Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
Vom Netzwerk:
nicht einmal ihre Aufregung konnte der stillen Freude in ihrer Stimme etwas anhaben. „Ja, das bin ich."
    Jasper betrachtete das Stück Entenbrust auf seinem Teller und sann darüber nach, welch wunderlicher Brauch doch das Hochzeitsmahl war. Freunde und Familie saßen versammelt und stießen auf die Liebe an, wo sie doch besser die Fruchtbarkeit hätten feiern sollen. Denn das allein war Sinn und Zweck, sich dergestalt zu binden: die Zeugung von Nachkommen.
    Ach ja, nun hatte es auch ihn ereilt, endlich. Vielleicht sollte er jetzt, da er verheiratet war, von solch abgeklärten Gedanken lassen und sich einfach mit den vollendeten Tatsachen abfinden. Als er gestern wieder nach London geritten war, hatte er sich auf einmal gefragt, ob er nicht zu lange fortgeblieben war. Was, wenn Miss Fleming es leid war, von ihm ignoriert zu werden? Was, wenn sie am Tag der Hochzeit nicht einmal auftauchte, um ihm den Laufpass zu geben? Er war länger als geplant in Oxfordshire aufgehalten worden. Immer schien sich noch etwas zu finden, das seine Rückkehr verzögerte: noch ein Acker, den sein Gutsverwalter ihm zeigen wollte, eine Straße, die dringend der Reparatur bedurfte, und — wenn er ganz ehrlich war — auch der unerbittliche Blick seiner Verlobten. Sie schien geradewegs durch ihn hindurchschauen zu können, mit ihren braunen, leicht schräg stehenden Augen, die wie Katzenaugen waren. Es war, als blicke sie hinter die jovial lachende Fassade und geradewegs in die Abgründe seiner Seele. Als er sich in Lady Eddings' Salon nach ihr umgeschaut und gesehen hatte, wie sie ihn und Matthew Horn beobachtete, hatte ihn einen kurzen Augenblick schreckliche Furcht gelähmt — Furcht, dass sie wusste, worüber sie redeten.
    Aber sie wusste es nicht. Konnte es gar nicht wissen, beruhigte Jasper sich und trank einen Schluck Rotwein. Sie wusste nicht, was bei Spinner's Falls geschehen war, und wenn es nach ihm ginge, würde sie auch nie davon erfahren.
    „Famose Hochzeit, was?", rief ein älterer Gentleman leutselig über den Tisch.
    Jasper hatte nicht die leiseste Ahnung, wer der gute Herr war vermutlich Verwandtschaft der Braut —, doch er lächelte und prostete ihm zu. „Danke, Sir. Ich kann mich nicht beklagen."
    Der Mann zwinkerte anzüglich. „Aber schon scharf auf die Hochzeitsnacht, was? Eindeutig der bessere Teil, sag ich immer, eindeutig der bessere Teil. Ha, ha, ha!" Und dann lachte er so laut, dass ihm fast die graue Perücke vom Schädel rutschte.
    Die alte Dame, die ihm gegenüber saß, verdrehte die Augen und sagte: „Das reicht, William."
    Neben sich spürte Jasper seine Braut erstarren und verwünschte den angetrunkenen Alten. Obwohl — wenigstens hatte sie jetzt wieder ein bisschen Farbe im Gesicht. Während der Trauung war sie so blass gewesen, dass er sich jeden Moment darauf gefasst gemacht hatte, sie im Falle einer Ohnmacht aufzufangen. Aber sie war nicht in Ohnmacht gefallen. Tapfer und aufrecht hatte sie sich gehalten — wie ein Soldat vor dem Erschießungskommando und ihr Eheversprechen ernst und voller Ingrimm gesprochen. Keine Spur jener glückseligen Miene, die ein Bräutigam bei seiner Braut zu sehen hofft. Aber nach dem letzten Fehlschlag sollte er wahrscheinlich froh sein, dass sie ihm ihr Wort überhaupt gegeben hatte.
    Jasper wandte sich an den alten Herrn. „Möchten Sie uns nicht mit ein paar Anekdoten Ihrer eigenen Hochzeit erheitern, Sir? Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns prächtig amüsieren würden."
    „Von wegen", kam die alte Dame ihrem angeheiterten Gatten zuvor. „Er war so betrunken, dass er eingeschlafen ist, noch ehe er zu Bett kam."
    Die anderen Gäste brüllten vor Lachen.
    „Gar nicht wahr, Bess!", ereiferte sich der so Gescholtene. „Ich war nur so erschöpft davon, dir nachzustellen." Leutselig wandte er sich an die junge Dame neben ihm: „Fast vier Jahre musste ich ihr den Hof machen ..."
    Jasper atmete tief durch, setzte sein Weinglas ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf seine frisch Angetraute. Miss Fleming nein, Melisande — schob das Essen auf ihrem Teller zu ordentlichen kleinen Häufchen zusammen.
    „Du solltest ruhig etwas essen", raunte er ihr vertraulich zu. „Dann wirst du dich gleich besser fühlen. Und die Ente ist längst nicht so zäh, wie sie aussieht."
    „Ich fühle mich prächtig", sagte sie, ohne ihn anzusehen.
    Stures Weib . „Gewiss", meinte er leichthin. „Aber in der Kirche warst du weiß wie ein Gespenst, bei der Trauung gar mit einem

Weitere Kostenlose Bücher