Das Geheimnis des Templers - Episode V: Tödlicher Verrat (German Edition)
Feuerkorbes gehetzt.
„Nein“, gestand Gero und hielt stoisch auf die beiden Wachen zu, die jedem Zugang verwehrten, der auf der Festung nichts zu suchen hatte.
„De Chinsi hält große Stücke auf ihn. Ich wusste nicht, wie ich es ihm hätte beibringen sollen.“
Selbstbewusst präsentierte er das Schreiben seines Ordensmarschalls und wurde anstandslos durchgelassen.
„Das bedeutet, er kann so weitermachen wie bisher?“ Wardas brüchiger Stimme war trotz aller Pein die Empörung anzuhören. „Was wird, wenn er die ganze Insel an die Mameluken verrät?“
„Das wird er nicht“, beschwichtigte sie Gero, obwohl er nur hoffen konnte, dass er recht behielt. Er durfte Warda nicht in aller Offenheit sagen, warum de Chinsi Bruder Hugo so sehr vertraute.
„Wieso bist du dir da so sicher?“, bohrte sie weiter, wobei ihre Stimme im Takt von Geros Schritten vibrierte. „Er ist der Teufel in Menschengestalt, er ist zu allem fähig. Nachdem er dich hat niederschlagen lassen, schwor er mir, mich auf den Scheiterhaufen zu bringen.“
„Er ist ein Schakal“, bekannte Gero und setzte seinen Weg mit ihr über die Pferdetreppe in die Dunkelheit fort, hinunter zum Hafen, wo die nächsten Feuerkörbe bei jenen Stellen brannten, an denen die schwere Hafenkette bewacht wurde. Die meiste Zeit des Tages und erst recht in der Nacht war sie mit Hilfe einer Eselswinde so straff gespannt, dass sie kurz über der Wasseroberfläche schwebend das Einlaufen feindlicher Schiffe verhinderte.
„Das wissen wir längst, und dennoch bist du frei.“
„Heißt das, ich bin offiziell von allen Verdächtigungen freigesprochen?“, fragte sie immer noch ungläubig.
„Ja, das heißt es“, bestätigte Gero rau und bog am Ende der gepflasterten Straße in eine der engen Gassen ein, die an einer Vielzahl von verschachtelten Häusern entlangführte. „Was hast du vor?“, fragte Warda argwöhnisch. „Willst du mich etwa in irgendeine Nussschale setzen und mich allein nach Zypern segeln lassen?“ Ihre Stimme hatte einen spöttischen Unterton.
„Heilige Maria“, stöhnte er ungehalten und machte in einer der menschenleeren Gassen halt, die so eng waren, dass er mit Warda auf den Armen kaum hindurchpasste. „Du traust mir wohl alles zu?“
„Womit habe ich es verdient, dass du mich heiligsprichst?“, stichelte sie. „Und außerdem hast du meine Frage noch nicht beantwortet. Was soll aus mir werden?“
Gero sah ihr im Halbdunkel in die Augen. Dabei kamen sich ihre Lippen so nah, dass ihr Atem sich vermischte. „Du hast Fieber“, sagte er leise, „und Hugo wird keine Ruhe geben, bis er sich an dir gerächt hat. Das kann ich nicht zulassen. Deshalb will ich dir im Dorf eine zuverlässige Bleibe suchen, bis es dir besser geht und du die Insel mit dem nächsten Versorgungsschiff verlassen kannst.“
Spontan reckte sie ihren Hals und küsste ihn mit ihren erhitzten Lippen auf den Mund. Weich und fordernd zugleich spürte Gero den Druck und ihre kleine Zunge, die ohne Rücksicht um Einlass verlangte. Anstatt sich ihr zu entziehen, öffnete er seine Lippen und gab ihrer unerwarteten Leidenschaft nach. Nur mit Willensstärke gelang es ihm, sich nach einer gefühlten Ewigkeit von ihr zu lösen.
„Warda, lass das“, sagte er heiser. „Du hast selbst gesagt, du seist zu krank, um mit mir das Lager zu teilen. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit uns mein Gelübde vor einer Dummheit zu bewahren vermag, wenn du mich auf diese Weise verführst.“ Er räusperte sich verlegen und setzte seinen Weg fort, dabei hob er von neuem an, ihr zu erklären, wie er sie bis zu ihrer Ausreise vor Hugo zu schützen gedachte. „Ich habe mir überlegt, es ist besser, wenn du nicht länger in der Ordensburg bleibst. Wir gehen zu der Frau, die dir das Kind weggemacht hat. Sie steht in deiner Schuld. Schließlich hat sie es zu verantworten, dass du dich in einem solch schlechten Zustand befindest.“
„Das bedeutet, Hugo weiß nichts von meiner Freilassung?“ Ihre Stimme klang erstaunt.
„Nein“, bekräftigte Gero. „Das war die einsame Entscheidung unseres Ordensmarschalls.“
„Dann musst du ja mächtig Eindruck auf Bartholomäus de Chinsi gemacht haben. Schade, dass du nicht den Mut gefunden hast, Hugo als Verräter zu entlarven.“
Das saß. Gero beschloss, ihren Vorwurf zu ignorieren, und ging weiter zum Haus der Alten. „Ich hatte meine Gründe. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen.“
„Ich wollte dich nicht kränken“, lenkte sie ein.
Weitere Kostenlose Bücher