Das Geheimnis des Templers - Episode V: Tödlicher Verrat (German Edition)
Wachen, dass ich den Befehl erteile, die Gefangene unverzüglich in die Freiheit zu entlassen. Das Papier soll ihr als Freibrief dienen. Außerdem wird man Euch daraufhin Eure Waffen zurückgeben.“
Beinahe ungläubig betrachtete Gero den schriftlichen Befehl mit de Chinsis geschwungener Unterschrift, die er schon von seinem Wappenbuch kannte, in dem der Ordensmarschall stellvertretend für Jacques de Molay seine Aufnahme bei den Templern bestätigt hatte. „Habt Dank, Beau Seigneur“, murmelte er kaum hörbar, bemüht, seine Freude zu unterdrücken.
Draußen vor der Tür angelangt, konnte Gero es kaum glauben, dass er diese Schlacht nur mit Worten gewonnen hatte. Hastig rannte er an den brennenden Fackeln entlang die steinerne Wendeltreppe hinab und stürmte über den von flackernden Feuerkörben illuminierten Hof. Zunächst zur Waffenkammer, wo er sich sein Schwert samt Gurt und seinen Messergürtel zurückholte. Falls er noch einmal Hugo d’Empures über den Weg lief, wollte er kein Risiko eingehen. Danach rannte er im Dauerlauf zum südlichen Turm, in dessen ebenerdigem Kerker vorwiegend Frauen untergebracht waren, die man beim Diebstahl oder bei der Hurerei erwischt hatte. Allerdings war deren Anzahl nicht so groß, somit würde er kaum Mühe haben, Warda zu finden.
Als er dem Sergeanten, der Wache stand, den Brief unter die Nase hielt, öffneten sich wie von selbst sämtliche Gittertüren. Ungeduldig drang er zu der kahlen Zelle vor, in der Warda auf einem Strohlager kauerte und im Schein einer fast heruntergebrannten Ölfunzel schlief. Sie hatte geweint, wie er unzweifelhaft an ihren feuchten, geröteten Wangen erkennen konnte. Für einen Moment lief sein Herz über vor Mitleid. Wie gerne hätte er sie in den Arm genommen und getröstet, und am liebsten hätte er ihr natürlich erzählt, welche ungeheuerlichen Geheimnisse Bruder Hugo mit sich herumtrug. Doch das durfte er nicht.
Bekümmert hockte er sich neben sie und kratzte sich den Nacken, um zu überlegen, wie er ihr die neuesten Entwicklungen beibringen sollte. Als er abermals die Beule ertastete, wurde ihm bewusst, dass sein Schädel immer noch heftig pochte. Das würde Hugo ihm noch büßen müssen, ganz gleich, welch große Stücke de Chinsi auf ihn hielt. Vorsichtig streckte Gero die Hand aus und berührte Warda an der Wange. Sie war glühend heiß. Verdammt, nun bekam sie auch noch ein Fieber. Aber das war ja zu erwarten, bei all der Aufregung und dem, was sie durchgemacht hatte.
„Warda!“ Er rüttelte sie heftiger und bekam plötzlich Angst, dass sie gar nicht schlief, sondern das Bewusstsein verloren hatte.
„Wer da?“, stöhnte sie leise, wobei sie ihre Lider nur einen Spalt weit öffnete.
„Du?“, murmelte sie ungläubig. „Hat man dich auch hier eingesperrt? Was denkst du: Werden sie uns foltern, bis wir gestanden haben, und dann hängen?“
„Hier wird niemand gehängt“, sagte er und nahm sie in die Arme. Er drückte sie fest und scheute sich auch nicht, ihr den Scheitel zu küssen. „Ich bin gekommen, um dir zu sagen, alles wird gut.“
„Was tust du da?“, keuchte sie matt, und Gero spürte, wie sich der feine Flaum auf ihrem Nacken plötzlich zu einer feinen Gänsehaut aufrichtete. „Ich fühle mich hundeelend, und du verführst mich zu unkeuschen Gedanken.“
„Für deine Gedanken bist du selbst verantwortlich“, tadelte er sie mit einem Augenzwinkern. „Denkst du wirklich, ich wäre so ein Schwein wie Hugo und würde mich an einer hilflosen, dazu noch kranken Frau vergreifen?“ Im gleichen Moment hob er sie auf und trug sie an den Wachen vorbei hinaus auf den Hof.
„Wo willst du mit mir hin?“ Unvermittelt schien sie zu begreifen, dass er sie tatsächlich aus dem Kerker herausholte. „Wissen deine Oberen davon?“, wisperte sie, den Kopf erschöpft an seine Brust gelehnt. „Oder dürfen wir uns nicht erwischen lassen?“
„Unser Ordensmarschall persönlich hat deine Entlassung unterschrieben.“ Die Freifläche in der Mitte der Festung, wo sich tagsüber Hunderte Menschen aufhielten, wirkte wie leergefegt. Die meisten Bewohner befanden sich in der Templerkirche, die einem wundertätigen Bildnis der Heiligen Jungfrau geweiht war, und bereiteten sich auf die Vesper vor. Ungeachtet dessen marschierte Gero zielsicher mit Warda auf den Armen auf das Haupttor zu, hinter dem die Straße hinunter zum Dorf der Fischer führte.
„Hast du ihm das mit Hugo berichtet?“ Ihre Augen wirkten im Schein eines
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