Das Geheimnis des toten Fischers
einen Bogen um
San Jose und mündete in die Route 101 ein. Auf beiden Seiten der achtspurigen
Autobahn lagen Apartmentkomplexe und wie aus dem Boden gestampfte langweilige
Wohnsiedlungen. Diese Vororte erinnerten mich an die triste Architektur von Los
Angeles, und ich war froh, als ich wieder freies Land erreichte, das von sanften
mit kalifornischen Eichen bestandenen Hügeln gesäumt war.
Während der Weiterfahrt entsann ich
mich wieder meines Gesprächs mit Liz Schaff. So sehr ihre Sorge um die Freundin
auch echt sein mochte — ihre übertriebene Angst konnte ich nicht teilen. Die Vorstellung,
Abe Snelling könnte einen Menschen getötet haben, erschien mir lächerlich. Aber
Liz hatte ja betont, daß sie den Photographen gar nicht kannte. Vielleicht
kannte sie ihn doch? Ist es wahrscheinlich, daß eine Freundin im Verlauf von
sechs Monaten nicht ein einziges Mal eingeladen wird? Vielleicht hatten sich
Liz und Abe auf diese Weise kennengelernt, und möglicherweise war es dabei zu
Unstimmigkeiten gekommen, die dazu führten, daß Liz den Photographen nicht
leiden konnte, daß sie ihn deshalb sogar verdächtigte und ihm einen Mord
zutraute. Warum hatte sie nicht einfach am Telephon nach Jane gefragt oder
entschlossen an der Haustür geklingelt, um sich nach dem Aufenthalt ihrer
Freundin zu erkundigen?
Ich mußte Snelling über Liz Schaff
befragen.
Die Fahrt nach Süden ging zügig voran.
Salinas lag bereits hinter mir, und ich hatte den Bergrücken kurz vor Paso
Robles und der Abkürzung nach Port San Marco erreicht. Ich überlegte, ob ich
mir noch einen Riegel Schokolade gönnen sollte, entschied aber, daß es besser
war, rasch ein Motel zu finden und dann irgendwo zu essen, bevor die Lokale
schlossen.
Na schön, dachte ich, Jane und Liz
waren also schon Freundinnen in Salmon Bay gewesen. Nach ihren Schilderungen
konnte man annehmen, daß die Bewohner des kleinen Ortes feindselig gegenüber
allem Fremden eingestellt waren. Und wenn Janes Beziehung zu ihrer Mutter
tatsächlich so schlecht war, wie Liz behauptete, war es ziemlich
unwahrscheinlich, von ihr brauchbare Informationen zu erhalten.
Und was hatte es mit dem Hospiz namens ›The
Tidepools‹ auf sich? Was hatte Liz gesagt? Etwas von Unstimmigkeiten. Und sie
hatte sich geweigert, näher darauf einzugehen. War ihr vielleicht gekündigt
worden? Nein, sie behauptete, sie habe ein Angebot vom General Hospital in San
Francisco erhalten. Vielleicht war aber Jane die Kündigung ausgesprochen
worden. Möglicherweise war das der Grund, weshalb sie solche Schwierigkeiten
hatte, eine neue Stellung in San Francisco zu finden. Ich mußte mich also mit
dem Leiter des Personalbüros von ›The Tidepools‹ unterhalten...
Beinahe hätte ich die Ausfahrt Port San
Marco verpaßt, so sehr war ich in Gedanken vertieft. Die Zubringerstraße wand
sich die Hügel hinauf und verlief dann in einer weit gezogenen Kurve abwärts.
Vor mir sah ich die glatte, dunkle Wasserfläche des Ozeans. Port San Marco lag
wie eine Lichterinsel an der Küste. Ich folgte der Hauptstraße durch den Ort
zum Strandboulevard.
Das ›Mission Inn‹ gegenüber der alten
Fischerwerft gefiel mir gut. Das Gebäude war spanischer Architektur
nachempfunden, zweistöckig I und mit weißen Stuckverzierungen und einem
Innenhof, der von Palmen und blühenden Bougainvillea gesäumt war. Das
türkisfarben glänzende Wasser eines Swimming-pools schimmerte kühl in der
Dunkelheit. Ich trug mich in die Gästeliste ein und bekam ein Eckzimmer im j
oberen Stockwerk mit Blick auf den Hafen. Nachdem ich mich etwas umgesehen und
meine Sachen ausgepackt hatte, rief ich bei All Souls an und gab meine hiesige
Telephonnummer durch, dann verließ ich das ›Missions Inn‹, auf der Suche nach
einem Speiserestaurant.
Wenigstens in diesem Punkt hatte sich
das Städtchen nicht verändert: An der Werft lagen immer noch die Fischerboote
vertäut, und gegenüber drängten sich Souvenirläden und Restaurants. Ich
entschied mich für eines am Ende der Straße. Ein Lokal ohne besondere
Aufmachung, aber mit gemütlichen Sitzecken. Als mir die Kellnerin meinen
Krabbencocktail mit Toast brachte, fragte ich sie, wie weit es von hier nach
Salmon Bay sei.
»Ungefähr zehn Meilen auf der Küstenstraße
nach Norden. Aber ich kann mir nicht vorstellen, warum Sie dort hinwollen.«
»Warum nicht? Was ist das denn für ein
Ort?«
»Ein paar halbverfallene Häuser. Und
ein paar noch heruntergekommenere Bierkneipen.«
»Verdient man sich dort
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