dass ich nicht lache.“ Sie schüttelte sich amüsiert. „Nein, lass es gut sein, Gero. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich lasse dich in Ruhe, und du tust so, als ob wir uns nie kennengelernt hätten. Und damit ist die Sache erledigt.“
Als sie gegangen war, stand er immer noch da, an einen Pfosten gelehnt, und wusste nicht, ob er sich nun freuen oder ihren endgültigen Verlust bedauern sollte. Schließlich raffte er sich auf und ging zur Messe, wo ihn die anderen Kameraden bereits erwarteten.
Am nächsten Morgen rief der Ausguck auf dem Krähennest „Land in Sicht“, und sämtliche Passagiere strömten an Deck, um das winzige Eiland zu begrüßen, dessen Felsküste in hellem Ocker in der Sonne erstrahlte. Antarados oder Arwād, wie die Sarazenen es nannten, war eine hell schimmernde Perle im nachtblauen Ozean.
Schon von weitem sah man die trutzige Festung mit ihren vier Türmen, die sich im äußersten Nordosten der Insel auf einem Plateau erhob. Dazwischen die gewaltigen Verteidigungsmauern. In nur zwei Jahren hatten Bartholomäus de Chinsi und die Männer des Zirkels ganze Arbeit geleistet. Ein logistischer Alptraum, der Gero Beweis genug war, was Menschen mit Gottes Hilfe zu bewerkstelligen vermochten. Vor allem, weil die Steine der Festung nicht von der Insel stammten, was man deutlich sehen konnte, da sie eine viel dunklere, fast rötliche Farbe besaßen.
Für einen Moment glaubte Gero sich im Paradies, als er beim Einlaufen des Schiffs in den befestigten Hafen in die Sonne blinzelte. Das tiefblaue Meer, der warme Wind und eine Abgeschiedenheit, die auf ihre Weise erlösend wirkte. Solange er sich nicht nach rückwärts wandte, wo sich in Sichtweite die Küste des Heiligen Landes erstreckte. Dort, wo die Heiden bereits auf sie zu lauern schienen.
Die schwere Kette, die normalerweise das Hafenbecken gegen ungebetene Besucher schützte, war heruntergelassen worden, und langsam glitt „Die Rose von Aragon“ der Kaimauer entgegen. Am Ufer warteten bereits hilfreiche Hände darauf, das vergleichsweise riesige Schiff an einem passenden Verladeplatz zu vertäuen. Am anderen Ende des Hafens lagen zwei kampfbereite Kriegsgaleeren, mit denen die Templer vorbeifahrenden Mameluken sämtliche Schätze zu rauben vermochten, wie Le Puy seinen staunenden Passagieren beiläufig erklärte.
Eines Boten bedurfte es nicht, der ihre Ankunft ankündigte. Von den Festungsmauern konnten die wachhabenden Brüder die gesamte Insel überschauen, deren Ausmaße tausendfünfhundert Fuß Breite und zweitausend Fuß Länge nicht überschritten.
Gero ließ seinen Blick über die Festung und das vorgelagerte Fischerdorf streifen. Kleine Hütten und weiß getünchte Häuser, die mit ihren bunten Türen nicht den Eindruck erweckten, zu einem Räubernest zu gehören. Ein friedfertiger Ort, dessen Bewohner sich im Schatten der gewaltigen Ordensburg anscheinend in Sicherheit wiegten. Am Hafen saßen ein paar Männer und flickten ihre Netze. Nackte Kinder spielten auf den Steinen, und Frauen in schwarzen Gewändern trugen Körbe und Amphoren
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