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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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über Ms. Anthony weiß. Vielleicht sollten Sie mit ihnen
sprechen.«
    »Ich frage aber Sie lieber selbst.«
    Die Bates warf einen Blick auf das Paar
am anderen Ende der Empfangshalle, dann auf die Empfangsdame. »Mary, wer sind —
«
    »Verwandte eines eventuellen Patienten.
Eine von unseren Freiwilligen wird sie herumführen, aber sie ist noch nicht
da.«
    Die Bates zog die Stirn in Falten.
»Weiß sie denn nicht, daß sie pünktlich sein muß!«
    »Das Ehepaar ist zu früh gekommen.«
    »Ja, also... Ach, macht nichts.« Ann
Bates wandte sich wieder an mich, und auf ihrem Gesicht machte sich jetzt
deutliche Verzweiflung breit. »Ms. McCone, ich weiß, Sie versuchen nur, Ihre
Arbeit zu tun, aber Sie behindern mich bei der meinen. Wie gesagt, ich schlage
vor, Sie wenden sich an die Polizei.«
    Ihre Stimme war jetzt lauter geworden,
und das vermögend aussehende Paar drehte die Köpfe in ihre Richtung. Daraufhin
wurde ich ebenfalls etwas lauter. »Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß
Sie, wenn Sie sich weigern, meine Fragen zu beantworten, die Untersuchung in
einem Mordfall behindern.«
    Der Mann wurde aufmerksam, und er und
die Frau tauschten Blicke.
    »Ms. McCone!« Mrs. Bates schaute
entsetzt zu den beiden hinüber.
    »Da Sie nicht mit mir sprechen wollen,
kann ich nur annehmen, daß Sie oder ein anderer in diesem Hospiz etwas zu
verbergen hat.«
    Auf den Wangen der Bates erschienen
jetzt hektische rote Flecken. Sie seufzte tief und sagte zur Empfangsdame:
»Geben Sie keinen Anruf weiter, Mary.« Dann funkelte sie mich an. »Kommen Sie
mit mir, Ms. McCone.« In eisigem Schweigen gingen wir durch einen Korridor in
den Büroflügel.
    Dann führte mich Ann Bates in ein Büro
mit holzgetäfelten Wänden und Blick auf einen Zypressenhain. Es war mit einem
großen, von Akten überhäuften Schreibtisch und einer Reihe metallener
Aktenschränke möbliert. Mrs. Bates machte eine knappe Bewegung auf den
Besucherstuhl vor dem Schreibtisch, dann setzte sie sich in den Sessel
dahinter.
    »Jetzt, nachdem es Ihnen gelungen ist,
sowohl ›The Tidepools‹ als auch mich bei den Besuchern in ein schlechtes Licht
zu setzen«, sagte sie, »was wollen Sie?«
    »Ich muß Jane Anthonys Personalakte
einsehen.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Warum?«
    »Personalakten sind vertrauliches
Material.«
    »Jane ist ermordet worden, und die
Vertraulichkeit ist aufgehoben, solange es um die Aufklärung dieses Verbrechens
geht.«
    »Die Akte befindet sich im Besitz von ›The
Tidepools‹.«
    »Haben Sie sich geweigert, sie der
Polizei zu zeigen?«
    »Die Polizei hat nicht danach gefragt.
Man fragte mich nur, ob ich mich an Ms. Anthony erinnerte.«
    »Also muß ich sie erst recht sehen.«
    Sie beugte sich vor, und ihre Augen
funkelten. »Nein, Ms. McCone. Also werden Sie sie erst recht nicht zu sehen
bekommen. Wenn die Polizei die Akten nicht einsehen wollte, geht Sie das schon
gar nichts an.«
    »Warum fragen wir nicht Allen Keller?«
schlug ich vor.
    Sie blinzelte mich wütend an. »Ich
dachte, Mary hätte Ihnen schon gesagt, daß Doktor Keller heute nicht im Hause
ist.«
    »War er überhaupt schon einmal hier,
seit Jane Anthony getötet worden ist?«
    »Das geht Sie nichts an.« Aber der
eisige Ausdruck verschwand aus ihren Augen, und sie biß sich auf die
Unterlippe.
    »Ich fürchte, es hat ihn schwer
getroffen. Und es wäre nicht gut, wenn wir ihn wegen der Personalakte
belästigen würden.«
    »Ja, das mag sein.«
    »Andererseits habe ich keine andere
Wahl...«
    »Ms. McCone, Allen — ich meine, Doktor
Keller hat sehr schwere Tage hinter sich. Er hat mir erzählt, daß Sie ihn bis
in sein Heim verfolgt haben.«
    »Hat er Ihnen auch gesagt, daß er mich
belogen hat, was seine Beziehung zu Jane Anthony betraf?«
    »Das ist nur natürlich angesichts des
Durcheinanders, das diese Frau in seinem Leben angerichtet hat. Ich möchte ihn
jetzt wirklich eine Weile in Ruhe lassen.«
    »Aber ich muß diese Akte sehen!«
    Sie schwieg, und ihr Gesicht, das eben
noch so unnahbar gewirkt hatte, zeigte jetzt tiefe Sorge. Ich dachte an Frauen
aus meiner Bekanntschaft, die sich in ihre Chefs oder Mitarbeiter verliebt
hatten. Sie wußten, daß sie sie an andere Frauen verlieren würden, und dennoch
waren sie bereit, auf eine zukünftige Chance zu warten. War Ann Bates...?
    Plötzlich schien sie eine Entscheidung
getroffen zu haben. Sie stand auf und nahm einen Schlüssel aus ihrer
Schreibtischschublade. »Wenn ich Ihnen in die Akte Einblick gewähre,

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