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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gesprochen hatten.«
    »Und Sie wußten es, weil sie bei Ihnen
wohnte.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, nicht
die ganze letzte Woche.«
    »Wo war sie dann?«
    »Irgendwo.«
    »Wo?«
    »Ich weiß es nicht. Und jetzt ist es ja
auch egal.«
    »Vielleicht nicht.«
    »Doch.« Er trank einen Schluck Gin.
»Jetzt ist es völlig egal.«
    »Warum war sie nicht bei Ihnen?«
    »Sie brauchte freie Hand, um ihre
Untersuchung zu betreiben, und außerdem wollte sie mich auf keinen Fall
hineinziehen.«
    »Was für eine Untersuchung?«
    Er machte eine Handbewegung, als
versuche er, das zuvor Gesagte wegzuwischen.
    »Was für eine Untersuchung?«
    »Vergessen Sie’s.«
    Ein Telephon, das auf dem Deck neben
der Tür zur Kombüse stand, begann zu klingeln. Keller erhob sich und ging hin,
sprach dann mit dem Rücken zu mir.
    Während er telephonierte, dachte ich an
meinen Besuch in seinem Haus. Keller sagte vermutlich die Wahrheit, daß Jane
nicht dort gewohnt hatte, sonst hätte er mich nicht so ohne weiteres
eingelassen; außerdem hätte er mich schnell hinauskomplimentiert, wenn damit zu
rechnen gewesen wäre, daß sie jeden Augenblick zurückkommen konnte. Aber was
mochte das für eine Untersuchung sein? Was hatte sie herauszufinden versucht?
    »Ich sage doch, machen Sie sich keine
Sorgen!« Kellers Stimme war plötzlich laut geworden. »Die kommen schon wieder
zum Vorschein... Nein, ich komme heute nicht ins Büro... Ich weiß nicht, wann —
du liebe Zeit, Ann, Sie brauchen doch nur alles in der Hand zu behalten. Oder
ist das zuviel verlangt? Ich komme, sobald ich dazu in der Lage bin.« Er
knallte den Hörer auf die Gabel und kam zurück, das Gesicht verzerrt vor Ärger.
    »Ann Bates«, sagte ich.
    Er funkelte mich an. »Sie scheinen sich
ja gut auszukennen unter meinen Freunden und meinen Teilhabern.«
    »Ich weiß, daß es Ann war, weil ich
gerade von ›The Tidepools‹ komme. Sie hat wegen der fehlenden Akten angerufen,
nicht wahr?«
    Er seufzte und beugte sich vor, die
Ellbogen auf die Knie, den Kopf in die Hände gestützt. »Die Akten fehlen nicht,
sie sind nur verlegt. Mein Gott, warum bin ich heute bloß aufgestanden? Was,
zum Teufel, geschieht hier eigentlich? Wann ist das alles so außer Kontrolle
geraten?«
    Ich wartete, aber er saß einfach da und
starrte hinunter auf das Deck. Ich stand auf und sagte: »Sie können einen
frischen Drink vertragen; ich hole etwas Eis und noch ein Bier — «
    Er blickte auf. »Nein, das mache ich.«
Diesmal waren seine Schritte schon unsicherer, als er auf die Kombüsentür
zuging.
    Ich wartete, bis er verschwunden war,
dann stand ich auf und schaute hinunter. Ich sah eine kleine, komplett
eingerichtete Küche, sonst aber nichts. Dann warf ich einen Blick auf das
Telephon, das auf dem Boden stand, und notierte mir die Nummer. Als Keller
zurückkam, saß ich wieder auf meinem Stuhl.
    »Diese Untersuchung von Jane...« begann
ich wieder, während ich meine Bierdose öffnete, dann trank ich einen tiefen
Schluck.
    Kellers besorgter Ausdruck kehrte zurück.
»Wenn Sie nicht über Bord gehen wollen, hören Sie jetzt endlich auf damit. Ich
weiß nicht, weshalb ich erlaube, daß Sie überhaupt noch hier sind.«
    Aber ich konnte es erraten: Keller war
ein Mann, der es angesichts seines Kummers nicht ertragen konnte, allein zu
sein. Wie, um es zu beweisen, klangen seine Wörter schon ein wenig schleppend,
als er jetzt weitersprach.
    »Aber ich weiß ja auch sonst nichts
mehr. Wie merkt man es, wenn das Leben außer Kontrolle gerät? Es gab einmal
eine Zeit, in der ich dachte, ich hätte es alles, und jetzt weiß ich kaum noch,
wann das war. Ich war ein Arzt, ein guter Arzt, und ich wollte den Menschen die
Schmerzen lindern. Ich war in England, hatte gesehen, welche gute Arbeit sie
dort in den Krankenhäusern leisten, und ich hatte genug Kapital geerbt, um
selbst ein Hospiz zu gründen. The Tidepools. Um Schmerzen zu lindern. Mein
Gott!«
    »Aber Sie tun gute Arbeit dort.«
    »Klar. Gute Arbeit. Und wir nehmen ihr
Geld. Manchmal sogar... mein Gott.« Er goß sich Gin nach und trank einen großen
Schluck. »Wissen Sie, wahrscheinlich ist es außer Kontrolle geraten, als ich
Ann angestellt habe. Sie hatte den Kopf voller Ideen, wie man Profit machen
könnte, und das hörte sich alles gut an, aber es hat das ursprüngliche Konzept
verdorben. Aber warum ich sie überhaupt erst dort untergebracht habe und warum
ich zugelassen habe, daß sie ihre Ideen durchsetzte, liegt daran, daß ich
selbst

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