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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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schon aus dem Gleichgewicht geraten sein mußte. Verstehen Sie, was ich
meine?«
    »Ungefähr.«
    »Autos. Der Country Club. Ein Haus in
den Bergen. Dieses Boot. Frauen. Die Dinge, die sie von mir wollten: Teppiche,
Kleider, Schmuck, Silber. Und immer, wenn sich eine als habgierig entpuppte,
habe ich die nächste genommen. Und die hatte die gleichen Wünsche. Und dann kam
Janie.«
    »War sie denn anders?«
    »O ja. Ja, sie war anders. Sie wollte
für alles arbeiten. Als alles zum Teufel ging und es so aussah, als würde ich
das Haus und die Autos und vielleicht sogar ›The Tidepools‹ verlieren, da hat
sie sich keine großen Gedanken darüber gemacht. Sie ist nach San Francisco
gefahren und sagte, sie würde schon eine Möglichkeit finden, um uns aus diesem
Dilemma zu befreien.«
    »Mit dem Gehalt einer
Sozialarbeiterin?«
    Das hätte ich nicht fragen dürfen. Er
zog die Stirn in Falten und stellte sein Glas ab. »Ich rede zuviel. Das tue ich
immer, wenn ich trinke. Ich trinke zuviel. Sie gehen jetzt besser.«
    »Aber nein, was Sie gesagt haben, ist
sehr interessant. Eine wahre Analyse der Werte unserer Zeit — «
    Keller erhob sich. »Wie gesagt, Sie
gehen jetzt besser.«
    Ich ging. Aber am anderen Ende des
Parkplatzes schaute ich beim Büro des Jachthafens vorbei. Es war geschlossen,
und auf einem Zettel stand, daß jemand um halb zwei zurücksein würde. Das
konnte mir helfen, falls mein Plan überhaupt klappte. Vor dem Büro war eine
Telephonzelle, und ich trat hinein, nahm ein Zehncentstück und rief die Nummer
von Kellers Boot an. Als er antwortete, verstellte ich meine Stimme, und sagte:
»Doktor Keller, hier spricht Beth vom Büro.«
    »Wer?«
    »Beth. Sie kennen mich wahrscheinlich
nicht; ich bin neu. Aber ich frage mich, ob Sie für ein paar Minuten
hierherkommen können.«
    Er seufzte. »Warum?«
    »Es geht um die Dinge der Frau, die
letzte Woche auf Ihrem Boot
    war.«
    »Was für Dinge?« Sein Ton klang
plötzlich wach und auf der Hut.
    »Ach, hat sie Ihnen das nicht gesagt?
Sie hat einen Schlüsselbund und ein Scheckbuch verloren. Eines der anderen
Klubmitglieder hat sie gefunden. Die Sachen sind hier, und wenn Sie — «
    »Ich komme gleich.«
    Es war nur ein Versuch gewesen, aber es
hatte gewirkt. Jetzt mußte ich mich beeilen. Ich lief über den Kies des
Parkplatzes, zurück über die Landestege, und versteckte mich neben einem der
Beiboote. Nach ein paar Minuten kam Keller über den Pier in Richtung auf das
Büro. Wie gehofft, hatte er die Tür zur Bootskabine nicht verschlossen. Ich
lief hinüber, den Steg hinauf aufs Boot. Es gab zwei Kajüten, dazwischen eine
Kommode. Auf der Kommode stand ein kleiner, beigefarbener Koffer mit den
Initialen JMA. Ich fragte mich flüchtig, wie Jane Anthonys zweiter Vorname
lauten mochte.
    Der Koffer war voller Kosmetika,
Wäsche, Jeans und Pullover — alles unordentlich hineingeworfen. Ich sah den
Inhalt des Koffers kurz durch, dann wandte ich meine Aufmerksamkeit dem Rest
der Kabine zu. In einer Kajüte stand ein Pappkarton.
    Als ich nach dem Karton langte, hörte
ich ein Geräusch vom Deck her. Ich erstarrte und lauschte. Schritte kamen die
Leiter herunter, dann tauchte Keller auf, mit dem Rücken zu mir, auf dem Weg in
die Küche.
    Er war früher zurückgekommen, als ich
gehofft hatte. War ihm klargeworden, daß der Anruf nur ein Schwindel war? Würde
er jetzt das Boot durchsuchen? Ich drückte mich flach gegen die Kabinenwand und
wollte, der Karton mit den Akten wäre noch in meiner Reichweite.
    Ich hörte, wie Eis aus einem Eiswürfelbehälter
genommen wurde, dann das Knacken eines Verschlusses, vermutlich der einer neuen
Flasche Gin. Kellers Stimme brummte angewidert: »Sollen Sie doch das Zeug
behalten. Ich kann es nicht mehr brauchen. Und Janie auch nicht.« Dann hörte
ich Glas splittern. »Mein Gott«, sagte Keller. Dann, nach längerem Schweigen,
fügte er hinzu: »Du hast genug, mein Freund.«
    Die Schritte verließen die Küche, und
ich hoffte, er würde an Deck gehen und das Boot ohne die Akten verlassen. Doch
er näherte sich der Kabine. Ich machte mich bereit, und als er durch die Tür
kam, rannte ich an ihm vorbei und auf die Leiter zu.
    Keller wirbelte herum. »He!«
    Ich schlug mir das Knie an einer
Sprosse an, hastete aber weiter nach oben.
    »Kommen Sie herunter, verdammt noch
mal!« Keller war direkt unter mir und packte mich an meinem Fußknöchel. Er
hielt ihn fest, aber als er den Griff lockerte, kletterte ich nach oben. Keller
kam die

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