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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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einem halben Jahrhundert. Der Mann ist mittlerweile achtzig — und er hat schon meinen Vater damit in den Wahnsinn getrieben."
    Ein kurzes Schweigen stellte sich ein, während er die Pferde in eine kleinere Straße lenkte.
    „Wissen Sie schon, wann Sie wieder zurück sind?”, fragte seine Verlobte.
    „In einer Woche, vielleicht auch erst in zwei."
    „Verstehe."
    Er sah sie von der Seite an. Sie hatte die Lippen zusammengepresst. Wollte sie, dass er hier blieb? Diese Frau war so unergründlich wie die Sphinx. „Zu unserer Hochzeit bin ich ganz gewiss zurück."
    „Gewiss", murmelte sie.
    Jasper blickte wieder nach vorn und stellte fest, dass sie bereits bei Lady Eddings angelangt waren. Erleichtert atmete er auf. Er ließ die Pferde anhalten und warf die Zügel einem Lakaien zu, ehe er aus dem Wagen sprang. Obwohl er sich so geeilt hatte, stand Miss Fleming schon und schickte sich zum Aussteigen an, als er auf ihrer Seite des Wagens angelangt war, was ihn aus unerfindlichen Gründen irritierte.
    Er reichte ihr seine Hand. „Warten Sie, ich helfe Ihnen."
    Geflissentlich ignorierte sie seine Hand, hielt die Sitzlehne noch immer fest umklammert und wagte einen beherzten Schritt hinab auf den Kutschentritt.
    Mit einem Mal riss Jasper der Geduldsfaden. Sie konnte so tapfer sein, wie sie wollte, aber deshalb brauchte sie nicht gleich seine Hilfe auszuschlagen. Ehe sie sich versah, hatte er sie mit beiden Hände um die schlanke Taille gefasst. Miss Fleming schnappte laut nach Luft, als er sie kurzerhand vom Wagen hob. Ein feiner Hauch von Neroli schwebte in der Luft.
    „Das war wirklich nicht nötig", sagte sie und schüttelte ihre Röcke aus.
    „Oh doch, das war es", murmelte er, nahm ihre Hand und schob sie in seine Armbeuge. Dann strebte er mit ihr der imposanten weißen Tür des Eddings'schen Stadthauses zu. „Ach, Hausmusik! Welch vortreffliche Art, den Nachmittag zu verbringen. Hoffentlich gibt es Balladen über arme Bauernmädchen, die sich gramerfüllt in Brunnen stürzen."
    Miss Fleming maß ihn mit ungläubigem Blick, doch da tat sich auch schon dank des nicht minder vortrefflichen Butlers die Tür auf. Jasper grinste seine Verlobte an und drängte sie einzutreten. Sein Blut war in Wallung, und das hatte nur wenig mit der Aussicht auf einen misstönenden Nachmittag zu tun und lag nur bedingt an der Gesellschaft von Miss Fleming. Nein, er hoffte, Matthew Horn hier anzutreffen. Horn war ein alter Bekannter, ein ehemaliger Kamerad aus Seiner Majestät Armee, und — weitaus bedeutsamer — einer der wenigen Überlebenden von Spinner's Falls.
    Melisande versuchte, sich auf den Gesang des jungen Mädchens zu konzentrieren. Wenn sie ganz still sitzen blieb und die Augen schloss, würde das Gefühl der Panik irgendwann nachlassen. Leider hatte sie nicht bedacht, wie viel Wirbel ihre übereilte Verlobung mit Lord Vale verursachen würde. Von dem Moment an, da sie Lady Eddings' Haus betreten hatten, waren sie und Jasper Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit gewesen — und Melisande hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst, denn sie hasste es, im Mittelpunkt zu stehen. Ihr wurde dann immer ganz heiß, der Schweiß brach ihr aus. Ihr Mund wurde trocken, die Hände fingen ihr an zu zittern. Das Schlimmste aber war, dass es ihr zudem die Sprache verschlug. Als Mrs Pendleton, diese furchtbare Person, ihr zu verstehen gegeben hatte, dass Lord Vale schon ziemlich verzweifelt sein müsse, um ihr, Melisande, einen Antrag zu machen, hatte Melisande sie nur dumm angestarrt und kein Wort herausgebracht. Heute Nacht, wenn sie schlaflos im Bett läge, würden ihr ein Dutzend schlagfertiger Erwiderungen einfallen, aber augenblicklich war sie so eloquent wie ein Schaf. Etwas Geistreicheres als Baaaa brachte sie nicht zustande.
    Lord Vale neigte sich ihr zu und flüsterte vernehmlich: „Na, was meinen Sie — ob die Kleine wohl eine Schäferin sein soll?" Baahaaa? Melisande blinzelte verwirrt.
    Er verdrehte die Augen und deutete mit dem Kopf nach vorn. „Sie."
    Neben dem Cembalo stand Lady Eddings' jüngste Tochter. Das Mädchen sang gar nicht mal schlecht, doch es trug weit ausladende Panniers, einen üppig berüschten Haubenhut und in der Hand ... einen Eimer.
    „Oder ein Zimmermädchen?", überlegte Lord Vale laut. Er hatte das allgemeine Interesse souverän gemeistert und launig gelacht, wenn er auf seine neuerliche Verlobung angesprochen worden war. Nun saß er neben ihr auf einem der schmalen und furchtbar unbequemen

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