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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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setzte beherzt einen Fuß auf den Holztritt.
    „Wenn Sie gestatten." Er fasste sie beim Ellbogen und stützte sie, als sie in den Wagen kletterte. So zart und dünn war sie, dass er ihren Arm mit einer Hand umfangen könnte. Er spürte ihr Unbehagen. Vielleicht machte es ihr Angst, so hoch oben zu sitzen. „Halten Sie sich einfach an der Seite fest. Keine Sorge, bis zu Lady Eddings ist es nicht weit."
    Diese Bemerkung brachte ihm einen finsteren Blick ein. „Ich habe keine Angst."
    „Das habe ich auch nicht behauptet", rief er, während er um den Wagen herumging und von der anderen Seite aufsprang. Als er die Zügel zur Hand nahm und die Pferde antraben ließ, spürte er Miss Fleming abermals erstarren. Still und reglos saß sie neben ihm, die eine Hand locker im Schoß, doch mit der anderen hielt sie die Sitzlehne umklammert. Was immer seine Verlobte sagen mochte, sie traute seinem Phaeton nicht so recht über den Weg. Jasper empfand eine fast zärtliche Anwandlung. Kein Wunder, dass sie sich keine Blöße geben wollte, so widerspenstig wie sie sich sonst gab.
    „Ich glaube, Sie haben eine geheime Schwäche für Eichhörnchen", versuchte er sie auf andere Gedanken zu bringen.
    Eine steile Falte zeigte sich zwischen ihren Brauen. „Warum sollte ich?"
    „Weil sie das so oft tragen — diese Eichhörnchenfarbe. Aus Ihrer Vorliebe für eichhornfarbene Kleider habe ich geschlossen, dass Sie auch dem Tier selbst recht zugetan sein müssen. Vielleicht hatten Sie ja als Kind ein zahmes Eichhörnchen, das überall im Haus herumgetollt ist und die Dienstmädchen und Ihre Kinderfrau erschreckt hat."
    „Sie haben wirklich eine blühende Fantasie", meinte sie. „Mein Kleid ist braun, wie Sie sehr wohl wissen, und ich weiß nicht, ob ich eine Schwäche für diese Farbe habe. Es ist eher eine Gewohnheit."
    Verstohlen sah er sie an. Mit argwöhnisch gefurchter Stirn beobachtete sie, wie er die Zügel handhabte. „Sie tragen es zur Tarnung, damit man sie nicht sehen kann."
    Sie riss ihren Blick von seinen Händen los und sah ihn entgeistert an. „Ich kann Ihnen nicht folgen, Mylord."
    „Oh, tut mir leid, ich bin schon wieder bei den Eichhörnchen. Ich fürchte, wenn Sie kein anderes Thema anschneiden, werde ich die ganze Fahrt von nichts anderem reden. Eichhörnchen sind nämlich eichhörnchenfarben, weil Eichhörnchenbraun im Wald nur schwer zu erkennen ist. Ich frage mich, ob Sie es deshalb so gern tragen."
    „Damit ich mich im Wald verstecken kann?" Diesmal lächelte sie wirklich.
    „Könnte doch sein. Vielleicht möchten Sie ja im dunklen Wald von Baum zu Baum huschen, um Mensch und Tier zu entkommen. Was meinen Sie?”
    „Ich meine, dass Sie mich nicht sonderlich gut kennen."
    Er drehte sich um und sah sie an; sie erwiderte seinen Blick mit leiser Belustigung, hielt aber noch immer die Lehne fest umklammert. „Ja, da könnten Sie recht haben."
    In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass er sie gern kennen würde, dieses widersprüchliche Geschöpf gern durchschauen wollte, das sich so beharrlich weigerte, Angst zu zeigen.
    „Sind Sie mit den Arrangements zufrieden, die Ihr Bruder und ich getroffen haben?", fragte er. Gestern war das Aufgebot bestellt worden, und in drei Wochen würden sie heiraten. Vielen Damen würde eine so kurze Verlobungszeit nicht gefallen. „Ich muss gestehen, dass wir lang und hart verhandelt haben. Einmal sah es fast so aus, als wollten unsere Unterhändler handgreiflich werden. Doch Ihr Bruder konnte die Krise mit Tee und Muffins entschärfen."
    „Oh je, der arme Harold."
    „Allerdings. Doch was ist mit mir?"
    „Sie müssen die Geduld eines Heiligen haben."
    „Schön, dass Sie das einsehen. Und was sagen Sie nun zu den Arrangements?"
    „Es ist alles zu meiner Zufriedenheit."
    „Gut." Er räusperte sich. „Ich sollte Ihnen vielleicht sagen, dass ich morgen die Stadt verlassen werde."
    „Ja ?" Ihre Stimme klang ruhig, fast gelangweilt, doch die Hand in ihrem Schoß krampfte sich zusammen.
    „Es lässt sich leider nicht vermeiden. Mein Gutsverwalter liegt mir seit Wochen damit in den Ohren, dass meine Anwesenheit dringend erwünscht wird, um irgendeinen Rechtsstreit beizulegen. Noch länger kann ich seine flehenden Briefe nicht ignorieren. Ich vermute ja", vertraute er ihr an, „dass mein lieber Nachbar Abbott seine Pächter wieder auf meinen Ländereien hat bauen lassen. Dass macht er ungefähr alle zehn Jahre so — versucht seine Grenzen zu erweitern. So geht das schon seit

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